Bremen-Nord. Mit einem neuen Angebot will die Stiftung Friedehorst Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen den Weg zurück in die Arbeit erleichtern. Das Berufsförderungswerk und die Gesellschaft „Friedehorst Teilhabe Leben“ bieten es als Gemeinschaftsinitiative unter dem Titel „Friedehorst Teilhabe Arbeit“ an. Es ist eine Alternative für Menschen, die sich noch nicht stabil genug für den allgemeinen Arbeitsmarkt fühlen und für die eine Werkstatt für behinderte Menschen nicht das Richtige ist. Ihnen wird nach erfolgter Therapie Schritt für Schritt der Weg zurück ins Arbeitsleben ermöglicht.
Psychische Erkrankungen sind nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde die zweithäufigste Ursache für Krankheitstage im Beruf und der häufigste Grund für Frühverrentungen. Die Krankheitsbilder sind vielfältig, dazu gehören beispielsweise Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen. Nach der Therapie fühlen sich viele nicht fit genug für die Rückkehr in den bisherigen Beruf. „Für diese Zielgruppe gab es bisher kein passendes Angebot zur Teilhabe am Arbeitsleben“, erläutert Carsten Druba, Leiter von „Friedehorst Teilhabe Arbeit“.
Druba zitiert Angaben des Bundesverbands Evangelische Behindertenhilfe: Die Möglichkeit in einer Werkstatt zu arbeiten, nutzen demnach 30 bis 40 Prozent derjenigen, die Anspruch darauf hätten, nicht. Dabei sind ein regelmäßiger Tagesablauf und Arbeit wichtig für die seelische Stabilität, ist Druba überzeugt. „Das stärkt auch das Selbstvertrauen.“ Er schildert die besondere Situation, in der sich viele Betroffene mit psychischen Erkrankungen befinden: „Sie haben zuvor im Leben gestanden, eine Ausbildung gemacht, zum Teil studiert und gearbeitet und sind durch ihre Erkrankung aus der Bahn geworfen worden.“
Alternative zur Werkstatt-Arbeit
Drubas Angaben nach sind es in Bremen derzeit etwa 250 Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, für die es bisher keine passenden Angebote zur Teilhabe am Arbeitsleben gibt, „mit einem jährlichen Wachstum von drei Prozent“. Auch Jugendliche, die inklusiv beschult werden und sich eine Alternative zur Arbeit in einer Werkstatt wünschen, gehören zur Zielgruppe des neuen Angebots.
Dass Menschen mit Beeinträchtigungen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben – sowohl im Berufsbildungs- als auch im Arbeitsbereich – nicht mehr nur in Werkstätten, sondern auch bei anderen Leistungsanbietern in Anspruch nehmen können, hat erst eine neue Regelung im Bundesteilhabegesetz ermöglicht. „Wir sind bremenweit die Ersten, die mit der neuen Gesetzeslage ein solches Angebot aufbauen“, betont Gabriele Nottelmann, Sprecherin der Stiftung Friedehorst.
Die sogenannten anderen Leistungsanbieter, zu denen die Gemeinschaftsinitiative unter dem Titel „Friedehorst Teilhabe Arbeit“ gehört, bieten eine vergleichbare berufliche Bildung und Beschäftigung an wie Werkstätten. Bis auf einige Ausnahmen gelten für sie auch die Vorschriften der Wertstättenverordnung. Sie müssen jedoch weder über eine Mindestplatzzahl noch über die Ausstattung an Material und Räumen verfügen, die in Werkstätten erforderlich sind. Außerdem haben sie keine Aufnahme-Verpflichtung.
Erste Ansprechpartnerin für Interessierte, die an dem Programm teilnehmen möchten, ist Lena Büntemeyer vom Sozialdienst. Sie beantwortet Fragen und erläutert den Ablauf der beruflichen Wiedereingliederung. Für Teilnehmer, die bisher keine Ausbildung und beruflichen Vorerfahrungen haben oder die ihre Leistungsfähigkeit zunächst steigern wollen, beginnt die Eingliederung mit einem dreimonatigen Eingangsverfahren. In diesem Zeitraum können die Teilnehmer sich zunächst einmal ausprobieren und mit Unterstützung von Experten herausfinden, in welcher Branche sie arbeiten möchten.
Dann folgt eine zweijährige Berufsbildungsphase, in der Bildungsbegleiter und Job-Coaches mit den Betroffenen gemeinsam ihre berufliche Zukunftsplanung erarbeiten. Während dieser Qualifizierungszeit lernen die Teilnehmer das von ihnen gewählte Berufsfeld praktisch und theoretisch näher kennen und eignen sich die notwendigen fachlichen Kompetenzen an. Wählen können die Teilnehmer zwischen den Berufsfeldern Hausmeisterhelfer, Hauswirtschaft und Lager. Sollte sich nach einiger Zeit herausstellen, dass ihnen ein anderes Berufsfeld mehr zusagt, können die Teilnehmer nach Rücksprache wechseln. Anschließend können sie auf dem Campus in Friedehorst arbeiten.
„Wir bieten ihnen einen langfristigen Arbeitsplatz in den Einsatzgebieten Lager und Logistik, Prüfung von Elektrogeräten, Hauswirtschaft, Seniorenhilfe, Hausmeisterservice, Landschaftspflege oder Verwaltung“, erläutert Druba. Alternativ unterstützen die Job-Coaches Teilnehmer, die bereits berufliche Vorerfahrungen haben und gleich ins Arbeitsleben starten wollen, direkt beim Jobeinstieg. Auch hier ist es möglich, durch Praktika herauszufinden, welcher Job und welche Aufgabe passt. Wer sich nach der Therapie noch keinen Job auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zutraut, findet in Friedehorst Beschäftigungsmöglichkeiten und erhält eine leistungsbezogene Vergütung. Die Sozial- und Unfallversicherung trägt „Friedehorst Teilhabe Leben“.
Teilnehmer, die gesundheitlich stabil sind und es sich zutrauen, können mithilfe des „Budgets für Arbeit“ auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch direkt eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnehmen. Das Budget für Arbeit beinhaltet einen Lohnkostenzuschuss von bis zu 75 Prozent an den Arbeitgeber sowie bei Bedarf Assistenzleistungen für den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz. „Wir bringen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen, beraten und begleiten beide und bieten die Betreuung vor Ort durch die Job-Coaches“, fasst Druba zusammen.
Ansprechpartner
Ansprechpartner für Teilnehmer ist Lena Büntemeyer vom Sozialdienst, Telefonnummer 04 21 / 638 17 32, E-Mail: lena.buentemeyer.thl@friedehorst.de.
Ansprechpartner für Arbeitgeber ist Carsten Druba, Leitung von „Friedehorst Teilhabe Arbeit“, Telefonnummer 04 21 / 638 12 66, E-Mail: carsten.druba.thl@friedehorst.de.