Kraftvoll strecken sich die jungen, zartgrünen Schnittlauchhalme in den kleinen Erdwürfeln des Anzuchthauses. Sie tragen noch kleine Hüte aus schwarzen Samenschalen. Erst wenige Tage ist es her, dass sie die Erdoberfläche durchstoßen haben. Während sich die Natur noch nicht entscheiden kann, hat in der Gärtnerei Rhizom der Frühling begonnen. Seit Anfang Januar wird dort von Hand gesät und gegossen, gehackt und geschaufelt. In dieser Woche haben die auszubildenden Gärtner die neu gewachsenen, jungen Salatpflanzen, Tomaten und Kräuter vereinzelt und in Töpfe gepflanzt.
Ab sofort herrscht Hochbetrieb in den drei Gewächshäusern Am Kleinen Moordamm. Im Anzuchthaus sind die ersten hundert Töpfe bepflanzt, zahlreiche Salatpflänzchen warten noch auf ihren nächsten großen Lebensabschnitt. Dafür müssen sie kräftig genug gewachsen sein und sie müssen das Glück haben, von den Mäusen verschont geblieben zu sein, von denen in diesem Jahr aufgrund des milden Winters ungewöhnlich viele in den Gewächshäusern nach Nahrung suchen. Die auserwählte Kinderstube aus Eichblattsalat, Asiasalat und Stielmus wechselt dieser Tage in die langen, akkurat gezogenen Reihen des Nachbargewächshauses.

Gießkannen in allen möglichen Farben: eines der wichtigsten Hilfsmittel in einer Gärtnerei.
Ende März, wenn der Salat geerntet ist, folgen die Tomatenpflanzen, Paprika und Auberginen. „Das Frühjahr ist die anstrengendste Saison“, sagt die Leiterin der Bioland-Gärtnerei, Claudia Ramsperger. „Aber ich liebe das, vor allem den Luxus, hier etwas früher Frühling zu haben.“ Ramsperger lächelt viel, wenn sie über ihre Arbeit erzählt. Sie ist in ihrem Element. „Wenn ich ins Anzuchthaus komme und die Pflänzchen sehe, geht mir das Herz auf“, schwärmt sie.
Mit der Anbauplanung beginnt Ramsperger bereits im Januar. Daran ändert auch der milde Winter nichts. 3000 überdachte Quadratmeter und ein halber Hektar Freiland stehen Rhizom und dem Lehrgarten zur Verfügung. Die Gärtnerei und der Lehrgarten gehören zur gemeinnützigen Bremer Beschäftigungsgesellschaft Ökonet. Mehr als 94 000 junge Pflanzen aus 50 verschiedenen Gemüse- und Kräutersorten ziehen die angehenden Gärtner von Rhizom jedes Jahr von Hand auf – darunter allein 18 Varianten der Tomate. Was und wie viel angebaut wird, entscheidet Claudia Ramsperger nach Berechnungen von Keimraten, indem sie die Verkaufsbilanz des Vorjahres ausgewertet hat und mithilfe ihrer Erfahrung. „Es gibt immer Jahre, in denen eine Kultur nicht so gut läuft“, sagt die Betriebsleiterin. Zum Beispiel, wenn Mäuse die Spinatsamen wegfressen oder ein Pilz die jungen Pflanzen befällt und sie verfaulen. „Dann müssen wir mal eine ganze Aussaatschale wegwerfen, wir dürfen unser Saatgut ja nicht beizen. Deshalb sind Bio-Produkte auch teurer.“ Für dieses Jahr hofft Ramsperger, dass die Nachsaat den Verlust durch Mäusefraß ausbügeln wird.
Im Kräuterkindergarten stehen in diesem Jahr Borret schpflanzen, Pimpinellen, Kerbeltöpfe, junger Kultursauerampfer und Dill. Im großen Gewächshaus wachsen unter anderem Kohlrabi, Petersilie, Radieschen, Mangold und Salate. Die Kräuter- und einige Gemüsepflanzen verkauft Rhizom auf den Märkten in Borgfeld und Hulsberg. Einen Teil ziehen sie groß, das Gemüse vermarkten sie an die Ökokiste – darunter viereinhalb Tonnen Tomaten und etwa 5000 Salatköpfe.

Die Samen in den kleinen Erdwürfeln haben sich prächtig entwickelt, und es sind zarte Pflanzen entstanden.
Im Anzuchthaus greift Aaron Büscher eine Handvoll Erde und füllt damit einen Topf auf. Der 33-Jährige absolviert bei Rhizom eine dreijährige Ausbildung zum Gärtner. Die Luft riecht nach feuchter Erde, Schnittlauch und Lavendel. „Ich arbeite gern ohne Handschuhe, um ein besseres Gefühl zu haben“, sagt er. Die jungen Lavendelpflanzen, die er gerade topft, sollen demnächst auf dem Jungpflanzenmarkt verkauft werden. Auch Lena, die nicht mit vollem Namen genannt werden möchte, ist angehende Gärtnerin. Sie drückt mit einem Pikierstab Vertiefungen in kleine Erdballen und legt je ein Samenkorn hinein. „Es ist schön, dass man den Prozess von der Aussaat bis zur Ernte erlebt und die Vielfalt hier.“ Insgesamt sechs Ausbildungsplätze hat der Biolandbetrieb an Menschen zu vergeben, die schon länger arbeitslos sind. Aktuell sind noch Plätze frei, so Ramsperger.
Neben den drei Gewächshäusern gibt es den Lehrgarten. Angela Landt ist zuständig für diesen Bereich. Gemeinsam mit vier Projektteilnehmern bietet sie Führungen an und organisiert Aktionen mit Schulklassen. Jede pflegt ihr eigenes Stück Beet. Die Schüler pflanzen, bauen aber auch Tipis, Tunnel und Sitzgruppen aus Ästen, Zweigen und Holzstümpfen. Mitarbeiter Reinhard Prüger hilft ihnen dabei. Jetzt, wo noch keine Schulklasse zu Besuch ist, repariert er die Weidentunnel und schneidet Äste. „Bis zum 1. März muss das erledigt sein, dann ist es verboten“, sagt Prüger. Seine Kollegen pulen zurzeit Samen aus. „Wir schauen, was wir mit den Kindern säen können“, sagt Angela Landt. „Wir haben immer etwas fürs Auge dabei: Blüten und Kürbisse zum Beispiel.“ Die Saison im Lehrgarten startet am 25. März.
Weitere Informationen
Am 25. April findet bei Rhizom, Am Kleinen Moordamm 1, von 10 bis 13 Uhr ein Verkaufstag statt. Jungpflanzen gibt es im April und Mai auf dem Markt am Bremer Domshof zu kaufen.