Immer wieder bleiben Passanten kurz stehen. Was ist dort los bei Gestra? Womöglich ein Streik? Der Spezialist für Dampfprozesse befindet sich schließlich mitten im Stadtteil Findorff – seine Werkstore liegen prominent in Wohnstraßen. Tatsächlich dürften gerade einige Bereiche in der Produktion ruhen: Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in knallgelben Westen haben sich auf dem Hof versammelt. Der Grund ist unerfreulich: In den nächsten Jahren könnten hier 85 Arbeitsplätze wegfallen. Es geht um die Zukunft der Zerspanung. Es herrscht Unsicherheit, seit die Einschnitte verkündet worden sind. Der Betriebsrat hat zur Sondersprechstunde am Mittag eingeladen – im Anschluss an ein wichtiges Gespräch: Gavin Huxtable ist nach Bremen gekommen. Der Manager verantwortet bei Spirax weltweit die Fertigungen. Gestra gehört zum Konzern mit Sitz in Großbritannien.
Die Belegschaft wartet draußen auf das Ergebnis. Aus Sicht der Arbeitnehmervertreter sind viele Fragen noch offen, Einblicke in die Entwicklung des Unternehmens fehlten. Der Betriebsrat könne ohne diese Informationen gar nicht in Verhandlungen zu den Plänen treten. Antworten fehlen Ute Buggeln zufolge auch nach dem Gespräch mit Huxtable noch. Investitionen im Konzern seien für andere Projekte geplant. "Jedenfalls nicht für Bremen", sagt die Geschäftsführerin der IG Metall Bremen. Gewerkschaft und Betriebsrat pochen darauf, dass es ein Zukunftskonzept für Gestra gibt – bereits seit der Konzern die Pläne für den Standort in Grohn auf Eis gelegt hat. Es soll nun Gespräche unter anderem mit Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) geben.
Vogt: "Verantwortung gegenüber den Menschen und dem Standort"
Vogt äußert sich durchaus besorgt. Wenn Teile der Produktion von Gestra verlagert werden sollten, "wäre das eine schlechte Nachricht für die Beschäftigten und den Standort Bremen insgesamt". Gestra sei ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen. Die Belegschaft habe über Jahrzehnte hinweg entscheidend zum Erfolg beigetragen: "Gerade in solchen Fällen erwarten wir, dass nicht der kurzfristige Vorteil im Konzern, sondern die langfristige Verantwortung gegenüber den Menschen und dem Standort im Vordergrund steht."
Alle Abteilungen könnten von Einschnitten oder Verlagerungen betroffen sein. "Es muss sich keiner der Illusion hingeben, dass wir hier alle sicher sind", sagte der Betriebsratsvorsitzende Reiner Mertins, versprach aber auch: "Wir kämpfen so lange wie wir können."