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Bremer Bauernverbandspräsident im Interview "Die Lage ist angespannt"

Die Lage auf den Höfen ist angespannt. Das sagt der Blocklander Landwirt und Bauernverbandspräsident Hilmer Garbade. Damit sich neue Perspektiven ergeben, arbeitet der Verband an einem Strategieplan.
01.11.2021, 18:00 Uhr
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Von Petra Scheller

Herr Garbade, die Erntebilanz bekommt die Schulnote Vier. Wie ist die Stimmung in den Betrieben?

Hilmer Garbade: Die Lage in den Tiere haltenden Betrieben, für unsere Region speziell in den Milchviehbetrieben, ist sehr angespannt. Die nicht kostendeckenden Preise der letzten Jahre haben dazu geführt, dass viele Höfe finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen. Für die Region heißt das aktuell, dass Betriebe aus der Tierhaltung aussteigen oder ganz aufhören.

Wie viele Höfe gibt es noch in Bremen?

Rund 150 Betriebe – mit abnehmender Tendenz. Die Hälfte davon arbeitet im Vollerwerb, die meisten sind Milchvieh-Höfe.

Was passiert mit den Flächen, wenn die Betriebe aufgeben?

Die frei werdenden Flächen werden bisher von anderen Betrieben übernommen – da landwirtschaftliche Flächen in Bremen und der Region knapp sind, und immer knapper werden, beispielsweise durch Bebauung oder durch die Ausweisung von Kompensationsflächen.

Gibt es so etwas wie eine Agrarstruktur-Reform?

Wir arbeiten aktuell mit den zuständigen Stellen und der Politik an einer Strategie für einen Entwicklungsplan bis 2035 für die Bremer Landwirtschaft. Dieser Entwicklungsplan wird aus vielen unterschiedlichen Modulen bestehen, die einzeln projektiert werden
müssen.

Was sind das für Module?

Dazu gehören die Weiterentwicklung der Weidehaltung, die Zukunft der Milchviehhaltung, Klimaschutz und Klimaneutralität, eine Biodiversitätsstrategie, Pflanzenschutz, Digitalisierung und die Wertschöpfung durch regionale Vermarktung.

Was ist das Ziel?

Alle Themen stehen unter der Überschrift Entwicklungsplan 2035, der auf Landesebene der Bremer Landwirtschaft eine verlässliche Perspektive geben soll. Ziel ist es, unter anderem, Grünland als unverzichtbaren CO2-Speicher zu erhalten, als Bestandteil der Biodiversität, als Bestandteil einer Klima- und Hochwasserschutzstrategie und ganz wichtig, als Futter- und Wertschöpfungsbasis für die landwirtschaftlichen Betriebe, sowohl für die Milchvieh und Mutterkuh-, als auch für die Pferdehalter. Damit die gesamte Landwirtschaft zukunftsfähig bleibt.

Was muss Landwirtschaft zukünftig leisten, um eine Zukunft zu haben?

Wir müssen unsere eigenen Strukturen überdenken und reformbereit sein, um bei den anstehenden Aufgaben mitzugestalten. Die Geschwindigkeit, in der sich die Parameter verändern werden, wird uns alle wahrscheinlich noch überraschen. Wir sollten akzeptieren, dass wir nicht nur Lebensmittelproduzenten sind, sondern auch Klimaschützer, Landschaftspfleger, Energielieferanten und Hochwassersicherer. Alle diese Bereiche müssen zu einer Wertschöpfung auf den Betrieben beitragen.

Das Interview führte Petra Scheller.

Zur Person

Hilmer Garbade (52) ist seit 2014 Präsident des Bremischen Landwirtschaftsverbandes. Er lebt mit seiner Familie in drei Generationen auf einem Hof im Blockland. Der Landwirt führt einen Milchviehbetrieb mit 140 Kühen auf 100 Hektar Grünland. Garbade setzt sich dafür ein, dass bäuerliche Strukturen in Bremen und Umgebung eine Zukunft haben.

Zur Sache

Erntebilanz des Bremer Bauernverbandes

Die Erntebilanz für das Land Bremen fällt für dieses Jahr sehr unterschiedlich aus. "Teilweise wurden die Erwartungen übertroffen, teilweise sind sie aber auch gar nicht eingetreten." Das teilt der Sprecher des Bremer Bauernverbandes, Christian Kluge, mit. Insgesamt könne man von einem zufriedenstellenden Jahr sprechen. Kluge vergibt damit die Schulnote Vier.

Die gute Nachricht zuerst: Die Grasernte ist mengenmäßig sehr gut, teilweise überdurchschnittlich ausgefallen, auch wenn der erste Schnitt sich durch das unbeständige Wetter bis Ende Mai stark verzögert habe, berichtet Kluge. Die Qualität schwanke zwischen gut und mäßig, gerade beim ersten Schnitt.

Beim Raps lag der Ertrag bei knapp vier Tonnen pro Hektar - "und damit unter den Ergebnissen des Vorjahres, die auch schon nur als zufriedenstellend beurteilt wurden." Beim Getreide waren die Erwartungen hoch, da die Bestände bis in den Sommer hinein sehr gut aussahen. Mit knapp acht Tonnen pro Hektar bei der Gerste und neun Tonnen pro Hektar beim Weizen blieben auch hier die Erträge hinter dem Vorjahr zurück.

Teilweise ließen die Qualitäten zu Wünschen übrig. Das zu lange und zu kalte Frühjahr habe wohl doch mehr geschadet als angenommen. Die Silomaisernte habe durchweg gute Erträge gebracht. Zusammen mit dem Gras sei die Futterversorgung der Tiere bis zur nächsten Ernte mehr als gesichert, so Kluge.

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