Wer derzeit etwas bauen will, muss Probleme einkalkulieren. Die Preise steigen, Lieferungen verzögern sich und bleiben manchmal ganz aus, weil die Baustoffe nicht da sind. Diese Meldungen gibt es das ganze Jahr über immer häufiger. Es sind nicht nur die Holzbretter im Baumarkt, die fehlen. Nicht nur Privatpersonen und kleinere Bauprojekte sind von den Engpässen betroffen, sondern auch die großen Vorhaben, Unternehmen und Bauträger. So auch die Bremer Straßenbahn AG (BSAG). Nachdem die Umbauarbeiten am Brill wegen Lieferengpässen verschoben werden mussten, kommt es nun zu Verzögerungen beim Bau des Gröpelinger Depots.
Die ersten Lärmschutzwände stehen an der Gröpelinger Heerstraße, verlegte Gleise deuten den neuen Abstellbereich für die Straßenbahnen an. Seit Mitte Januar schreitet der Umbau der zentralen Verkehrsdrehscheibe im Bremer Westen voran. Ein Jahr zuvor hatten Abrissbagger das alte Depot in seine Einzelteile zerlegt. Doch nun stockt die Neugestaltung des Betriebshofs, der Umsteigeanlage und des städtebaulichen Umfeldes. Es hakt bei der Umsteigeanlage. "Es mangelt an Holz in der geforderten Qualität und zu einem angemessenen Preis", sagt BSAG-Sprecher Andreas Holling. Das Holz wird unter anderem für eine Dachkonstruktion gebraucht. Nun würden andere Arbeiten vorgezogen werden, aber die Bauzeit könnte sich um zwei bis vier Monate verlängern. Geplant ist, das Depot bis zum Jahr 2023 fertig zu bekommen.
Durch die Corona-Pandemie befindet sich der Baustoff-Markt in einem schwierigen Zustand. Die Folgen bekommt die gesamte Baubranche zu spüren - es fehlt nicht nur an Holz, sondern auch an Stahl, Kunststoffen oder Dämmmaterial. Das Problem ist vielschichtig. Die Anbieter haben Schwierigkeiten, weil die Lieferketten nicht mehr wie gewohnt funktionieren. Wegen der Pandemie schickten Unternehmen ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit, die Stahlindustrie fuhr ihre Produktion herunter - beides macht sich nun bemerkbar.
Das kommunale Verkehrsunternehmen erwischte es als Bauträger gleich mehrfach. An der Brill-Kreuzung standen die Baumaschinen kurz vor den Sommerferien bereits in den Startlöchern. Anfang Juni kam die Absage: Das von der Bremer Straßenbahn AG beauftragte Bauunternehmen hatte Lieferengpässe und konnte Weichen nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen. Die millionenschwere Großbaustelle musste um ein Jahr verschoben werden. Auch die Gleisbauarbeiten an der Westerstraße/Langemarckstraße kamen nicht ganz ohne Komplikationen aus. Hier fehlte es an Kunststoffen, die nicht geliefert werden konnten, wie BSAG-Sprecher Holling bestätigt. In der Neustadt sind die Arbeiten mittlerweile aber weitgehend abgeschlossen.
Bei den Projekten der BSAG und vor allem in Gröpelingen sei das Problem des Materialmangels schon etwas größer, sagt Thomas Kurzke, Präses der Bremer Handwerkskammer. "Es gibt in Bremen aber auch unglaublich viele kleinere Baustellen, auf denen die Handwerker auf Material warten", sagt Kurzke. Das betreffe tatsächlich so gut wie alle Bereiche. Dem einen fehlen die Türen, dem anderen der Schnell-Estrich. "Dadurch verschleppen, verzögern und verschieben sich die Baustellen nicht mehr nur um Wochen, sondern um Monate", sagt der Handwerkskammer-Präses und nennt ebenfalls Produktionsengpässe, fehlende Container für den Schiffstransport, mangelndes Fachpersonal oder Kurzarbeit als Gründe.
Im Frühsommer habe er noch die Hoffnung gehabt, dass sich der Markt im Herbst wieder erhole und normalisiere. Stattdessen kämen viele Lieferanten mit der Produktion nicht mehr hinterher. "Das ist langsam beängstigend, weil die Preise astronomisch steigen", sagt Kurzke, der Geschäftsführer eines Malereibetriebs ist. Mittlerweile gebe es auch bei den Farben einen Preisanstieg - seit Oktober um 30 Prozent - und die ersten Mangelerscheinungen. In der vergangenen Woche habe er beispielsweise eine Fassadenfarbe nicht bekommen, habe auf ein anderes Produkt ausweichen müssen, sagt Kurzke. Noch seien die Bücher der Handwerker voll - und auch das bekommen die Kunden zu spüren: die Aufträge stauen sich.