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Findorffer Beirat Gemischtes Stimmungsbild zum Bewohnerparken

Der Betriebsplan für das Findorffer Modellquartier wurde jetzt den Ortspolitikern vorgestellt. Das Stimmungsbild der Findorffer ist durchwachsen.
14.05.2021, 17:00 Uhr
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Von Anke Velten / AVE

Der Entwurf des Betriebsplans zum Bewohnerparken in Findorff ist fertig. Im Rahmen der öffentlichen Sitzung des Findorffer Beirats wurde vorgestellt, wie es aussehen könnte, wenn im Quartier konsequent nach den Regeln der Straßenverkehrsordnung geparkt wird, wenn die Gehwege für die Fußgänger freibleiben, und Feuerwehr, Rettungswagen und Müllabfuhr problemlos um die Kurven kommen.

Das Findorffer Stimmungsbild: durchwachsen. Viele der zugeschalteten Bürgerinnen und Bürger interessierte weniger, auf welchen Seiten ihrer Straßen geparkt werden darf, oder an welchen Stellen Parkscheinautomaten und Fahrradbügel eingeplant sind. Sie fragten sich vor allem: Wohin dann mit den ganzen Autos? Auch der Beirat sieht vor einer endgültigen Entscheidung noch Klärungsbedarf – vor allem, was alternative Parkmöglichkeiten anbelangt. Außerdem werden die Verantwortlichen aufgefordert, die betroffene Nachbarschaft intensiver in die Planungen einzubeziehen.

Eine Mindestgehwegbreite von 1,80 Metern, eine Fahrbahnbreite von mindestens drei Metern, sowie die problemlose Befahrbarkeit der Kreuzungspunkte für Versorgungs- und Rettungsfahrzeuge: Das waren die Prämissen, die an den Betriebsplan gestellt wurden. Das beauftragte Planungsbüro PGT Umwelt und Verkehr mit Sitz in Hannover hatte die Aufgabe, unter diesen Voraussetzungen so viele Pkw-Stellplätze wie möglich in den insgesamt 73 Straßenabschnitten östlich und westlich der Admiralstraße einzuplanen, erklärte Geschäftsführer Horst Windmüller. Die Neuordnung des Straßenraumes habe zum Ziel, mehr Rettungssicherheit, mehr Barrierefreiheit und insgesamt mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität für die Bewohner zu gewährleisten. Der Wegfall „fehlgenutzter Parkstände“ etwa durch aufgesetztes Parken werde zu einem „gewissen Verlust an Parkständen“ führen, so der Verkehrsplaner.

Wie groß dieser Verlust konkret ausfallen würde, hatten die beiden Straßenraumanalysen der Bremer Planungswerkstatt „BMO – Stadt und Verkehr" errechnet. Die Gutachter hatten im Herbst 2019 zunächst das Gebiet zwischen Findorffstraße, Eickedorfer Straße, Admiral- und Hemmstraße untersucht. Auf Wunsch des Mobilitätsressorts war Ende 2020 ein zweites Gutachten für das gegenüberliegende Quartier zwischen Admiral- und Kastanienstraße nachgeliefert worden. Diese Daten hatten ergeben, dass insgesamt rund 370 Stellplätze wegfallen würden, auf denen bislang regelwidrig geparkt wird. Für die Ausweitung des Bewohnerparkquartiers auf den Bereich der Plantage spreche aber, das das vorwiegend gewerblich genutzte Gebiet vor allem abends und nachts den Parkdruck erheblich lindern  könnte, hieß es.

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Der Fragenkatalog an die Referenten Thomas Kirpal und Michael Glotz-Richter aus dem  Mobilitätsressort der Senatorin  für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtentwicklung (Skums) reichte für mehr als drei Stunden - in einer Sitzung, zu der sich zeitweise mehr als 150 Personen zugeschaltet hatten. Sie wäre noch deutlich länger ausgefallen, hätten sich alle Teilnehmenden zu Wort gemeldet, die über die Chat-Funktion ihre Meinungen äußerten: Auf der einen Seite diejenigen, die vorziehen, dass alles so bleibt, wie es ist, die ihre Freiheit bedroht sehen, der Politik den „Kampf gegen das Auto“ und Entscheidungen nach Gutsherrenart vorwarfen – auf der anderen diejenigen, die seit Jahren warten, dass etwas geschieht, und sich auf mehr Platz und Wohnqualität in ihren Straßen freuen. Wenn die Rettungsfahrzeuge nicht um die Kurven kämen, solle man doch kleinere Fahrzeuge bauen, schlug ein Anwohner vor. Wer sich einen Eindruck von der „tollen Mobilität“ in Findorff machen wolle, könne sich gerne seinen Rollstuhl ausleihen, sagte ein anderer. Dazwischen diejenigen, die das Vorhaben grundsätzlich begrüßen, aber eine schrittweise Gewöhnungsphase wünschen, und diejenigen, die Sonderregelungen brauchen – etwa das Geburtshaus an der Sommerstraße.

Beiratssprecherin Anja Wohlers (Grüne) hatte es bereits geahnt und eingangs auf die „hitzige Debatte“ verwiesen, die im Vorfeld entbrannt war. Der Verein der Findorffer Geschäftsleute fürchtet ernsthafte Konsequenzen für die wirtschaftliche Zukunft des Stadtteils, wenn Parkmöglichkeiten für die Kundschaft und die eigene Belegschaft abhandenkommen. Westlich der Admiralstraße hat sich eine Bürgerinitiative formiert, die die rechtlichen Grundlagen für das Bewohnerparken in ihrem Quartier anzweifelt, von einem weitaus höheren Parkplatzverlust ausgeht, und kritisiert, dass die Anwohner gezwungen würden, in „Angsträumen“ wie der Plantage zu parken. Auch im Beirat hatten sich die Positionen gespalten. FDP und CDU warnten in eigenen Stellungnahmen vor einem „Hau-Ruck“-Verfahren, das einen Verdrängungsverkehr erzeuge, unter dem der gesamte Stadtteil leiden werde.

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Dennoch bekräftigte der Beirat in einem gemeinsamen Beschluss die Notwendigkeit einer Verkehrswende. Es geht ohnehin wohl kein Weg daran vorbei: Die Stadt hat sich vorgenommen, den öffentlichen Raum nicht länger zu verschenken. In den kommenden Jahren werde die Bewirtschaftung des Parkens „über die ganze Stadt ausgerollt“, kündigte Mobilitätsmanager Kirpal an. „Die Findorffer sind einfach nur früher dran.“ Und Beiratssprecherin Wohlers weiß schon jetzt: „Wir werden nicht alle glücklich machen können.“

Zur Sache

Beiratsbeschluss zum Bewohnerparken

In dem gemeinsamen Beschluss auf Vorlage der SPD-Fraktion begrüßt der Findorffer Beirat die Maßnahmen zur Verkehrswende. Da in der Folge weniger Parkraum zur Verfügung stehe, müsse die Stadt  geeignete kompensatorische Maßnahmen aufzeigen und anbieten. Alternative Parkmöglichkeiten – etwa private und öffentliche Stellflächen oder eine neue „Quartiers-“ oder „Mobilitätsgarage“ - seien möglichst mit Beginn der Maßnahme zur Verfügung zu stellen. Des weiteren soll der Senat ein differenziertes Beteiligungsverfahren garantieren, das über schriftliche Informationen und Onlinepräsentationen hinaus geht. Außerdem fordern die Findorffer eine sozial gerechte und unkomplizierte Staffelung der Gebühren für das Bewohnerparken, die sich an anderen Städten vergleichbarer Größe und Struktur orientieren soll. Besondere Lösungen sollen für den Einzelhandel und Gewerbetreibende gefunden werden.

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