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Stadtentwicklung in Gröpelingen Lindenhof soll wohnlicher werden

Im Liegnitzquartier wird schon einiges getan, um die Wohn- und Lebensqualität zu verbessern. Aber reicht das? Eine Voruntersuchung könnte klären, ob ein neues Sanierungsgebiet hilfreich wäre.
22.09.2021, 17:30 Uhr
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Lindenhof soll wohnlicher werden
Von Anne Gerling

Seit zweieinhalb Jahren arbeitet das Team von Kultur vor Ort im Zuge des Stadtentwicklungsprojekts „Europa Zentral“ daran, mit den Mitteln von Kunst und Kultur das Zusammenleben der Menschen rund um den Liegnitzplatz zu stärken: Im „Mosaik“ treffen sich Menschen aus der Nachbarschaft, es werden gemeinsame Feste gefeiert, Kinder haben den Container auf dem Spielplatz bemalt, und am Sonnabend, 19. September, verwandelten sich zur Freude vieler Kinder und ihrer Eltern einige Straßen beim Liegnitzplatz für ein paar Stunden in eine Spielstraße.

Nachdem der bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen beliebte Spielplatz im Sommer so verdreckt war, dass er vorübergehend gesperrt werden musste, soll er demnächst saniert werden – auch dies ist eine gute Nachricht. Um allerdings die Wohn- und Lebensqualität im Liegnitzquartier langfristig zu verbessern, braucht es womöglich noch mehr Anstrengungen.

Denn nach dem 1991 begonnenen Sanierungsprozess steht Gröpelingen als Bremens „Ankommensstadtteil“ und „Integrationsmotor“ seit 2015 vor neuen großen Herausforderungen, weiterhin treffen dort soziale Probleme auf einen starken Sanierungsstau. So haben Bremens Stadtentwickler alleine in der unmittelbaren Umgebung des Liegnitzplatzes etwa 30 baufällige oder leer stehende Immobilien gezählt.

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Und so wird im Bauressort aktuell über langfristige städtebauliche Maßnahmen im Ortsteil Lindenhof nachgedacht – etwa darüber, ein neues Sanierungsgebiet einzurichten. Eine entsprechende Voruntersuchung könnte über das Integrierte Entwicklungskonzept (IEK) finanziert werden, in dem 2014 verschiedene Maßnahmen zur Aufwertung des Stadtteils gebündelt wurden und mit dessen Fortschreibung bis 2029 Gelder aus den Bund-Länder-Programmen der Städtebauförderung in den Stadtteil fließen können. Die Baudeputation wird voraussichtlich am 30. September darüber entscheiden, ob eine derartige Erhebung in Auftrag gegeben wird. Dabei würden gemeinsam mit Eigentümern, Mietern und Pächtern sämtliche Mängel im Gebiet erfasst und Planungsziele formuliert, was nach Einschätzung der Verantwortlichen voraussichtlich etwa ein Jahr in Anspruch nehmen würde.

Das Ziel zukünftiger Maßnahmen müsse es sein, Problem- und Schlüsselimmobilien wieder instand zu setzen, sagt Jan Casper-Damberg, der als Abschnittsleiter Stadterneuerung im Bauressort die Umsetzung der IEK-Projekte organisiert und betont: „Wir sind noch lange nicht so weit, dass wir hier wirklich ein Sanierungsgebiet bekommen.“ Käme es so, dann wäre als letztes Mittel theoretisch die Enteignung von Schrottimmobilien möglich – auch wenn bislang noch eine städtische Gesellschaft fehlt, die einzelne Häuser aufkauft und verwertet.

Womit Casper-Damberg nicht gerechnet hatte: Nicht bei allen Gröpelinger Ortspolitikern löst die Aussicht auf eine Voruntersuchung oder gar ein neues Sanierungsgebiet spontane Freude aus, wie sich unlängst in einer Beiratssitzung zeigte. Ute Pesara (CDU) etwa verweist darauf, dass im 1991 begonnenen Sanierungsprozess nicht alle geplanten Vorhaben auch realisiert wurden. So gebe es noch immer einige Baulücken, und der Pastorenweg-Abschnitt zur Lindenhofstraße hin sei am Ende nie saniert worden. CDU-Fraktionssprecher Arndt Overbeck warnt gar vor der Verschwendung von Geldern für etwaige Maßnahmen. Grünen-Fraktionssprecher Dieter Steinfeld befürchtet neuerlichen Ärger zum Thema Sanierungsabgabe und warnt davor, dass sich in einem Sanierungsgebiet genau jene Immobilienbesitzer bereichern könnten, die systematisch Häuser verkommen ließen. Martin Reinekehr (SPD) wiederum rät dazu, ein etwaiges Sanierungsgebiet großräumiger zuzuschneiden und auch Quartiere nördlich der Heerstraße einzubeziehen.

Für eine differenziertere Sichtweise plädiert Lutz Liffers (Grüne). „Dort, wo heute die Stadtbibliothek steht, könnte auch ein Lidl stehen, und die Volkshochschule wäre ohne Sanierung immer noch in Walle“, sagt er und kann eine lange Liste aufzählen. Die beiden Torhäuser, das Lindenhof-Center, der Fähranleger, das Atelierhaus Roter Hahn – ohne das 1991 eingerichtete Sanierungsgebiet Gröpelingen gäbe es all dies heute nicht: „Deshalb halte ich es für klug zu prüfen, ob Sanierungsrecht ein Mittel ist, um den Stadtteil nach vorne zu bringen.“

Zur Sache

Sanierungsrecht in Gröpelingen

Angesichts von immer mehr Leerstand und einer drohenden Verödung des Stadtteils beschloss die Stadtbürgerschaft am 17. September 1991 das Ortsgesetz über die förmliche Festlegung eines Sanierungsgebietes „Gröpelingen“.

Die Kehrseite der Medaille: Damit drohte etwa 950 Grundstückseigentümern die Zahlung einer Sanierungsabgabe. So gründete sich im November 1997 die Initiative „Bürger im Sanierungsgebiet Gröpelingen“ (BIS) um Anwohner Günter Reichert: In Einwohnerversammlungen trafen sich bis zu 350 Bürger, um ihrem Unmut Luft zu machen. Nachdem sich die Medien immer häufiger des Themas Sanierungsabgabe in Gröpelingen angenommen hatte und der größte Teil der Gröpelinger Vereine und Institutionen seine Solidarität mit den Betroffenen bekundete, kam mit einer Entscheidung des Bausenators Jens Eckhoff der erste große Durchbruch: Nunmehr blieben nur noch 31 betroffene Grundstücke übrig, und die Höhe der Abgabe wurde mit Beträgen zwischen fünf und 20 Euro (statt ursprünglich 100 Euro) pro Quadratmeter beziffert.

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