Borgfeld. Wohnen wandelt sich. Wer es nachhaltiger und ressourcenschonender angehen will, reduziert sich. Sortiert seine sieben Sachen aus, bis sie locker auf 37 Quadratmetern Platz finden, wohnt nicht mehr, sondern lebt einfach. Die Verkleinerung der eigenen Lebensverhältnisse und die Verringerung des ökologischen Fußabdrucks sind Trendthemen, mit denen sich zurzeit auch die Bremer Staatsrätin und Stadtplanerin Gabriele Nießen intensiv befasst. Gerade hält sie eine druckfrische Studie in Händen, die ausgewählte Flächen für Tiny-House-Siedlungen in den Fokus nimmt. 17 Grundstücke werden darin untersucht. Eines davon befindet sich in Borgfeld.
Die Studie wurde vom Bremer Stadtforschungs- und Planungsbüro Protze und Theiling erstellt und liegt der Redaktion in Auszügen vor. "Wir haben die Stadt von Norden nach Süden und von Westen nach Osten gescannt", erklärt Gabriele Nießen im Gespräch mit der WÜMME-ZEITUNG.
Aspekt der Vielfalt
Die vielen Anfragen, die bei der Senatorin für Wohnungsbau in den vergangenen Jahren eingegangen sind, haben die Behörde veranlasst zu handeln. "Wir sind uns natürlich bewusst, dass das eine Nische ist", unterstreicht die Verwaltungschefin. "Da die kleinen Wohneinheiten kein nennenswerter Beitrag zu dem steigenden Mangel an bezahlbarem Wohnraum sind." Dennoch seien sie unter dem Aspekt der Vielfalt interessant.
Eine Anfrage der Bremer Initiative Tiny House Kultur brachte die Untersuchung letztendlich auf den Weg. Ihr Sprecher ist Mark Christiansen. Der IT-Berater sucht bereits seit vielen Jahren nach geeigneten Orten, um in Bremen und Umgebung eine Tiny-House-Siedlung mit zehn bis 15 Häusern zu gründen. "Die Nachfrage für unser Projekt ist riesig", sagt Christiansen. Doch bislang blieb die Suche nach einem geeigneten Grundstück ohne Ergebnis.
Gesucht werden 3000 Quadratmeter im Grünen. Die Siedlung soll in nachhaltiger Bauweise erstellt werden. Die Lage eine gute Anbindung zum öffentlichen Nahverkehr ausweisen. Christiansen und seine Initiative haben die in Frage kommenden Grundstücke aus der Studie bereits gesichtet. "Das Grundstück in Borgfeld steht, unter anderem, sehr weit oben auf unserer Prioritätenliste", berichtet der 56-Jährige. "Wichtig ist natürlich, dass das Ganze bezahlbar bleibt", unterstreicht er.
Genau das sei oft ein Problem, berichtet auch Staatsrätin Nießen. Bislang bestehe die Auswahl der in Frage kommenden Grundstücke aus städtischen und privaten Flächen. "Unsere Priorität liegt natürlich auf den städtischen Flächen, weil wir da eine leichtere Handhabe haben. Bei den privaten Grundstücken ist das oft schwieriger – aber manchmal ergeben sich auch dort Synergien", sagt die gebürtige Düsseldorferin optimistisch.
Auf so eine Win-win-Situation hofft auch die Bremer Tiny-House-Initiative. Sollte das Grundstück in Borgfeld in die engere Wahl kommen und überhaupt zur Verfügung stehen, würden sich die Pioniere für neues Wohnen gerne im Stadtteil an der Wümme einquartieren. "Dort ist es grün, stadtnah und man ist gut angebunden", sagt Christiansen.
Zunächst will sich Nießen aber noch mit ihrem Ressort und den Mitgliedern des Bauausschusses abstimmen. „Wir werden alle 17 möglichen Standorte für das Pilot-Projekt hinterfragen und sehen, was sich ergibt“, sagt die Stadtentwicklerin. Geschaut werden solle ihr zufolge mit „dem Blick des Möglichmachens“.