Grillmaster Flash hat sich die Finger wund gespielt. Er ist durch ganz Deutschland getourt. Er hat Veranstalter und manchmal auch die Konzertbesucher genervt, sie mürbe und weich gemacht. Nur so ist er in hunderten Kneipen und Wohnzimmern aufgetreten, in Jugendfreizeitheimen, Kulturzentren und kleinen Rockclubs auf die Bühne gestiegen.
Jahrelang. Unaufhaltsam. Immer weiter. Christian Wesemann, wie Grillmaster Flash eigentlich heißt, ist hartnäckig. Vor allem wenn es um seine Musik geht. Auch wenn der ehemalige Lehramtsstudent nebenbei als Pädagoge arbeiten musste, notgedrungen Schichten hinterm Tresen der Stammkneipe schob oder Jobs annahm, um über die Runden zu kommen, blieb er dran.
Mit Erfolg. Nach knüppelharten, schweren und anstrengenden Jahren hat der 35-Jährige jetzt seinen Plattenvertrag. Über das Hamburger Label Grand Hotel van Cleef (Kettcar, Thees Uhlmann) wird sein Album mit dem Titel „Stadion“ am 9. November auf den Markt kommen. Dafür hat er nun auch seinen Job gekündigt.
Jugendlicher Punk
Er ist der ewige Newcomer aus Bremen-Nord, er ist Blumenthals Primzahl des Rock oder auch der Bruce Springsteen des Ostertors. Dosenbier, Jeansjacke, Chucks und Bandshirts – auch wenn Grillmaster Flash als Rockmusiker oder Singer-Songwriter bezeichnet werden kann, ist an ihm dieser Spritzer jugendlicher Punk haften geblieben.
Mit zwölf Jahren fing der im Hartmannstift, Vegesack, geborene und in Blumenthal aufgewachsene Wesemann mit dem Gitarrenspielen an. „Ich hatte Unterricht bei einem Heavy-Metal-Typen in der Grohner Düne“, erinnert er sich. Eigentlich wollte er Schlagzeug spielen, doch das war seinen Eltern zu laut. Ein Jahr lernte er Metal-Riffs, dann machte er alleine weiter.
Das Lesen von Noten oder Tabs beherrscht er nicht. Statt umfangreicher Musiktheorie brachte er sich autodidaktisch alles selbst bei. „Gitarre ist einfach das geilste Instrument“, sagt Wesemann. Nachdem er lange nur zu Hause „rumgedaddelt“ hatte, stieg er mit 15 Jahren in seine erste Band ein, die einen Bassisten suchte. Doch nach drei Monaten war wieder Schluss mit „No Hesitation“.
„Wie eine zweite Familie“
Es folgte die Punkband „Hobby und Teneriffa“, die er mit einem Kumpel nach zwei Hercules-Fahrrädern benannt hatte. Zusammen veröffentlichten die beiden sogar eine CD, die Songs für ein zweites Album rauchten mit der Festplatte des Computers ab.
Bis 2005 spielte die Punk-Combo vor allem im Freizi Alt-Aumund. „Dort war die ganze Bremen-Norder Musikszene vertreten, wie eine zweite Familie“, sagt Wesemann, der dort auch Konzerte veranstaltete. „Die Bedeutung, die diese Musikszene für mich hatte, ist immer noch spürbar.“
Der zweite Hotspot war die Kneipe Pinökel, nach der Grillmaster Flash nun eine limitierte Bonus-EP betitelt hat, die mit dem neuen Album erscheinen wird. Mitte der 2000er-Jahre fing Wesemann an, erste Texte für sein Projekt Grillmaster Flash zu schreiben.
Eine Zeit, in der Musik noch auf Kassetten aufgenommen wurde, um sie unterwegs auf dem Walkman zu hören. Grillmaster Flash stand als Soloprojekt aber auch mit der Band „Bademoden mit Spitze“ auf der Bühne. Ein fertiges Album gab es nicht. Auf der Ochsentour durch die Kneipen und kleinen Läden Deutschlands gab es nur selbst gebrannte CDs mit Demo-Aufnahmen.
Auf seinen Touren war Grillmaster Flash darauf angewiesen, Kontakte zu knüpfen und die Leute für sich zu begeistern. Alles machte er selbst: Er buchte die Auftritte, spielte sie und rechnete sie ab. Er machte Quatsch auf der Bühne, damit ihm die Menschen zuhören.
Einmal sei er sogar mit Schnapsflaschen beworfen worden oder das Publikum habe mit dem Rücken zu ihm gestanden. „Das war schon anstrengend und bringt einen finanziell nicht nach vorne“, sagt Wesemann. Aber er wolle eben nichts anderes machen. „So etwas geht nur, wenn man aus Bremen-Nord kommt.“
Überwiegend alleine unterwegs
Seit 2014 spielt die Combo „The Jungs“ mit Grillmaster Flash zusammen, 2015 brachten sie das Album „Andere Leude my Ass“ über das Bremer Label Speck Flag (Gunner Records) raus. Aber überwiegend ist der Musiker alleine unterwegs. Es ist die Geschichte, die vom Scheitern eines Musikers erzählt, der nicht aufgibt, sondern weitermacht und dabei sein Rückgrat behält. Wenn er scheitert, dann mit Würde.
So scheiterte auch der erste Versuch, bei einem größeren Label unterzukommen. Nach zwei Showcases entschieden sich die Verantwortlichen beim Hamburger Label Grand Hotel van Cleef noch dagegen, das erste Grillmaster-Flash-Album zu veröffentlichen.
Doch der Bremen-Norder, der seit Jahren im Viertel lebt, hielt den Kontakt, schrieb Mails, lud Rainer G. Ott oder Thees Uhlmann vom Label zu Konzerten ein, trank mit ihnen Bier. Die Hartnäckigkeit zahlte sich aus. Nach Jahren sagte die Hamburger Plattenfirma zu. Sie buchten den Musiker für Konzerte, Indoor-Festivals und diverse Aktionen.
Nebenbei ergab sich, dass Grillmaster Flash bei der Indie-Rock-Band Madsen auf der Tour im November als Support mitfahren wird. Zudem bekam er die Zusage für zwei Auftritte mit der Band Kettcar. Jetzt erscheint das Album. Seine Künstlerkarriere ist kurz vorm Durchbruch.
Auch ein anderer Wunsch geht in Erfüllung. Grillmaster Flash wird, wie es sich für den Albumtitel „Stadion“ gehört, durch Fußballstadien ziehen: In Räumlichkeiten des Weserstadions (26. Oktober), des Georg-Melches-Stadions in Essen (27. Oktober) und des Millerntor-Stadions von St. Pauli (28. Oktober) wird er spielen. Einen Song für den Sampler zum 120. Geburtstag von Werder Bremen steuert er ebenfalls bei.