Freizi oder Jugendfarm – in Borgfeld steht es Spitz auf Knopf. Noch in dieser Woche sollen die Politiker der Bremer Sozialdeputation entscheiden, wer einen Zuschuss der Stadt erhält. Für das Freizi geht es um die Existenz, bei der Jugendfarm könnte es zu herben Einschnitten kommen.
Welche der beiden Einrichtungen könnte auf die Zuschüsse verzichten?
Keine. Für beide steht viel auf dem Spiel. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) finanziert das Jugend- und Freizeitheim Borgfeld ausschließlich über städtische Zuschüsse. Für 2025 benötigt das DRK dafür rund 136.000 Euro. Pro Woche nutzen nach Angaben von Freizi-Leiterin Claudia Ribken bis zu 30 Kinder und Jugendliche das breit gefächerte, zurzeit auf drei Tage beschränkte Angebot zweier Teilzeitkräfte. Auf der Jugendfarm der Hans-Wendt-Stiftung entstehen in diesem Jahr laut Leiterin Friederike Reinsch anteilige Kosten in Höhe von 102.000 Euro: „Wir brauchen mindestens zwei halbe Personalstellen, um ein verlässliches Angebot in der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu machen“, sagt die Sozial- und Naturpädagogin. Das Team versuche, einen angemessenen Eigenanteil aufzubringen. Hinzu kommen Spenden. Die Hans-Wendt-Stiftung habe sich aus der Finanzierung der Farm zurückgezogen. „Die offene Kinder- und Jugendarbeit hängt am seidenen Faden“, warnt Reinsch, "sie ist aber die originäre Aufgabe der Kinder- und Jugendfarm“.
Kämpfen beide Einrichtungen um den Erhalt ihres Angebots?
Das zuständige Amt für soziale Dienste ist der Auffassung, die Jugendfarm wolle ihr Angebot der offenen Kinder- und Jugendarbeit 2025 erweitern und nicht erhalten, wie das DRK-Freizi. „Das stimmt nicht“, stellt Farmleiterin Friederike Reinsch klar. „Es wäre eine notwendige Sicherung der bestehenden Arbeit.“ Es sei eine Kernaufgabe der Jugendfarm, offene Kinder- und Jugendarbeit zu leisten. „Wenn wir von der Stadt keine Förderung mehr bekommen, müssen wir die offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Borgfeld einstellen.“ Das würde bedeuten, dass ab Januar 2026 Kinder und Jugendliche auf der Farm keine Ansprechpartner mehr vorfinden, also der direkte Kontakt mit den Tieren nicht mehr möglich wäre.
Warum muss die Stadt künftig auch die Jugendfarm finanziell unterstützen?
Die Stadt ist laut Sozialgesetzgebung verpflichtet, vielfältige Angebote für junge Menschen vorzuhalten. „Die Zugänglichkeit zu diesen Angeboten muss für Menschen mit Behinderung seit 2021 sichergestellt werden“, sagt Friederike Reinsch und fragt: „Wie soll das gehen, wenn wir dafür kein Personal haben?“ Außerdem haben Kinder und Jugendliche einen Rechtsanspruch, vor Behinderungen bewahrt zu werden. Indem sie Barrieren abbauen, tiergestützte Angebote machen, Kindern und Jugendlichen Naturerfahrungen ermöglichen sowie Ausgrenzungen vorbeugen, hilft die Borgfelder Jugendfarm der Stadt, diesen Rechtsanspruch zu erfüllen.
Was ist wichtiger: die Naturarbeit oder der Schwerpunkt Soziales?
Die Jugendfarm sieht sich als wichtige Ergänzung zum Angebot des Freizi – und umgekehrt. „Wir decken auf der Farm den sozialen und emotionalen Bereich ab“, sagt Friederike Reinsch. Es gebe zahlreiche Kinder und Jugendliche, denen der Kontakt zu den Tieren helfe, sich gut und gesund zu entwickeln. Aber auch die schwerpunktmäßig soziale Arbeit des Freizis gilt als wichtig. In Zeiten eines voranschreitenden Klimawandels seien Naturräume wichtig, wirbt Friederike Reinsch, "Kinder brauchen die Erfahrung in der Natur und in der Umwelt, die sie umgibt, um sich sicher darin bewegen zu können". Wie das Freizi fördere auch die Jugendfarm das Demokratieverständnis, nämlich über die Beteiligung von jungen Menschen. "Die Kinder und Jugendlichen stärken ihr Selbstbewusstsein bei uns auf der Farm in Gemeinschaft. Es braucht die kritische Auseinandersetzung untereinander, um wichtige soziale Kompetenzen aufzubauen.“
Warum hat die Jugendfarm – laut Amt – erst 2025 finanzielle Unterstützung beantragt?
Hat sie nicht, sagt Friederike Reinsch. „Richtig ist, dass wir seit 2018 Fördergelder beantragen", die immer abgelehnt worden seien. Bis heute habe die Farmleitung jedoch „keinen einzigen schriftlichen Ablehnungsbescheid“ erhalten. „Formal hatten wir deshalb auch keine Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.“ In einem Schreiben an den Bremer Controllingausschuss für offene Kinder- und Jugendarbeit hatte die Leiterin des für Borgfeld zuständigen Sozialzentrums Mitte Dezember die Ablehnung unter anderem damit begründet, dass die Hans-Wendt-Stiftung bei der Eröffnung 1995 angekündigt habe, die Jugendfarm wolle ohne institutionelle Förderung auskommen. „Davon weiß ich nichts“, sagt Reinsch. „Dennoch scheint dieser Punkt bei der Verteilung der Gelder eine große Rolle zu spielen.“ Das Bremer Sozialressort will sich wegen des laufenden Verfahrens, in das auch das Bremer Verwaltungsgericht involviert ist, nicht äußern.
Wie geht es weiter?
Am Donnerstag, 20. Februar, befasst sich die Sozialdeputation der Bremischen Bürgerschaft mit dem Dissens. Welche Entscheidung sie trifft, ist offen. Für den Fall, dass das "Freizi" die gesamte jährliche Förderung in Höhe von 117.000 Euro erhält, behält sich die Leitung der Jugendfarm nach eigenen Angaben "weitere Schritte vor".