Noch gibt es ihn nicht. Doch es wird bereits über ihn gesprochen – in Beiratssitzungen, im Deichverband, in Borgfelder und Blocklander Wohnzimmern. Die Rede ist von einem Deichscheinautomaten. Wie ein Parkscheinautomat könnte so ein Automat zukünftig Deichscheine gegen Gebühr ausdrucken. Die Nutzer hätten so im Handumdrehen eine Berechtigung, die Deiche in Borgfeld und im Blockland mit dem Auto zu befahren. Bislang ist die Hürde zum Erwerb eines Deichscheins wesentlich höher. Der Geschäftsführer des Deichverbandes am rechten Weserufer, Wilfried Döscher, findet sie zu hoch. Deshalb hat er die Idee mit dem Automaten in den Raum gestellt. „Wohlwissend“, wie er sagt, „dass so ein Ding natürlich mit Risiken und Nebenwirkungen behaftet sein kann.“
Hemmschwelle könnte sinken
Kritiker bringt die Idee auf die Palme. Sie finden, dass das Verkehrsaufkommen am Deich jetzt schon zu hoch ist. „Im Blockland ist das nicht mehr feierlich“, sagt der Blocklander Beiratssprecher Gerd Gartelmann. Er ist im Niederblockland aufgewachsen und betreibt dort mit seiner Familie einen Bio-Milchhof. Als Landwirt ist es ihm wichtig, dass die Landwirtschaftswege leicht zugänglich bleiben.
Die Idee mit dem Automaten lehnt Gartelmann ab. Mit ihm warnen Kritiker davor, dass damit die Hemmschwelle für viele sinken könnte, sich sonntags ins Auto zu setzten, um über den Deich zu brettern“. Fakt ist allerdings, und darin sind sich Befürworter und Kritiker des sogenannten Deichomaten einig, dass auch jetzt schon tagtäglich immer mehr Fahrzeuge die Deiche befahren– manche mit, viele aber auch ohne einen Berechtigungsschein.
„Trotzdem“, sagt Gartelmann, „hat man allein durch die Diskussion Angst, schlafende Hunde zu wecken“. Andererseits sehe er die Notwendigkeit, über Verkehrspolitik auf den Deichen zu diskutieren, um eine Lösung zu finden. „In den 1970er-Jahren hatte hier jede Familie ein Auto“, sagt der Landwirt. „Inzwischen stehen durch den Ausbau von Ferienwohnungen auf den alten Höfen meist bis zu sechs Fahrzeuge vor jeder Haustür. Das Verkehrsaufkommen, besonders in den Sommermonaten, ist immens“, so der Sprecher. Der Beirat startete deshalb vor zwei Jahren die Initiative „Miteinander-Deich. Fair fährt mit“, um die Verkehrsteilnehmer zur Rücksichtnahme aufzurufen. „Klar ist, dass da was passieren muss“, sagt Gartelmann. „Aber was?“ Darüber sei man sich noch nicht einig.
Bislang ist es so: „Das Befahren eines Deiches bedarf einer speziellen Begründung“, heißt es bei der Bremer Polizei und diese Regel will Deichverbandschef Döscher nicht infrage stellen. Ihm ist daran gelegen, dass Kunden von Gaststätten im Blockland spontan an ihr Ziel kommen können, ohne die Anreise groß planen zu müssen. In den Wintermonaten bleiben viele Gäste aufgrund der komplizierten Anreise fern, sagt Döscher. Die Gäste müssten vorher einen Deichschein kaufen, um spontan irgendwo einzukehren, oder aber radeln oder zu Fuß gehen. Wer ohne Berechtigungsschein auf dem Deich Auto fährt, dem droht eine Geldbuße. 20 Euro kostet die erste Verwarnung. Besonders kundenorientiert sei das nicht, so der Deichverbandschef.
Er schlägt deshalb vor, an einigen prominenten Stellen einen „Deichomaten“ aufzustellen. Beispielsweise an der Deichzufahrt am Parkplatz an der Ritterhuder Straße. Oder auch in Höhe des Landhauses Kuhsiel im Oberblockland 2. Bis hierher ist Gästen die Zufahrt erlaubt. „Anwohner und Lieferverkehr frei“ heißt es hingegen auf den Verkehrsschildern in Richtung Blockland und Niederblockland. Anlieger, also jene, die dort nicht wohnen, sondern nur jemanden besuchen möchten, brauchen ab hier den Deichschein. Bislang werden diese als Tageskarten für einen Euro durch die Polizei Bremen ausgestellt. Die Zuständigkeit liegt beim Amt für Straßen und Verkehr, erklärt Polizeisprecher Tarik Gogic. Bei der Polizei werde keine Statistik über den Verkauf der Deichscheine geführt. Schätzungen zufolge werden rund 500 Scheine pro Jahr ausgestellt, so der Sprecher. Die Polizei lehnt einen Deichscheinautomaten nicht grundsätzlich ab. „Durch das Aufstellen von Automaten zum Lösen von Deichscheinen könnte der Verkauf an den Polizeirevieren entfallen. Somit würde auch eine weitere Bearbeitung, die nach dem Verkauf der Deichscheine stattfindet, entfallen“, heißt es weiter.
„Wir lassen uns nicht einsperren“
Im Blockland werden die Deichscheinautomaten indes heiß diskutiert. Zunächst sei im Gespräch gewesen, an der Kuhsielschleuse und an der Ritterhuder Straße eine Schranke einzurichten, berichtet Gartelmann. Anwohner sollten diese mit einem Chip passieren können, Gäste und Anlieger wiederum zur Kasse gebeten werden. „Wir lassen uns hier nicht einsperren“, sagt Gartelmann zu dieser Idee. „Aber die Automatenlösung könnte man“, so der Beiratssprecher vorsichtig, „vielleicht zunächst mit zeitlicher Begrenzung und nur in den Wintermonaten noch mal überdenken.“
Sprecher Gartelmann will die Idee nun weiter im Beirat, mit Vertretern der Landwirtschaft und örtlichen Lohnunternehmern sowie den Gastronomen vor Ort besprechen. Bislang sei sein Eindruck, dass die Gaststätte Dammsiel die einzige sei, die sich über die schlechte Erreichbarkeit beschwere. Das Gebäude gehört dem Bremischen Deichverband am rechten Weserufer.