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Campusprojekt in Blumenthal Wie es im verhüllten Sortiergebäude im Kämmerei-Quartier aussieht

Erst wurde es eingerüstet, dann mit Plane verhüllt, jetzt sind die Schadstoffsanierer drin. Wie sie aus dem Sortiergebäude des Kämmerei-Quartiers alles rausschaffen, was raus muss – ein Baustellenbesuch.
04.05.2023, 18:00 Uhr
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Wie es im verhüllten Sortiergebäude im Kämmerei-Quartier aussieht
Von Christian Weth

Erst haben die Sanierer alle Schadstoffe aus den Lagerhallen im Kämmerei-Quartier geholt, ehe sie abgerissen wurden, jetzt ist das Sortiergebäude dran: Alles muss raus, was früher verbaut und heute verboten ist. Projektleiter Daniel Schaefer spricht von Asbest, Mineralfasern und polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Auch in den Hallen sind die schädlichen Materialien gefunden worden. Nur dass sie sich diesmal nicht so einfach beseitigen lassen. Auch deshalb nicht, weil der Industriebau stehen bleiben soll. Er wird die erste Schule des Blumenthaler Bildungscampus.

Seit Monaten sieht das Sortiergebäude aus wie ein Kunstobjekt von Christo und Jeanne-Claude: Es ist vom Dach bis zum Keller verhüllt. Und genauso lange wird es inzwischen in Schwarz- und Weißbereiche unterteilt. Die ersten stehen für verschmutzte Zonen, die zweiten für saubere. In die kontaminierten Abschnitte kommt nur, wer Vollschutz trägt: Atemmaske, Plastikanzug, Einweghandschuhe, Kunststoffgamaschen, Brille. Der einzige Weg hinein und heraus ist der über eine Schleuse mit mehreren Kammern. Vor ihr stehen Aggregate, die in den Räumen hinter ihr für einen Unterdruck sorgen, damit sich auch kleinste Schadstoffteile beseitigen lassen.

An diesem Nachmittag sind 15 Sanierer im Gebäude. Es dröhnt, es kracht, es staubt. Manche Arbeiter sind dort, wo mal Schwarzbereiche waren. Andere kann man nur hören. Sie brechen in abgeriegelten Bereichen den Putz von Decken und Wänden, um Schadstoffe freizulegen, die dahinter sind. Jürgen Opielka sagt, dass die verbotenen Baumaterialien quasi überall sind. Und mitunter gut versteckt. Auch Opielka ist Projektleiter. Wie Schaefer arbeitet er für die Wirtschaftsförderung. Und wie der spricht er von Asbest in Klebern, in Fugenmassen, Mauerplatten, Abstandshaltern. Auf mehreren Etagen ist inzwischen alles runter, was mal an Decken und Wänden war.

Die Trupps arbeiten nicht ein Stockwerk nach dem anderen ab, sondern sektionsweise. So nennt es Schaefer, der den Industriebau quasi wie einen Kuchen in mehrere Stücke unterteilt, die jeweils vom Dach bis zum Keller gehen. Über zwei Öffnungen in den Obergeschossen des Gebäudes wird alles rausgeschafft, was raus soll. An diesem Nachmittag sind es Putz und Beton, die drinnen in knöchelhohen Schichten auf dem Boden liegen. Zwei Männer kippen alles in die Schaufel eines Baggers, der draußen mit ausgefahrenem Teleskoparm steht. Stundenlang geht das so: Schaufel hoch, Schaufel runter. Unten füllt sich ein Baucontainer nach dem anderen.

Dass so vorgegangen wird und nicht anders, hat mit den Treppenaufgängen zu tun, von denen es zu wenige gibt, um über sie Schutt und Schadstoffe zu entsorgen. Und damit, dass die wenigen, die da sind, zu eng sind. Die Campusschule wird später mehr Treppenhäuser haben, als das Sortiergebäude jetzt hat. Und Fahrstuhlschächte. Handwerker werden sie ins Gebäude schneiden, wenn die Schadstoffsanierer weg sind. Was noch dauern wird. Schaefer geht davon aus, dass sie bis August gebraucht werden. Im Januar haben sie angefangen. Macht acht Monate, um die Baustelle sauber zu bekommen. Bei den Hallen ging es in der Hälfte der Zeit, den Abriss mitgerechnet.

Für das langsamere Tempo gibt es mehrere Gründe. Die Projektleiter sprechen von der Dimension des Klinkerbaus, der auf fünf Geschosse kommt, die 80 Meter lang und 25 Meter breit sind. Aber vor allem reden sie von der Schadstoffbelastung, die nach ihren Worten enorm ist. Und die im Lauf der Zeit noch zugenommen hat. Die belastete Menge erhöhte sich sozusagen von Gutachten zu Gutachten. Was Schaefer nicht verwundert. Er sagt, dass Materialien, die in einem Jahr als unbedenklich gelten, mitunter bereits im nächsten als gesundheitsgefährdend eingestuft werden. Momentan ist der Projektleiter bei 1000 Kubikmeter an Schadstoffen, die rausmüssen.

Und bei rund einer Million Euro, die es voraussichtlich kosten wird, alles im Sortiergebäude zum Weißbereich zu machen und alles für den weiteren Umbau zur Schule vorzubereiten. Die Schadstoffsanierer sanieren nämlich nicht nur, sie leiten auch die nächste Phase des Projekts ein – und nehmen gleich mit weg, was später sowieso wegsoll: Wände, Estrich, Türen, Holzverkleidungen, Zargen. So wie es die Arbeiter, die nach ihnen kommen, auf Plänen eingezeichnet haben. Zum Beispiel die Fahrstuhl- und Treppenhausmonteure. Zum Beispiel die Zimmermänner und Dachdecker. Zum Beispiel die Maurer und Trockenwandbauer. Und vor allem die Architekten, die in dem Industriebau plus Anbau alle Klassen des Blumenthaler Schulzentrums unterbringen wollen.

Das Vorhaben ist so groß, dass sein Start mehrmals verschoben wurde – und mit ihm der Eröffnungstermin. Jetzt, sagt Schaefer, soll der Umbau des Altbaus 2025 abgeschlossen sein – und zwei Jahre später die Erweiterung. 41 Millionen haben Planer für beides einkalkuliert. Was mittlerweile anderthalb Jahre her ist.

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