Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Pfadfinder schätzen alte Traditionen: Das kann man auch heute noch aufregend finden / Neue Gruppe in Walle Gar nicht von gestern

Weidedamm. Im Klostergarten ist viel Trubel. Eine Meute von Jungs und Mädchen nutzt den schönen Tag, um im Freien herumzutoben. Gruppenleiterin Philine, 15 Jahre alt, kennt viele Spiele, die den Jüngeren Spaß machen. Ein kleiner Kreis sitzt auf dem Rasen und übt, Knoten zu knüpfen. Malou trommelt ein paar der Größeren zusammen: Die Kisten für das Pfingstzeltlager müssen gepackt werden. Fast alle der Kinder und Jugendlichen haben ein graublaues Hemd an und tragen ein Tuch um den Hals - grün bei den Kleinen, bei den Älteren in Blau. Typisch Pfadfinder eben. Aber die sind durchaus nicht von Gestern: Schätzungsweise 41 Millionen Kinder und Jugendliche, die in den Pfadfinderverbänden der ganzen Welt organisiert sind, wissen es besser.
16.06.2011, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Anke Velten

Weidedamm. Im Klostergarten ist viel Trubel. Eine Meute von Jungs und Mädchen nutzt den schönen Tag, um im Freien herumzutoben. Gruppenleiterin Philine, 15 Jahre alt, kennt viele Spiele, die den Jüngeren Spaß machen. Ein kleiner Kreis sitzt auf dem Rasen und übt, Knoten zu knüpfen. Malou trommelt ein paar der Größeren zusammen: Die Kisten für das Pfingstzeltlager müssen gepackt werden. Fast alle der Kinder und Jugendlichen haben ein graublaues Hemd an und tragen ein Tuch um den Hals - grün bei den Kleinen, bei den Älteren in Blau. Typisch Pfadfinder eben. Aber die sind durchaus nicht von Gestern: Schätzungsweise 41 Millionen Kinder und Jugendliche, die in den Pfadfinderverbänden der ganzen Welt organisiert sind, wissen es besser.

Die Klischees kennt jeder, und es ist ja auch etwas dran: Pfadfinder tragen eine Kluft, haben merkwürdige Rituale und fahren ständig auf Zeltlager, wo sie sich um ein Feuer versammeln und Lieder singen. "Wenn man das erzählt, klingt es irgendwie voll blöd", weiß Jasmin. Die 14-jährige Gymnasiastin gehört wie insgesamt rund 50 Kinder und Jugendliche dem Findorffer Stamm "Gräfin Emma von Lesum" an. Bei den Pfadfindern gibt es viele Rituale und altmodische Begriffe. Man spricht von "Stämmen" und "Sippen", "Knappen" oder "Spähern". Die Findorffer Gruppen der Martin-Luther-Gemeinde sind Teil der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands. Deren regionale Untergruppen nennen sich "Landesmark" und "Gau". Das weckt Assoziationen, doch die Pfadfinder haben sich da nichts vorzuwerfen: Sie wurden von den Nazis ziemlich schnell verboten.

Die Kluft gibt es seit 1907

Das Vokabular geht auf eine Zeit zurück, als die Begriffe noch völlig unverdächtig waren: Auf die Anfänge der Pfadfinderbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der englische General Lord Baden-Powell hatte den "Scouts" ihre Philosophie gegeben und schon beim ersten historischen Pfadfinderlager im August 1907 die Pfadfinderkluft eingeführt. Sie sollte die unterschiedlichen sozialen Schichten, aus denen die Kinder kamen, in der Gemeinschaft unsichtbar machen. Die Natur spielt bei den Pfadfindern eine große Rolle, "learning by doing" ist dabei das wichtigste Prinzip, und das Ziel ist, selbstständig und verantwortungsbewusst zu denken und zu handeln.

Wer ein "Knappe" werden möchte - also eine Gruppe Jüngerer leiten darf - muss mit Beil und Axt umgehen können. Sonst lassen sich die Zelte der Pfadfinder, "Kothen" genannt, nicht aufbauen. Man muss sich im Wald mit Kompass, aber ohne Handy zurechtfinden können und wissen, wie man ein Feuer macht, erzählt Lucca, 13 Jahre, der ein neuer Knappe werden möchte. Jasmin, die jetzt die neue Gruppe in Walle übernehmen wird, hat ihre Prüfung bestanden: Den "Knappenmarsch", bei dem es darum ging, einen Weg durch unbekanntes Gelände zu finden. "Zu den Aufgaben gehörte es auch, sich Hilfe bei anderen Menschen zu erbitten", erzählt sie. Auch "höflich mit Fremden kommunizieren" gehöre nämlich zu den Kompetenzen, die ein guter Pfadfinder beherrschen müsse. "Die Natur achten, die Anderen achten und sorgsam mit den Dingen umgehen", beschreibt Philine die Pfadfindergesetze. Klingt irgendwie öde, ist es aber nicht, sagt Lucca: "Besonders die Lager sind total aufregend, echte Abenteuer. Und ich habe hier

viele neue Freunde gefunden", erzählt er mit Begeisterung. Philine erinnert sich daran, als ihre Gruppe ihre Zelte auf dem Grundstück eines Bauern aufgeschlagen hatte. "Da gab es zum Frühstück warme Milch, direkt von der Kuh - das war wirklich schön!"

Die Kleinen für die Gruppenstunden zu begeistern, sei überhaupt nicht schwierig, sagt Jasmin. "Da gibt es viele tolle Spiele, es wird gemalt und gesungen, das hat auch mir von Anfang an gefallen." Im Teenageralter sprängen aber viele ab, "viele Jugendliche haben dann mit der Schule mehr als genug zu tun". Auch später kann man immer noch einsteigen, aber das kommt nicht so oft vor. Jasmin kennt das: Wenn sie von ihrem Gruppentreffen in ihrem grauen Hemd die paar Schritte nach Hause läuft und dabei anderen Jugendlichen begegnet. "Da gibt es viele Vorurteile. Zum Beispiel: Ihr wart wohl wieder im Wald und habt Bäume geküsst", höre sie dann oft. Dass andere Jungs in seinem Alter die Pfadfinder uncool finden, darüber kann Lucca nur lachen: "Das ist ja nur, weil die gar nicht wissen, wie cool es bei uns ist!"

Informationen über die Gruppen der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschland in Bremen finden sich auf den Internet-Seiten www.c-p-d.info und www.cpd-bremen.de. Die Findorffer Pfadfinder sind unter www.gemeindepfadfinder.de vertreten.

Die neue Gruppe in der Evangelischen Kirchengemeinde Walle, Ritter-Raschen-Straße, trifft sich heute (Donnerstag, 16. Juni) von 16.30 bis 18 Uhr. Jungen und Mädchen im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren sind willkommen. Über die Gruppen der Martin-Luther-Gemeinde gibt Diakon Volker Sieg Auskunft; er ist erreichbar unter Telefon 3796923.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)