Ab kommendem Sommer soll die neue Stadtteil-Filiale der Sparkasse im Mühlenviertel bezugsfertig sein. Neu an dem Konzept: Nach Schalterschluss können die Räumlichkeiten für Veranstaltungen genutzt werden. Für die Horn-Leher Kunden bedeutet das mittelfristig allerdings auch, dass die Filialen an der Berck- und der Wilhelm-Röntgen-Straße als Automaten-Filialen ohne persönliche Kundenberatung weitergeführt werden. Im Beirat Horn-Lehe wird diese Entwicklung unterschiedlich bewertet.
„Betriebswirtschaftlich kann ich eine solche Entscheidung nachvollziehen“, sagt CDU-Fraktionssprecher Claus Gülke. „Für uns ist wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den beiden Filialen dann auch an dem neuen Standort eingesetzt werden. Gerade unsere älteren Mitbürger brauchen vertraute Ansprechpartner und auch oftmals Unterstützung bei der Bedienung der Automaten.“
„Horn-Lehe kann froh sein, eine so zentral gelegene Stadtteil-Filiale zu bekommen“, betont SPD-Fraktionssprecherin Catharina Hanke. Für Senioren allerdings werde diese Veränderung nicht einfach sein. „Ich hoffe, dass man die SB- Filialen so gestalten kann, dass Senioren dort Platz nehmen können“, sagt sie. Auch müsse deutlich erklärt werden, wie die Bedienung der Geräte funktioniere. Den neuen Veranstaltungsraum begrüße sie zwar sehr, hielte für Horn-Lehe aber einen eigenen Raum für den Bürgerverein und den Jugendbeirat nach wie vor für die beste Lösung.
Weite Wege für Senioren
„Die Grünen bedauern die Entscheidung der Sparkasse, ihr bisher sehr kundenfreundliches dezentrales Filialnetz zugunsten einer einzigen Hauptfiliale im Mühlenviertel aufzugeben“, erklärt Fraktionssprecher Dieter Mazur. „Viele Menschen, die ihre Bankgeschäfte gerne im persönlichen Gespräch erledigen oder Unterstützung beim Umgang mit den Bank- und Überweisungsautomaten brauchen, müssen dann weitere Wege in Kauf nehmen.“ Obwohl die neue Hauptstelle im Mühlenviertel in zentraler Lage sehr gut mit Bus oder Straßenbahn erreichbar sei, werde es für viele Menschen aus den Horner Seniorenheimen, wie etwa an der Riekestraße, beschwerlicher werden.
Hinsichtlich eines neuen Veranstaltungsraums für Horn-Lehe richten die Grünen ihren Blick nicht nur auf die neue Filiale, sondern auch in die Berckstraße. „Da im Beirat Horn-Lehe schon seit Jahrzehnten das Fehlen eines multifunktionalen Bürgerzentrums im Stadtteil beklagt wird, eröffnet sich mit der Aufgabe des Sparkassenstandorts an der Berckstraße die Möglichkeit für die Stadt, das Ortsamt und den Beirat, hierüber mit der Leitung der Sparkasse in konstruktive Gespräche einzutreten“, sagt Mazur. Dies gelte möglicherweise ebenso für den Bürgerverein Horn-Lehe, der immer noch auf der Suche nach einem festen, aber auch kostengünstigen Domizil sei. Ob andernfalls die Mühlenviertel-Filiale als Ersatz für ein festes Bürgerhaus tauge, hänge entscheidend von den angebotenen Konditionen ab. „Die zentrale Lage und die gute verkehrliche Erreichbarkeit sind aber auf jeden Fall eine gute Option“, sagt Mazur. „Da die Entscheidungen zu den Filialen gefallen sind, und der Neubau im Mühlenviertel zügig voranschreitet, sollten Sparkasse, Ortsamt, Beirat und die zuständigen Senatsressorts sehr bald zu gemeinsamen Gesprächen über die weitere Stadtteilentwicklung zusammenkommen.“
Dass das neue, erweiterte Servicekonzept mit den Stadtteil-Filialen auch ein reduziertes Service-Angebot in dem bisherige Filialnetz nach sich ziehen würde, sei absehbar gewesen, konstatiert FDP-Fraktionssprecher Ulf-Brün Drechsel. „Ich hatte daher schon frühzeitig gegenüber den Verantwortlichen der Sparkasse deutlich gemacht, das der Grad der Automatisierung nicht abrupt und vor allem bedarfs- und altersgerecht erfolgen muss“, berichtet er. Es sei zudem sinnvoll, in den SB-Filialen übergangsweise entsprechende Schulungen anzubieten. Später könne möglicherweise auch die Stadtteil-Filiale das Konzept übernehmen.
„Die Linke kritisiert die geplante Umwandlung der Sparkassenfilialen an der Berckstraße und in der Wilhelm-Röntgen-Straße in reine SB-Filialen und fordert die Verantwortlichen der Sparkasse Bremen auf, sich auf ihre gesetzlichen Aufgaben zu besinnen“, erklärt Sprecher Manfred Steglich. „Zu ihren Kernaufgaben gehört es, breiten Bevölkerungskreisen in deren Wohnquartier einen einfachen, barrierefreien Zahlungsverkehr sowie Geldanlagen zu ermöglichen.“ Diese Angebote seien insbesondere für ältere oder kranke Menschen elementar, „zumal dann, wenn sie keine Affinität zu modernen digitalen Medien und Online-Banking haben oder in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind“, betont Steglich. Über das neue Raumangebot freue sich seine Fraktion grundsätzlich, „ob und in welcher Form der Kulturraum des Bürgervereins diesen Bereich für seine vielfältigen kulturellen Angebote nutzen kann, wird sich zeigen“. Selbstverständlich ersetze das eingeschränkte Raumangebot der Filiale aber keinesfalls ein echtes Bürger- und Kulturzentrum.
„Eine SB-Filiale ist besser als keine Filiale, wobei es für die immer älter werdende Gesellschaft mit Sicherheit keine gute Alternative ist“, meint BiW-Sprecher Werner Leidreiter. Die Sparkasse solle statt Spenden an verschiedene Institutionen in Bremen lieber für eine ausreichende Versorgung mit Filialen sorgen. „Da hätten die Menschen einen wirklichen Mehrwert.“