„Irgendwann muss ja mal Schluss sein“, findet Helga Wohlers. Zum Jahreswechsel hat die 91-jährige Gröpelingerin eine Entscheidung gefällt: Nach 50 Jahren hört sie als Übungsleiterin beim Turn- und Rasensportverein Bremen (Tura) auf. Somit heißt es nun Abschied nehmen von der Frauenturngruppe, deren Leitung sie 1975 von einer Freundin ihrer Mutter übernommen hatte und die sie in all den Jahren nur äußerst selten mal hat ausfallen lassen müssen.
Seit 1948 ist Helga Wohlers Mitglied in dem Gröpelinger Traditionsverein, sechs Präsidenten hat sie während dieser Zeit miterlebt. Mehr als 20 Jahre hat mittlerweile Dirk Bierfischer das Amt inne, der sich nun bei der passionierten Turnerin für ihren Einsatz und die „Wahnsinnszeit“ bedankte: „Ich kann gar nicht in Worte fassen, was du für den Verein geleistet hast!“ Und so verabschiedete er sie nun eben auch „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“.
Turnerinnen der ersten Stunde
Unter den rund 30 Damen in Helga Wohlers‘ Mittwoch-Turngruppe, die sich selbst irgendwann den Namen „Hupfdohlen“ gegeben haben, sind bis heute drei Turnerinnen der ersten Stunde und eine Dame, die vor 40 Jahren dazustieß. „Eure Truppe – die gibt es nur einmal in Bremen. Helga hat euch immer zusammengehalten“, sagt der Tura-Präsident über die Gymnastikgruppe, die gemeinsam auch viel gereist ist und für die der Klönschnack bei einem Gläschen Sekt nach dem Turnen fester Bestandteil des Trainings ist. Für die Gruppe soll es nach Möglichkeit weitergehen, der Verein sucht Bierfischer zufolge derzeit nach einer Lösung: „Aber wir haben große Probleme mit dem Ehrenamt.“
Denn Menschen wie Helga Wohlers, die bereits 2014 vom damaligen Bürgermeister Jens Böhrnsen für ihr langjähriges uneigennütziges Engagement mit einer Urkunde geehrt wurde, werden immer seltener. Leicht falle ihr der Schritt nicht, sagt die ehemalige Fachverkäuferin im Sanitätsbereich, die früher im Sanitätshaus am Dobben gearbeitet hat. Auch wenn sie ab jetzt nicht mehr verpflichtet ist, regelmäßig in der Halle zu stehen – sie wird, davon kann man ausgehen, auf jeden Fall weiter Sport treiben und den Kontakt zu ihrer Tura-Familie halten. Denn: „Tura ist mein Verein, und ich muss mich bewegen. Ich kann vielleicht auch mal Aushilfe machen. Meine Trainerlizenz ist gerade noch mal für vier Jahre verlängert worden.“
Daumendrücken am 20. Januar
Am 20. Januar wird die überzeugte Turanerin ihrem Verein jedenfalls fest die Daumen drücken: Nachdem der Turn- und Rasensportverein im November auf Landesebene für sein besonderes gesellschaftliches Engagement mit dem „Großen Stern des Sports“ in Silber ausgezeichnet worden ist, repräsentiert er dann das Bundesland Bremen beim großen Bundesfinale in Berlin, bei dem alle Finalisten auf die Erstplatzierung, den „Großen Stern des Sports“ in Gold und einen Siegerscheck in Höhe von 10.000 Euro, hoffen. Seit 2004 führt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gemeinsam mit den deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken diesen Wettbewerb durch, bei dem gesellschaftspolitisches Engagement der Sportvereine prämiert wird. In dem Film zum Thema „130 Jahre Tura Vereinsleben“, für den der Verein auf Landesebene ausgezeichnet wurde, ist unter anderem Helga Wohlers zu hören und zu sehen.