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Bremer Jugendkirche Der Abriss des Turms der Philippuskirche in Gröpelingen droht

Nachdem im Juli bekannt geworden war, dass die Bremische Evangelische Kirche den Turm der Philippuskirche in Gröpelingen abreißen will, hat sich nun der Stadtteilbeirat eingeschaltet.
28.09.2018, 20:07 Uhr
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Der Abriss des Turms der Philippuskirche in Gröpelingen droht
Von Anne Gerling

Was sie mitten in den Sommerferien im Stadtteilkurier zu lesen bekamen, das traf einige Mitglieder des Gröpelinger Beirats fast wie ein Schlag: Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) plant, den fast 30 Meter hohen Turm der Philippuskirche an der Seewenjestraße abzureißen.

Was ist dran an diesen Plänen? Ist das Vorhaben noch aufzuhalten? Der Fachausschuss „Integration, Kultur, Arbeit und Wirtschaft“ hat jetzt das Projekt „Jugendkirche Garten Eden 2.0“ der BEK besucht, die seit August 2009 in der Gröpelinger Kirche beheimatet ist. Von Diakon Lars Ackermann, der die Jugendkirche seit einem Jahr leitet, wollten sie dabei Näheres zu dem möglichen Kirchturm-Abriss in Erfahrung bringen.

Der Diakon zeigte sich bei dem Treffen alles andere als glücklich mit der Entwicklung der Dinge. Der Turm sei in der Tat marode, bestätigt er – aber nicht einsturzgefährdet. So dringe etwa an der Verbindungsstelle zwischen Turm und Hauptgebäude Wasser ein. Die Bauabteilung der BEK habe für eine Sanierung Kosten in Höhe von 200 000 Euro veranschlagt, war außerdem zu erfahren. Dieser Summe stünde demnach bei einem Abriss ein Betrag von 50 000 Euro gegenüber.

Städtebaulicher Orientierungspunkt

Nachdem im Juli Eberhard Syring, Professor für Architekturtheorie und Baugeschichte an der Hochschule Bremen und damals noch Wissenschaftlicher Leiter des Bremer Zentrums für Baukultur (BZB), die Abrisspläne scharf kritisiert hatte, hat sich im August das Landesamt für Denkmalpflege mit der Bauabteilung der BEK in Verbindung gesetzt.

Die von den Architekten Friedrich Schumacher und Claus Hübener entworfene Anlage „zählt zu den architektonisch überdurchschnittlich qualitätvollen Nachkriegskirchen Bremens“, heißt es in einem Schreiben der Landesdenkmalpflege an die BEK vom 15. August, das der Redaktion des WESER-KURIER vorliegt.

Da im Inneren der Kirche mit dem Einzug der Jugendkirche baulich einiges verändert worden war, hatten sich die Denkmalpfleger zwar seinerzeit dagegen entschieden, das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen. Dennoch appellierten sie nun in ihrem Brief an die Kirchenvertreter: „Die Kirche hat nicht nur als Sakralbau, sondern auch in städtebaulicher Hinsicht für Gröpelingen hohe Bedeutung. Ein Abriss des Turmes hätte Auswirkungen auf die gesamte nähere bauliche Umgebung, ein wichtiger städtebaulicher und kirchlicher Orientierungspunkt des Stadtteils ginge für die Allgemeinheit verloren.“

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In ihrem Schreiben haben die Landesdenkmalpfleger Unterstützung angeboten und raten, nach einer kostengünstigen Methode zur Ertüchtigung des Gebäudes zu suchen. Sowohl Kultur vor Ort als auch der Präventionsrat Bremen-West hatten sich im August im sozialen Netzwerk Facebook für den Erhalt des Turms stark gemacht. „Ich bin gegen den Abriss.

Der Turm der Philippuskirche (Jugendkirche) in der Seewenjestraße ganz in der Nähe des TURA-Vereinszentrums und der Bezirkssportanlage gehört zum Stadtteilbild von Gröpelingen“, schrieb dort auch Ekkehard Lentz, Pressesprecher des Turn- und Rasensportverein. Mehrere Gröpelinger unterstrichen außerdem, der Turm gehöre doch einfach nach Gröpelingen, seine vertrauten Glockenklänge gäben ihnen ein Gefühl von Heimat.

Auch Lars Ackermann, der seit etwa einem Jahr mit den drei Glocken oben im Turm immer sonnabends von 17.55 Uhr bis 18 Uhr den Sonntag einläutet und darauf schon viele positive Rückmeldungen erhalten hat, ist dem markanten schlichten Kirchturm emotional stark verbunden. „Ich habe 21 Jahre lang hier gelebt, dies ist meine Konfirmationskirche und ich konnte von meinem Zimmer aus darauf gucken“, erzählt er. Unabhängig von der persönlichen Beziehung halte er es für besonders wichtig, als Kirche im Stadtteil weiterhin Präsenz zu zeigen: „Und dazu gehören auch ein Turm und eine Glocke. Ich finde es einen völlig falschen Schritt, den Turm abzureißen.“

Jugendkirche-Projekt soll weiter finanziert werden

Eine Sichtweise, die die Gröpelinger Ortspolitiker teilen, wie sich in der Sitzung schnell zeigte. „Ich bin überzeugt: In einem anderen Stadtteil würde so etwas nicht passieren“, sagt etwa der stellvertretende Ausschusssprecher Muhammet Tokmak (SPD). Für ihn steht ganz eindeutig fest: „Egal, ob Kirche, Moschee oder Synagoge: Ein Gebäude, das eine ganz bestimmte Rolle im Stadtteil hat, aus Kostengründen zurückzubauen, fände ich skandalös. Ich bin eigentlich schockiert, dass die Kirche diese Gedankengänge hat.“

Einstimmig beschlossen die Ortspolitiker sodann, sich in der Angelegenheit einzuschalten: Sie wollen den BEK-Vorstand sowie den Senator für Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften auffordern, sich für den baulichen Erhalt des Glockenturms einzusetzen.

Bei deser Gelegenheit will sich der Beirat gegenüber den entscheidungstragenden Stellen auch gleich mit Nachdruck dafür einsetzen, das derzeit noch bis Sommer 2020 befristete Jugendkirche-Projekt in der ehemaligen Philippuskirche unbefristet weiter zu finanzieren, da dort nach Beobachtung des Beirats wichtige Jugendarbeit geleistet wird.

Weitere Gelder in Form einer Initiative

In die Philippuskirche war an diesem Abend auch Klaus Puppa gekommen, der in der Vergangenheit für die SPD im Gröpelinger Beirat saß. Inzwischen engagiert sich der Gröpelinger, der in der Philippuskirche getauft und konfirmiert wurde, als Mitglied der CDU Bremer Westen unter andrem in Sachen Kirchturm-Erhalt. „Ich habe mich umgehört, was es für Möglichkeiten gibt“, meldete er sich nun zu Wort. Vorstellbar sei etwa, dass die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann über das Denkmalschutzsonderprogramm VIII beim Beauftragten für Kultur und Medien beim Bund Mittel beschaffen könnte. Dies setze allerdings einen Denkmalschutz und eine Förderung der Kommune voraus.

„Es gibt außerdem zwei Menschen, die dem Stadtteil verbunden sind und Großspenden zur Verfügung stellen würden. Ich würde mich da gerne einsetzen.“ Weitere Gelder könnten in Form einer Initiative im Stadtteil aufgebracht werden, so Puppa weiter.

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