Knoops Park ist geschmückt mit Lampions, Fackeln und bunten Blumen. Auch die Gäste sind für den besonderen Abend vorbereitet: Sie kommen mit Bollerwagen, schön verziertem Geschirr, Sekt, Wein und Antipasti. Am Freitag und Sonnabend verfolgen jeweils 1200 Besucher bei Sommer in Lesmona ein Konzert der Bremer Kammerphilharmonie, diesmal mit Stargast Nigel Kennedy.
Wenn die Kammerphilharmonie unter den hohen Bäumen an der Lesum aufspielt, kommen normalerweise rund 3000 Menschen zusammen. Diesmal musste die Veranstaltung pandemiebedingt abgespeckt werden. Das Motto des Wochenendes lautet denn auch ein "Ein Hauch von Sommer in Lesmona". Diverse Workshops für Besucher sind im Vorfeld gestrichen worden. "Wir wollten aber auf keinen Fall beim Programm etwas streichen", sagt Albert Schmitt, Direktor der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen steht am Freitag ein Weltstar auf der Bühne: Nigel Kennedy. "Unser Artistikmanager Hans Otto hat seit vielen Jahren versucht, Nigel zu kriegen, weil wir wussten, dass er hier hin passt wie die Faust aufs Auge", so Schmitt.
Die Stimmung ist beschwingt und sie wird noch besser, als Kennedy mit neongrünen Turnschuhen die Bühne betritt. Er grüßt die Musiker der Kammerphilharmonie lässig mit der Faust, scherzt mit dem Publikum, mit Moderatorin Friederike Westerhaus und Konzertmeister Glenn Christensen. Als er später erklärt, er sei ein Bremer und nach der Pause mit Werder-Bremen-Schal zurückkehrt, ist Kennedy Applaus auch ganz ohne Musik gewiss.
Am Freitag- und Sonnabend ist nach zwei Stücken von Beethoven die Welturaufführung des Violinkonzerts Nr. 1 "Für Ludwig Van" zu hören, geschrieben von Nigel Kennedy selbst, in vier Sätzen. Vor dem vierten Satz erklärt Kennedy: "Ich habe das sehr traditionell geschrieben. Wir beginnen mit dem ersten Satz als Erstes, dann als Zweites den zweiten Satz, darauf folgt direkt der Dritte – den sie gerade gehört haben – und nun werden sie den Vierten hören. Wir fangen dabei am Anfang an und enden am Schluss." Das Publikum lacht. Auch, weil Nigel Kennedy wenig traditionell wirkt. Seine Stücke haben Einflüsse von Jazz, von Rock, von Jimi Hendrix. Am Ende seines vierten Satzes tanzen einige Besucher mit. "Nigel ist eigentlich lebende Improvisation", sagt Schmitt. "Sodass jede Aufführung wie eine Uraufführung wirkt", meint auch Moderatorin Friederike Westerhaus.
Für das Publikum ist diese lockere Art genau richtig: Mehrere Familien sitzen im Publikum. Auch Stammgäste sind dabei, die schon seit mehr als 15 Jahren diese Veranstaltung besuchen. Das Klima ist offenbar so vertraut, dass ein paar Besucher vergessen, ihr Auto abzuschließen und vor dem Konzert noch einmal aufgerufen werden müssen.
Mithalten mit diesen spontanen Wechseln von Kennedy kann neben dem Publikum auch Mostafa Saad, Kennedys Protegé aus Palästina. Der 23-Jährige hat auf Kennedys Wunsch hin für den Abend spontan eine Kadenz geschrieben, die beide mit einer Leichtigkeit auf die Bühne und in den Park bringen – denn die beiden gehen beschwingt mit Geige unterm Kinn spielend durchs Publikum.
Mit 1200 Gästen spielt die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen das erste Mal seit gut einem Jahr vor so vielen Zuschauern in Bremen. "Der Aufwand, den wir mit unseren 30 helfenden Händen und dem musikalischen und nicht-musikalischen Team der Kammerphilharmonie betreiben, ist genauso groß wie die Jahre zuvor, auch wenn die Veranstaltung kleiner ist", sagt Andrea Katzmarczyk, Sprecherin der Kammerphilharmonie.
Um zwischen den Gästen genügend Abstand zu schaffen, wurden auf dem Rasen mit weißer Farbe Linien gesprüht. Die Gäste dürfen nur in jeder zweiten Reihe Klappstühle und Tische aufbauen. Der 16 Uhr-Tee, der eigentlich zu der Veranstaltung gehört, wurde gestrichen, und auch viele Angebote am Familientag am Sonntag dürfen wegen der Kontaktbeschränkungen nicht stattfinden. Stattdessen wird der Sonntag mit zwei Familienkonzerten gestaltet, mit den Musikern Deniz & Ove, umrandet mit kleineren Shows von Kleinkünstlern aus Bremen wie Stelzenläufer und Jongleuren. "Unterhaltung ohne Interaktion", nennt Katzmarczyk es.
Doch, was an Angeboten möglich ist, wird möglich gemacht. Unter den Bäumen des Parks sind während des Wochenendes Stände aufgebaut: Ein Buchladen, ein Kaffeestand, eine Konditorei. Und auch eine Malerin bringt live die besondere Atmosphäre auf eine Leinwand.