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Pfingstgemeinde in Hemelingen Lebendige Kirche ist Nachbarn zu laut

Die Gottesdienste einer afrikanischen Pfingstgemeinde im alten Gemeindehaus in Hemelingen stören die Sonntagsruhe von Nachbarn. Gemeinde und Nachbarn ringen nun um eine Lösung.
25.04.2019, 05:48 Uhr
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Lebendige Kirche ist Nachbarn zu laut
Von Christian Hasemann

Wurden sie einfach nur vergessen oder steckt mehr dahinter? Diese Frage stellen sich zur Zeit Lars Diegelmann und seine Freundin. Sie sind Mieter des ehemaligen Küsterhauses der evangelischen Gemeinde in der Christernstraße. Seit ein paar Wochen müssen sie mit den eher ungewohnt lauten Glaubensäußerungen einer afrikanischen Pfingstgemeinde leben.

„Die Musik ist laut mit Schlagzeug und Gitarre und Klatschen und Gesang“, sagt Diegelmann. „Evangelische und katholische Gottesdienste kenne ich und die dauern auch nur eine Stunde, aber das hier ist ein ganz anderes Kaliber.“ Das Paar verlässt nach eigenen Angaben das Haus inzwischen jeden Sonntag. „Wir denken uns immer etwas aus, wo wir hinkönnen“, sagt Diegelmann.

Die Krux mit dem Schall

Das Problem hängt auch mit der räumlichen Aufteilung der Gebäude zusammen: Das alte Gemeindehaus und dessen Saal grenzen direkt an das Küsterhaus an. Nur eine Wand trennt die Wohnung vom Gottesdienst. Es habe schon mehrere Gespräche mit der afrikanischen Gemeinde und dem Hemelinger Pastor Tilman Gansz-Ehrhorn gegeben, allerdings noch ohne Resultat.

„Vor zwei Wochen war angeblich ein Schalltechniker da, aber bisher ist noch nichts passiert“, sagt Diegelmann. Überhaupt werde an dem Haus seitens der evangelischen Kirche kaum noch etwas investiert. „Die Heizung verliert Wasser, es gibt feuchte Wände im Keller.“ Von der evangelischen Kirchengemeinde hätte sich das Pärchen eine bessere Kommunikation gewünscht. „Ich habe zufällig den Pastor auf dem Hof getroffen und da hat er mir erzählt, dass in einer Woche die Worshippers einziehen“, sagt Diegelmann.

Raphael Sunday Olabisi versichert, dass die Gemeinde unternehme, was sie könne. „Aber als wir nach Hemelingen umgezogen sind, wussten wir nicht, dass da direkt nebenan Nachbarn wohnen.“ Die Gemeinde sei nicht dort, um Lärm zu machen, sondern Gottesdienste zu feiern. „Ich kann das verstehen, aber es ist auch für uns schwer. Wir wollen niemanden belästigen, aber auch normal unsere Gottesdienste feiern.“

Und die Gemeinde habe auch schon etwas unternommen, um die Lautstärke zu senken. Hoffnung setzt der Pastor auf einen Lärmtechniker, der sich die Räume ansehen soll. „Wir müssen jetzt alle zusammenarbeiten“, so Olabisi. Es müsse zum Beispiel geklärt werden, woher das Geld für eine mögliche Dämmung kommen könnte. „Ich kann meine Leute nicht auf die Straße setzen.“

Lange haben die Pfingstler nach einem Ort gesucht, der besser für einen Gottesdienst geeignet ist, als mehrere enge Kellerräume in der Alfred-Nobel-Straße, in der sie zuvor ihre Gottesdienste gefeiert hatten. Unter Vermittlung der Zwischenzeitzentrale konnten sie in das ehemalige Gemeindehaus in der Christernstraße einziehen und mit religiösem Leben füllen. Der ehemalige Gemeindesaal sei genau richtig, sagt Olabisi. „Der ist super und gut zu erreichen für unsere Leute.“ Die Kinder freuten sich darüber, dass sie nun einen eigenen Raum hätten, in dem sie Unterricht bekommen.

Möglich ist, dass die evangelische Kirche die lebendigen Gottesdienste mit Musik, Gesang und Tanz der afrikanischen Gemeinde ganz einfach unterschätzt hat. In der Regel gehen Gottesdienste in der europäisch-christlichen Tradition ja eher gravitätisch über die Bühne. Salopp formuliert: Da, wo früher wohl eher das Kinn ermattet auf die Brust sank, springen die Gläubigen nun elektrisiert auf. Und das macht natürlich Lärm. Olabisi übt sich derweil in Optimismus: „Wir geben uns Mühe und es wird eine Lösung geben!“ Auch Pastor Gansz-Ehrhorn bemüht sich, die Wogen zu glätten: „Wir sind dabei, das Ganze zu entschärfen.“

Pläne für die Zukunft

Hinter vorgehaltener Hand ist im Stadtteil aber auch das Gerücht zu hören, dass die afrikanische Worshipper-Gemeinde wohl dafür benutzt werde, um die Mieter zu vertreiben, denn diese stünden einem Verkauf, einer Sanierung oder einem Abriss im Wege. Allerdings: Was mit dem Gebäude geschehen soll, steht überhaupt noch nicht fest.

Vonseiten der zuständigen Immobilienverwaltung der evangelischen Kirche heißt es dazu nur, dass keine genauen Angaben zur Zukunft des Gebäudes gemacht werden könnten, es aber zur Zeit noch von der Gemeindeverwaltung, einem Hort und für Gemeindeveranstaltungen genutzt werde.

Im kommenden Jahr zieht voraussichtlich die Versöhnungsgemeinde wieder aus, die in der Christernstraße ein vorübergehendes Domizil gefunden hat, bis sie wieder an die Sebaldsbrücker Heerstraße ziehen kann. Gut möglich, dass dann ein Verkauf in der Christernstraße ansteht. Denn mit dem Verkaufserlös könnte ein Teil der Kosten des neuen Gemeindehauses auf der gegenüberliegenden Seite wieder eingespielt werden.

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