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Baumaterial wird zum raren Gut Handwerk in Bremen fordert Hilfe

Die Preissteigerungen beim Baumaterial von zehn, 20 oder 50 Prozent seit September vergangenen Jahres bringt das Handwerk in große Schwierigkeiten. Bremens Wirtschaftssenatorin soll helfen.
01.06.2021, 16:48 Uhr
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Handwerk in Bremen fordert Hilfe
Von Jürgen Hinrichs

Das Handwerk steckt in der Bredouille: einerseits volle Auftragsbücher, andererseits galoppierende Preise beim Material und Mangel an Nachschub. Die Vertreter der Betriebe in Bremen und Bremerhaven haben sich deshalb jetzt bei Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) zu einem Krisengespräch getroffen, um auszuloten, in welcher Form die öffentliche Hand helfen kann.

Eine der Forderungen ist, dass Bremen dort, wo es Einfluss hat, diesen auch schnellstmöglich ausüben sollte, heißt es in einer Mitteilung der Handwerkskammer von Dienstag. Andreas Meyer, Hauptgeschäftsführer der Kammer, schlägt vor, dass bei Baumaßnahmen des Landes und seiner kommunalen Einrichtungen ähnliche Regelungen getroffen werden sollten wie bei Bauvorhaben des Bundes. Dazu gehören laut Meyer sogenannte Preisgleitklauseln, die das Risiko von drastischen Preissteigerungen zwischen Vertragsschluss und Ausführung reduzieren. Außerdem sollten Handwerksbetriebe, die aufgrund des Baustoffmangels Verträge nicht rechtzeitig erfüllen können, längere Fertigstellungsfristen bekommen und von möglichen Vertragsstrafen freigestellt werden.

„Betriebe, die im Herbst Festpreisangebote gemacht haben, werden von den Preissteigerungen kalt erwischt. Wenn es sich um größere Aufträge handelt, kann das existenzbedrohend sein. Es wird Insolvenzen geben“, warnt Matthias Winter, Kreishandwerksmeister und Obermeister der Tischler-Innung Bremen. Die explodierenden Baustoffpreise würden sich zunehmend als Konjunkturbremse erweisen und einzelne Betriebe trotz voller Auftragsbücher zu Kurzarbeit zwingen. Besonders betroffen seien die Bau- und Ausbaugewerke.

Kai Schulz, Inhaber von Warneke & Schulz, spricht von "irren Preissteigerungen". Die Firma baut Bäder und Heizungen und benötigt dafür zum Beispiel Kupfer-Fittinge. "Die kosten jetzt nicht mehr 2,50 Euro das Stück, sondern 3,50 Euro", sagt Schulz. Er verkaufe das Material mittlerweile günstiger, als er es einkaufe. Doch das sei nur die eine Seite des Problems: "Wenn ich eine neue Heizung einbaue, kommt sie vom Großhändler normalerweise komplett, jetzt kann schon mal was fehlen."

Eine weitere Herausforderung für Handwerksbetriebe ist nach Angaben der Kammer der höhere Liquiditätsbedarf. Baustoffe würden nicht nur teurer, sondern müssten auch deutlich länger vorfinanziert werden. Darüber hinaus würden Kreditlinien bei Großhändlern gebunden, sodass Betriebe keine weiteren Bestellungen aufgeben könnten. "Aus diesem Grund fordert das Handwerk zusätzliche Liquiditätshilfen für Betriebe, die stark von der derzeitigen Situation auf dem Baustoffmarkt betroffen sind", schreibt die Kammer.

Nach Beobachtung der Betriebe hat der drastische Preisanstieg im vierten Quartal vergangenen Jahres begonnen. In Mitleidenschaft gezogen würden vor allem Maurer und Zimmerer, Dachdecker, Tischler und Maler. Auch Metallbauer bekämen die Lieferengpässe und extremen Teuerungen zu spüren. Holz ist nach Darstellung der Handwerkskammer seit September um 15 bis 20 Prozent teurer geworden. Mineralölerzeugnisse um 15 Prozent und Betonstahl um 30 Prozent. Beim Material für die Wärmedämmung und teilweise auch für den Trockenbau seien die Preise um bis zu 50 Prozent gestiegen.

„Die aktuellen Preissteigerungen und Lieferschwierigkeiten vieler wichtiger Rohstoffe und Vorprodukte stellen besonders die Bauwirtschaft vor große Herausforderungen und beeinträchtigen die wirtschaftliche Erholung", erklärt Wirtschaftssenatorin Vogt auf Anfrage des WESER-KURIER. Die Probleme seien sehr komplex, regionale Lösungen böten keine wirkliche Abhilfe. "Vor dem Hintergrund habe ich mich mit meinen Wirtschaftskollegen in den anderen Bundesländern dafür eingesetzt, Gespräche auf Bundesebene zu führen, um länderübergreifende Lösungen anzustreben“, so Vogt. Kleinere Ansätze, mit denen Bremen direkt helfen könne, seien gerade in der Prüfung. Als Beispiel nennt Vogt die Preisgleitklausel für Landesbauvorhaben.

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