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Berufswunsch stand früh fest Ihre Arbeit ist für sie "ein Riesengeschenk"

Schon in der Oberstufe wusste sie, dass der berufliche Weg sie in den sozialen Bereich führen soll. Vanessa Gotzhein studierte in Ottersberg Kunsttherapie und ist nun Kursleiterin beim Doku Blumenthal.
21.02.2023, 16:00 Uhr
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Von Ulrike Schumacher

Sie ist die Neue im Doku, und mit ihrem Angebot "Kunterbunte Kunstkinder" für Drei- bis Fünfjährige hat sie voll ins Schwarze getroffen. Kaum, dass der Malkursus für die Lütten begonnen hatte, war er auch schon so gefragt, dass es eine Warteliste gibt. Vanessa Gotzhein freut das sehr. Die 33-Jährige – die langen dunklen Haare lässig zu einem Dutt hochgebunden – strahlt, weil ihr die Arbeit Freude macht und sie sie als erfüllend empfindet. Dass sie diesen beruflichen Weg gehen würde, erzählt Vanessa Gotzhein, habe sie schon als Schülerin in der Oberstufe gewusst. "Es zieht mich in den sozialen Bereich."

Schnell war klar, dass nach dem Abitur ein Studium an der Hochschule für Künste im Sozialen auf dem Plan stehen sollte. Dass es sie aus dem schleswig-holsteinischen Wedel nach Ottersberg ziehen würde. "Aber vorher", blickt sie zurück, "habe ich für ein Jahr in der Lebenshilfe gearbeitet." Womit sie sich in ihrem Berufswunsch bestätigt fühlte. "Ich habe ziemlich schnell Feuer gefangen." Danach begann 2011 das Studium. "Und ich hatte das erste Mal das Gefühl: Ich komme nach Hause." Vier Jahre studierte sie an der Hochschule im Landkreis Verden das Fach "Kunst im Sozialen – Kunsttherapie". Es habe sich gelohnt.

Erste berufliche Erfahrung im Maßregelvollzug

Neben einer fundierten künstlerischen Ausbildung vermittelt das Studium Fachkenntnisse und aktuelles Wissen in den Bereichen Medizin, Psychologie und Psychotherapie, Kultursoziologie, Erziehungs- und Kunstwissenschaft. Darauf aufbauend lernen die Studierenden künstlerisch-therapeutische Methoden und Verfahren kennen, die sie für die künstlerisch-therapeutische Arbeit mit Menschen aller Altersstufen in verschiedenen Bereichen des Sozial- und Gesundheitswesens qualifiziert. So engagierte Vanessa Gotzhein sich nach dem Studium ab 2015 zunächst bei der Bremer Kinder- und Jugendhilfe für geflüchtete junge Menschen, bevor sie der Weg des beruflichen Erfahrungensammelns nach Hamburg in den Maßregelvollzug führte. In der Psychiatrie in Ochsenzoll arbeitete die junge Frau kunsttherapeutisch mit straffällig gewordenen Frauen und Männern. Bedauerlicherweise sei die Stelle nur auf ein Jahr befristet gewesen.

"So makaber es klingt", sagt Vanessa Gotzhein, "es hat mir dort große Freude gemacht." Es reize sie, "dorthin zu gehen, wo es brennt", fügt sie hinzu. Ihr kunsttherapeutisches Angebot sei in Ochsenzoll gern angenommen worden. Es sei wichtig, an einem solchen Ort seelische Unterstützung zu bieten und Farbe hineinzubringen. "Menschen, die Delikte begehen, sind häufig selber traumatisiert." Zu den weiteren beruflichen Stationen gehört die therapeutische Arbeit in Kliniken und Praxen sowie für das SOS Kinderdorf in der Grundschule Oderstraße in der Bremer Neustadt. Auch Ausstellungen mit ihren eigenen Werken – Malerei und Collagenarbeit – hat die Künstlerin zwischendurch auf die Beine gestellt. Dann kam ihre Elternzeit. Vanessa Gotzhein ist Mutter einer zweijährigen Tochter und lebt mit Kind und Partner in einer Zwei-Familien-Hausgemeinschaft in Bremen-Nord.

Sensibel für Ungerechtigkeiten

Seit dem Sommer ist sie im Dokumentations- und Kulturzentrum (Doku) in Blumenthal Kursleiterin für Kinder und Jugendliche. Sie versteht sich dabei als Impulse- und Ideengeberin. "Es fühlt sich falsch an, den Kindern etwas vorzugeben", sagt sie. "Man sollte sie nicht zu früh begrenzen. Von den Kleinen kommt schon von allein so viel." Demnächst bietet sie außerdem einen Kursus für Mädchen und "Menschen, die sich als weiblich wahrnehmen" ab zehn Jahren an. Den Fokus auf diese Gruppe findet Vanessa Gotzhein wichtig, "weil Frauen strukturell immer noch benachteiligt werden". Sie sei schon immer "sensibel für die Ungerechtigkeiten in der Welt" gewesen und der Frage nachgegangen, "wie es zu solchen Problematiken kommt". Zeitweilig war Vanessa Gotzhein deshalb auch in der Bremer Partei "Bündnis Grundeinkommen" aktiv.

Den Kursus hält sie auch deshalb für wichtig, weil die Pubertät eine "besondere Phase ist, die Veränderungen mit sich bringt". Sie möchte die Kursteilnehmerinnen auf künstlerischem Weg inspirieren. "Kunst kann ausdrücken, was mit Worten manchmal nicht möglich ist und gleichzeitig ganz viel Halt geben." Sie wolle in dem Kursus spielerisch und künstlerisch Fragen stellen: an das Leben, an die Pubertät und an den Wandel, der damit einhergeht. Auch auf diesen Kursus freut sie sich schon. "Ich empfinde es als Riesengeschenk", sagt Vanessa Gotzhein, "dass ich diese Arbeit machen darf."

Zur Sache

"Mädchen machen starke Kunst", nennt sich der Kursus, der am 22. Februar beginnt und bis Ende Juni mittwochs von 16.15 bis 17.45 Uhr im Kreativraum des Doku Blumenthal von Kursleiterin Vanessa Gotzhein angeboten wird. Davon angesprochen fühlen sollen sich Mädchen und Menschen, die sich als weiblich wahrnehmen, ab zehn Jahren. "Gerade in der Pubertät steht alles Kopf und die Gefühle gehen mit einem durch", sagt die Kursleiterin. "Es gibt Unsicherheiten und so viele Fragen."

Aber erstmal gibt es einen Haufen Komplimente: "Ihr seid großartig und beeindruckend, witzig und klug, laut und leise, fröhlich und traurig und alles dazwischen - und überhaupt nicht so, wie alle immer denken", heißt es im Doku-Flyer. "Nur lieb und hübsch war gestern!" Auf spielerisch-künstlerische Weise nähert der Kursus sich allen Fragen, die den Teilnehmerinnen, den "Rebel Girls", im Kopf schwirren.

Anmeldungen sind per Whats App unter 01 78 / 1 34 90 15 oder beim Doku unter der Telefonnummer 04 21 / 6 03 90 79 sowie per E-Mail unter info@doku-blumenthal.de möglich. Auch eine spontane Teilnahme beim ersten Mal sei möglich. Oder ein späterer Einstieg in den Kursus.

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