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Bremer soll Versorgung seiner Partnerin gekappt haben Manipulation auf der Intensivstation

Ein 47-jähriger Bremer soll auf der Intensivstation die medizinische Versorgung seiner im Koma liegenden Lebensgefährtin manipuliert haben. Vor Gericht erklärt er den Grund dafür.
06.12.2018, 17:31 Uhr
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Manipulation auf der Intensivstation
Von Ralf Michel

Hilflos habe er sich gefühlt, sagt der Angeklagte. Und sich Sorgen um seine Lebensgefährtin gemacht, die seit sechs Tagen im künstlichen Koma lag. „Ich hatte Angst, dass sie stirbt, bevor wir noch einmal reden konnten.“ Nur deshalb habe er im Krankenhaus die Narkosespritze entfernt und durch eine leere ersetzt. „Ich wollte sie entwöhnen von dem Zeug.“

„Dumm“ und „blöd“ nennt er sein Verhalten aus heutiger Sicht. Die Staatsanwaltschaft spricht von „versuchtem Totschlag“. Der 47-Jährige habe auf der Intensivstation des Krankenhauses St.-Jürgen-Straße ein Versorgungsgerät manipuliert, durch das seine Partnerin medizinisch versorgt wurde. Damit habe er den Tod der Frau zumindest billigend in Kauf genommen. Seit Donnerstag steht er dafür vor dem Landgericht.

Die Frau erlitt durch den Eingriff des Mannes keinen Schaden, berichtete die Krankenpflegerin, die ihn am 23. Juni dieses Jahres im Zimmer seiner Lebensgefährtin erwischt hatte. Durch den Austausch der Spritze war ein Alarm ausgelöst worden. Als sie das Zimmer betrat, habe sie sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Auf dem Display des Gerätes leuchtete ein Menüpunkt hell auf, die Arretierung einer Spritze war geöffnet, die Spritze selbst leer, obwohl das Schmerzmittel darin noch Stunden hätte reichen müssen. Der Mann habe ihre Frage, ob er an dem Gerät gewesen sei, zwar verneint. Doch wegen der unklaren Situation habe man ihn aber der Station verwiesen.

Sechs weitere Anklagen

Als die Pflegeleiterin der Station am nächsten Tag von dem Vorfall erfuhr, entschied sie sich, die Polizei zu alarmieren. „Es kann sehr gefährlich für Patienten werden, wenn jemand an solchen Medikamenten manipuliert“, erklärte die Frau, die ebenfalls als Zeugin vor Gericht gehört wurde.

Einen Tag später wurde der 47-Jährige festgenommen, seit dem 25. Juni sitzt er in Untersuchungshaft. Für die Polizei ist der Mann kein Unbekannter. Nicht weniger als sechs weitere Anklagen listete der Staatsanwalt bei der Verlesung der Anklage auf. 19. Juni 2017: Körperverletzung – er soll seiner Lebensgefährtin ein Nudelholz auf den Hinterkopf geschlagen haben. 19. Juni 2017: Beleidigung – als die zu Hilfe gerufene Polizei an der Wohnung auftauchte, habe der Mann sie zunächst durch die geschlossene Tür und später dann auch auf dem Weg zur Wache unflätig beschimpft. 23. Juni 2017: Diebstahl und Körperverletzung – in einem Kaufhaus habe er zunächst eine Sonnenbrille gestohlen, dann einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ein Knie in die Rippen gerammt.

Schließlich, in diesem Jahr: 20. Januar 2018: Körperverletzung und Raub – erneut habe er seine Partnerin geschlagen, sie getreten, mit beiden Händen am Hals gewürgt und ihr eine Kette geraubt. 11. April 2018: Körperverletzung – der Mann sei in das Lager eines Supermarktes eingedrungen, habe dort einen Mitarbeiter beschimpft und geschlagen. 29. Mai 2018: Körperverletzung – der Angeklagte soll vor dem Hauptbahnhof einen Rollstuhlfahrer gegen den Kopf geschlagen und ins Gesicht getreten haben. Zuvor habe er von ihm die Rückzahlung von Schulden verlangt.

Künstliches Koma

Zudem könnte der Angeklagte auch dafür verantwortlich sein, dass seine Lebensgefährtin im Juni bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert wurde und sie die Ärzte ins künstliche Koma versetzen mussten. Zumindest deutete dies die Aussage der Krankenpflegerin. Nach seiner Version war die Frau gegen 15 Uhr auf dem heimischen Sofa liegend eingeschlafen. Als sie sich gegen 20 Uhr immer noch nicht geregt habe und es ihm nicht gelungen sei, sie zu wecken, habe er den Notarzt gerufen.

Der Prozess wird am Donnerstag, 20. Dezember, um 9 Uhr fortgesetzt.

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