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Börse in Blumenthal Saatgut zum Tauschen

Jedes Jahr gibt es in Blumenthal eine Tauschbörse für Saatgut. Und jedes Mal wird das Angebot größer. Wie groß es inzwischen ist – und warum die Vielfalt wichtig ist. Ein Besuch bei den Gärtnern.
13.03.2022, 15:00 Uhr
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Von Jörn Hildebrandt / jöh

"Inzwischen haben wir 200 Sorten Gemüse, 30 Arten Kräuter und jede Mengen Blumen im Angebot", sagt Carsten Siemering, Gartenfachberater aus Bremen. Das Spektrum an Samen, das auf der dritten Saatgut-Tauschbörse in Blumenthal gegen eine Spende mitgenommen oder getauscht werden konnte, hat sich stark erweitert.

Wie im vergangenen Jahr fand auch die diesjährige Tauschbörse im Kulturzentrum Nunatak statt, wo in einem großen Raum Hunderte von Papiertüten – allesamt nach Sorte, Kulturart und Standort unterteilt – in Kisten lagen. "Solche exakten Angaben sind notwendig, um die Qualität der Sorten ständig zu überprüfen und damit langfristig zu erhalten", sagt Siemering.

Wer selbst Samen aus dem Garten mitgebracht hatte, konnte sie in einen Sammelkorb legen. Voraussetzung dafür waren präzise Angaben zu Herkunft und Standortbedingungen. Auf einem großen Präsentiertisch hatten die Besucher die Wahl zwischen Hülsenfrüchten wie Bohnen, Erbsen oder Linsen, einer Vielzahl von Gänsefußgewächsen wie Mangold, Spinat oder Rote Beete, aber auch Süßgräsern, Zwiebelgewächsen oder Doldenblütlern.

"Unsere Sortimente werden immer größer, weil sich unser Netzwerk in Bremen und Umgebung ständig erweitert", sagt Gartenfachmann Carsten Siemering. Immer mehr Menschen würden dazu beitragen wollen, die Vielfalt regionaler Sorten zu erhalten, die langen Transportwege von Laborzuchten, die teils aus Nordafrika oder Indien stammen, zu sparen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

"In den vergangenen 100 Jahren sind zum Beispiel bereits 70 Prozent der Gemüsesorten verloren gegangen, und zwar unwiederbringlich", sagt Siemering. So wurden zum Beispiel Tomaten auf Haltbarkeit gezüchtet, was stark auf Kosten des Geschmacks gegangen sei. „Früher wurden Tomaten nach zwei bis drei Tagen matschig, heute kann man sie ohne Weiteres zwei Wochen aufbewahren, doch ihr Eigengeschmack ist so gut wie weg – sie schmecken wässerig", sagt er.

Das besondere Tomatenaroma ist zum Beispiel Karin Wagner wichtig, die aus Schwanewede angereist ist, um sich auf der Tauschbörse mit den Tomatensorten Ruthje und Black Cherry zu versorgen. "Ich gewinne zwar nicht die Samen von meinen Gartenpflanzen, weil ich das aus Zeitgründen nicht schaffe, doch ich nehme gern Saatgut von der Tauschbörse mit, zum Beispiel auch von Bohnen, Dill und Blumensorten wie Schmuckkörbchen."

Besucher Henrik Geßelmann aus Bremen-Nord hat sich auf der Tauschbörse Samen von Asia-Salat eingepackt. "Der Salat wächst bei uns auf dem Balkon, doch Sorten, die mehr Wärme und Schutz brauchen, wie Tomaten oder Paprika, halten wir im Gewächshaus, und sie werden im eigenen Haushalt verbraucht", sagt Henrik Geßelmann.

"Solche Tauschbörsen mit regionalen Sorten tragen dazu bei, die genetische Vielfalt zu bewahren", sagt Carsten Siemering, "denn 90 Prozent des Saatgutmarktes werden inzwischen von nur vier Konzernen beherrscht." Doch Laborzüchtungen sind nicht, wie die alten regionalen Sorten, an den Standort angepasst und können zum Beispiel den Herausforderungen des Klimawandels nicht begegnen. Und mehr und mehr erobern auch gentechnisch veränderte Sorten den Markt. "Bei Getreide kommen Landwirte kaum noch an gentechnisch veränderten Sorten vorbei", sagt Siemering, "und in Deutschland werden auf Versuchsfeldern bereits gentechnisch veränderte Kulturpflanzen angebaut."

Damit Gartenbesitzer ihr Saatgut so aussäen, dass gesunde und kräftige Pflanzen sprießen, bietet Heike Schneider, Mitorganisatorin der Tauschbörse, mehrere Workshops an: "Dabei zeige ich, wie man die Aussaat vieler verschiedener Gemüsesorten erfolgreich plant, wie man Hochbeete bauen kann und wie man Jungpflanzen zieht", sagt Schneider. Sie betreut auch den Gemeinschaftsgarten Blumenkohl im Stadtteil, in dem mehrere Leute gemeinsam Gemüse oder Kräuter heranziehen. "Und auch dieser Garten wird mit frischem Saatgut von der Tauschbörse im Nunatak angereichert", sagt Schneider.

Zur Sache

Seminare für Hobbygärtner

Der Workshop zur Aussaatplanung findet am Dienstag, 22. März, von 16 bis 18 Uhr, im Nunatak, Kapitän-Dallmann-Straße 2, statt. Am Freitag, 25. März, zeigt Projektleiterin Heike Schneider von 16 bis 18 Uhr im Gemeinschaftsgarten Blumenkohl, Landrat-Christians-Straße 109, wie man Hochbeete baut. Und am Freitag, 1. April, bietet sie von 16 bis 18.30 Uhr einen Workshop zur Jungpflanzenanzucht an. Weiterhin gibt es von Montag, 11. April, bis Donnerstag, 14. April, jeweils von 9.30 bis 13 Uhr ein kostenloses Osterferienprogramm für Kinder im Gemeinschaftsgarten.

Info

Der Gemeinschaftsgarten Blumenkohl, Landrat-Christians-Straße 109, sucht noch Leute, die Lust haben, beim Gärtnern mitzumachen. Der offene Gartentreff findet jeden Dienstag, von 16 bis 18 Uhr satt. Wer Interesse hat, kann sich bei Heike Schneider unter der Telefonnummer 0 47 92 / 95 15 23 oder unter der E-Mail-Adresse heike.schneider@stadt-land-garten.de melden.

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