Vier überzeugte Fahrradfahrer, ein Fahrradmuffel – so sieht die Zusammensetzung für den Test der noch nicht fertiggestellten Fahrradpremiumroute D.15 von der Erdbeerbrücke in Hastedt bis zum Bahnhof Mahndorf aus. Der Fahrradmuffel ist dabei der Autor, der Wind und Wetter trotzend viele bequeme und schnelle Passagen auf der etwa acht Kilometer langen Route erleben konnte. An anderen Stellen des Radwegs für Zweirad-Enthusiasten hingegen hakt es noch – und das frustriert.
Start an der Erdbeerbrücke
An der Erdbeerbrücke warten Stefan Matthaeus vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC), Lutz Schmauder-Fasel vom Amt für Straßen und Verkehr (ASV) und Anne Mechels, Verantwortliche im Bau- und Mobilitätsressort. Sie werden die Tour bis zum Mahndorfer Bahnhof begleiten.

Lutz Schmauder-Fasel (von links), Carsten Koczwara, Anne Mechels und Stefan Mattheaus testen die Premiumroute D.15.
Gleich zu Beginn der Tour steht mit dem Knotenpunkt am Osterdeich/ Erdbeerbrücke eines der größten Hindernisse für den zukünftigen zügigen Radfahrerfluss. An der viel befahrenen Kreuzung müssen derzeit Radfahrer und Fußgänger noch an Ampeln warten – das ist auf Premiumrouten nicht gewollt.
Hier ist deswegen die mit Abstand aufwendigste Ingenieurleistung geplant: ein Einschnitt mit einer Brückenkonstruktion soll künftig Fuß- und Radverkehr unter der Straße hindurch führen. "Das hat den Vorteil, dass es keine Wartezeiten mehr gibt", erklärt Anne Mechels.
Am Fuß des Osterdeichs sollen die Anschlüsse an die Kleingartengebiete für die Premiumroute genutzt werden. Mit in die weitere Planung einfließen soll auch ein derzeit sehr enger Bereich auf der Erdbeerbrücke. "Da muss etwas passieren", sagt Stefan Matthaeus. Tatsächlich kommen sich entgegenkommende Radfahrer an der Stelle sehr nahe. Matthaeus betont: "Diese Anschlüsse sind extrem wichtig, denn enorm viele Radfahrer nutzen die Erdbeerbrücke."
2000 bis 3000 Radfahrer pro Tag – das sind Bundesvorgaben für Premiumrouten. An der Erdbeerbrücke liegt man schon ohne Premiumroute weit drüber. Nach Angaben von Mechels nutzten bis zu 6000 Radfahrer täglich den Knotenpunkt.
Hemelingen fährt voran
Richtung Mahndorf geht es nun oben auf dem Osterdeich weiter. Schon beschlossen ist dort ein Ausbau zwischen Fährstraße und Wehrschloss. Künftig geht es dort auf einem breiten Fahrradweg Richtung Kraftwerk, der Fußgängerverkehr wird auf den jetzt bestehenden Radweg verlegt. Der Beirat Hemelingen hatte dieser Änderung, die ab 2023 umgesetzt werden soll, schon zugestimmt.
Überhaupt ist man in Hemelingen schon weiter als in anderen Stadtteilen, denn Hemelingen genießt in den Planungen Priorität. "Wir haben in Hemelingen Netzlücken, die geschlossen werden sollen", so Mechels.
Tatsächlich sind solche Lücken ab dem SWB-Kraftwerk zu erkennen. In der Föhrenstraße sind die letzten Arbeiten am Ausbau der Premiumroute inzwischen abgeschlossen. Ein breiter Radweg säumt die Straße, Parken ist nur noch auf der anderen Seite erlaubt. Dann treffen Radler mit der Pfalzburger Straße auf ein Hindernis. "Vielleicht können wir noch etwas an der Ampelschaltung machen", sagt Schmauder-Fasel mit Blick auf die rote Ampel.
Weiter geht es von der Föhrenstraße in die Straße Alter Postweg und ab hier wird es für Fahrradfahrer abenteuerlich – die besagten Lücken entpuppen sich als groß kopfige Pflastersteine, Asphaltflicken und Schlaglöcher. Auf dieser Strecke wird aus Milch Sahne. Ein Nadelöhr dann die Eisenbahnüberführung an der Ahlringstraße. Bis zur Hemelinger Bahnhofstraße: Kopfsteinpflaster. Radler weichen hier auf den Gehweg aus – eigentlich nicht erlaubt.
Kritik an Plänen am Coca-Cola-Könecke-Gelände
Diese Rumpelstellen sollen aber schon bald geglättet werden. Im Alter Postweg wird der gesamte Straßenzug ab September dieses Jahres umgestaltet, die Straße zur Fahrradstraße umgewidmet. Die Ahlringstraße bekommt Anfang 2023 zunächst ein Asphaltprovisorium, bis klar ist, was auf dem Coca-Cola-Könecke-Gelände, das nördlich und südlich anschließt, geschieht.

Lutz Schmauder-Fasel (vorne) zeigt, wo sich bald etwas für die Premiumroute tun wird: auf der noch holprigen Ahlringstraße.
An den bisherigen Pläne, die Ahlringstraße künftig zu einer Erschließungsstraße für das neue Wohngebiet zu machen, lässt Matthaeus kein gutes Haar. "Das Problem daran wird sein, dass hier viele Autos fahren werden. Das ist eher eine Radverkehrverhinderung." Sein Vorschlag: "Die Erschließung sollte nur zu geringem Teil über die Ahlringstraße geschehen und die Haupterschließung von der Hemelinger Bahnhofstraße."
Ohne konkrete Planungen ist bisher der Bereich ab der Bahnhofstraße bis zum Mahndorfer Bahnhof. Auf der Strecke stößt Carsten Koczwara, Beiratsmitglied für die Partei Hemelingen, zu der Gruppe dazu. Der Mahndorfer besitzt keinen Führerschein, ist auf das Fahrrad angewiesen.
Neben der bisher ungelösten Frage wie die Premiumroute am Knotenpunkt Brüggeweg und Christernstraße geführt werden könnte, bereitet ihm besonders der Bereich rund um den Bahnhof in Mahndorf Sorgen. Bis kurz vor dem Bahnhof fährt es sich schon jetzt im Bereich Ortwisch und Osterhop sehr flüssig. Der Ortwisch ist bereits seit 2020 als Fahrradstraße ausgewiesen.
Dann stoppt der Regen die Gruppe an der Eisenbahn-Unterführung Hemslinger Weg. Bis hierher rumpelt es sich über einen Feldweg entlang der Bahnlinie – Zeugnis einer Abstimmung zahlloser Passanten mit Füßen, wo der Weg von Arbergen zum Bahnhof lang führen soll. Der Trampelpfad soll einem asphaltierten Geh- und Radweg mit 2,5 und 3,5 Meter Breite weichen. Was bleibt, ist der 2,6 Meter schmale Tunnel. Koczwara befürchtet hier Probleme. "Das ist so eng, da wird es zu Unfällen kommen."
Ungelöste Probleme am Bahnhof
Am Bahnhof dann Ernüchterung: Hier müssen die Gleise gequert werden. Gar nicht so einfach: Bahnschranke runter, warten, Zug rauscht durch. Schranke hoch, durchfahren und schon geht die Schranke wieder runter. Im Schrankenbereich: keine Aufstellmöglichkeiten für Radfahrer, kein Fußweg. Matthaeus und Koczwara sind sich einig, dass dies der denkbar ungünstigste Übergang ist. "Hier steht man zwischen zwei und 20 Minuten", so Koczwara. Sein Fazit: "Das ist hier eine einzige Katastrophe." Auch Mechels hat noch keine konkrete Idee, wie dieses Problem gelöst werden kann. Sie wirft aber ein, dass die Premiumroute auch die Möglichkeit eröffnen könnte, den gesamten Bereich Ehlersdamm, Bahnübergang und Auf den Conroden neu zu denken.
Nach dem Sommer stehen Gespräche mit der Deutschen Bahn an. Voraussichtlich wird es darum gehen, ob die Premiumroute entlang und südlich der Bahnlinie über Bahngelände zur Wittorfer Straße geführt werden kann – das Problem der Schranken bliebe, aber für Radler ist dieser Übergang aufgrund des geringeren Autoverkehrs bequemer und sicherer.
Letzte Etappe Im Glühmoor: Hier, quer über den Spielplatz soll der Anschluss nach Achim gelingen. Offensichtlich ist das noch nicht überall angekommen: Eine neue Seilbahn steht im möglichen Trassenverlauf.