Vor aller Augen, und doch ganz unbeachtet, liegt ein zentrales unbebautes Stück Bremen. Es könnte eine riesige Chance für die Zukunft der Stadt werden, die nicht länger ungenutzt bleiben sollte. Das sagt eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, die sich vor fast zehn Jahren zur Energiegenossenschaft Begeno zusammengeschlossen haben. „Her mit der Brache!“ fordern sie nun in einem offenen Brief, der an die Bremer Bürgerschaft, die Beiräte Findorff, Walle und Mitte sowie an die Deutsche Bahn gerichtet ist, und hoffen, damit bei den Verantwortlichen Gehör zu finden.
Das mehr als 50.000 Quadratmeter große Areal entlang der Bahnstrecke Bremen-Hamburg, das Findorff von der Bahnhofsvorstadt und Utbremen trennt, könnte die Energiewende einen wichtigen Schritt voranbringen, erklärt Sven Punke, ehrenamtlicher Vorstand der Bürgerenergiegenossenschaft. Zum Beispiel mit einem Solarpark, in dem reichlich Sonnenenergie gesammelt und gespeichert werden könnte.
Die Freifläche biete zudem unverstellten Platz, um zahlreiche Erdbohrungen vorzunehmen, über die umliegende Quartiere mit Nahwärme versorgt werden könnten. Eingerichtet werden könnten dort auch Ladestellen für Elektromobilität, deren Bedarf sich in den kommenden Jahren potenzieren werde. Und nicht zuletzt könnte ein Teil der Fläche als Parkraum genutzt werden, um die Wohnstraßen ringsum zu entlasten: All das wäre eine sinnvolle Nutzung, wie sie sich die Verfasserinnen und Verfasser des offenen Briefes vorstellen. „Wir plädieren daher dafür, das gesamte Grundstück gemeinsam zu entwickeln und dafür Baurecht zu schaffen“, so Punke.
Tatsächlich handelt es sich dabei um zwei separate Teilstücke, seit die Deutsche Bahn das 400 Meter lange Areal zwischen den Tunneln Hemmstraße und Münchener Straße vor einigen Jahren verkauft hat. Der private Investor hatte dafür große Pläne: Entstehen sollte ein Gewerbegebiet für kleinere Betriebe, auch von einem Kita-Neubau war die Rede.
Bisherige Pläne wurden nicht weiterverfolgt
Das östliche Gelände inklusive Güterbahnhof und „Oldenburger Kurve“, das zum Zuständigkeitsgebiet des Beirats Mitte gehört, befindet sich dagegen nach wie vor im Besitz der Deutschen Bahn. Ideen für eine Nutzung gab es bereits vor Jahrzehnten – doch weder der ambitionierte „Promotionpark“ noch der Freimarkt-Parkplatz wurden weiterverfolgt. Die Findorffer Grünen brachten das Gelände vor zwölf Jahren wieder ins Gespräch als grüne Lunge mit Erdwällen und Baumpflanzungen, Fotovoltaikanlagen, gärtnerischen Projekten, Hundeauslaufzonen und einem legalen Fuß- und Radweg als Abkürzung zwischen Findorff und der Innenstadt.
Passiert ist seither nicht viel. Der Zugang ist weiterhin nicht gestattet, die provisorischen Rampen im Tunnel Hemmstraße sind mit Zäunen versperrt. Einige Wildcamper lassen sich davon nicht abhalten, weiß Punke. Vor kurzem seien viele Bäume abgeholzt worden. Abgesehen davon habe man den Eindruck, „als ob sich niemand dafür interessiert“.
Dabei sei der Handlungsbedarf unstrittig. „Stromwende, Wärmewende, Verkehrswende, Klimawende, wer soll das alles umsetzen?“, heißt es in dem offenen Brief. „In Zukunft werden wir in allen Sektoren CO2 sehr konsequent minimieren und die Energieerzeugung auch in der Stadt auf komplett erneuerbar umbauen“, erklärt Punke. „Im urbanen Raum, dort wo viele Menschen arbeiten, und Mieter wohnen und verkehren, sind solche Transformationsprozesse deutlich komplexer als auf der grünen Wiese.“ Darum gelte es, lokale Chancen zu nutzen. Im Falle der Bahnbrache sei der Wille zur Transformation sogar Schwarz auf Weiß festgeschrieben. „Im Flächennutzungsplan der Stadt Bremen ist der Bereich als einzige Fläche im Stadtgebiet für Freiflächen- Fotovoltaik vorgesehen“, weiß der Findorffer Architekt und Projektentwickler.