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Autofreie Zone Mainstraße wird Spielstraße auf Zeit

Sieben temporäre Spielstraßen gibt es in Bremen und am Donnerstag kommt mit der Mainstraße eine weitere hinzu. Zwischen Langemarck- und Friedrich-Wilhelm-Straße heißt es dann wöchentlich: Durchfahrt verboten.
03.09.2021, 18:00 Uhr
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Von Gerald Weßel

Autos müssen demnächst regelmäßig auf ein kleines Stück ihres Reiches in der Neustadt verzichten. Denn die Kinder erobern sich im Zuge einer temporären Spielstraße für einige Stunden ein Stück Straßenraum zurück. Der Abschnitt der Mainstraße zwischen der Langemarck- und der Friedrich-Wilhelm-Straße wird hierfür ab Donnerstag von 15 bis 18 Uhr – und dann einmal in der Woche bis Ende Oktober für den Autoverkehr gesperrt werden. Nicht nur das motorisierte Befahren ist auf der Strecke während dieser Zeit dann verboten, auch Fahrzeuge sollten dann dort nicht stehen.

„Das ist aber eine rechtliche Grauzone“, erklärt Ulrike Herold vom Verein Spiel-Landschaft-Stadt, der die Aktion betreut. „Eigentlich müssen sie aufgrund des Verbotsschildes raus, ja, aber dies ist nicht immer möglich“, zeigt sie im Angesicht des Parkdrucks in der Neustadt Verständnis für Autobesitzer. Es ist nicht die erste Spielstraße auf Zeit in Bremen und bislang sei noch nie ein zurückbleibendes Auto beschädigt worden. Strafen sind fürs Stehenlassen wohl nicht zu erwarten.

Volle Unterstützung vom Beirat Neustadt

„Dieses Projekt genießt die uneingeschränkte Unterstützung des Beirates“, stellt Ortsamtsleiterin Annemarie Czichon klar. Grundlage für diese wiederkehrende Aktion ist eine Ausnahmegenehmigung des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV). Das Projekt entstand auf Initiative einer Anwohnerin der Mainstraße, die sich an den Verein wandte. Diesen gibt es seit 1999 und mit seiner Hilfe sind seit 2011 temporäre Spielstraßen in Schwachhausen, Blumenthal, Horn und auch bereits in der Neustadt eingerichtet worden. Aktuell gibt es sieben in Bremen. Und es gibt weitere Anfragen aus verschiedenen Stadtteilen. Auch Städte wie Berlin, Stuttgart und Trier haben schon ähnliche Projekte initiiert.

Die Grundlage dafür ist immer eine Anwohnerbefragung, wie Ulrike Herold erklärt. Die Initiative beginnt einige Zeit im Voraus damit, per Handreichung, Zettel im Briefkasten oder an den Wohnungstüren allen Haushalten anzukündigen, was man vorhat und das hierfür eine Meinung abgefragt werden wird. Irgendwann geht die Initiative von Tür zu Tür und holt sich Unterschriften für die Einrichtung der temporären Spielstraße ab.

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Im Fall der Mainstraße betraf dies 50 Haushalte. Von denen haben nach Angaben Herolds 30 das Vorhaben befürwortet. Dies erfüllt die Vorgaben des ASV, nach denen die Hälfte aller Haushalte in einer betroffenen Straße eine Stimme abgeben muss und davon müssen zwei Drittel positiv sein. In der Mainstraße habe es nur eine konkrete Gegenstimme gegeben, berichtet Ulrike Herold. „Die Zustimmung aller ist nicht machbar“, weiß sie aus Erfahrung.

Rechtlich steht die Sperrung auf wackeligen Pfeilern

Obendrein steht das Konstrukt rechtlich auf wackligen Pfeilern: „Die Ausnahmegenehmigung ist nicht wasserdicht“, gesteht sie ein. Denn die Straßenverkehrsordnung sieht keine temporären Spielstraßen vor. So wäre der Ausgang vor Gericht im Falle einer Klage ungewiss. Da würde auch die Unterstützung durch Sozial- und Umweltsenatorin wohl wenig helfen.

„Wir wünschen uns deshalb eine Gesetzesänderung“, sagt Herold über ein Ziel des Vereins. „Wir entwickeln derzeit aber ein möglichst einheitliches Verfahren, um Ämtern und Beiräten in der Breite die Zustimmung zu erleichtern.“ Auch deshalb ist die Mainstraße seit 2017 die erste Neue ihrer Art, die eröffnet wird. Es hätten Unsicherheiten beim ASV und in der Sozialbehörde bestanden, erklärt sie vage.

Dabei sei der Nutzen groß: „Wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten.“ Vor allem das Nachbarschaftsgefühl würde auf Dauer gestärkt werden. Und Sorgen um die Sicherheit müsse sich niemand machen, beruhigt Herold. „Die Straße ist im Notfall immer schnell geräumt.“ Bei Straßenfesten sei dies ja auch immer möglich. In der Vergangenheit hätte es selbst nie Ärger gegeben, wenn ein Paketwagen oder gar ein Lieferdienst für Möbel genau dann in die Straße musste. „Da sind die Nachbarn im Gespräch“, ist sie überzeugt.

Zur Sache

Familienfreundliche Stadt als Ziel

Der 1999 in Bremen gegründete Verein Spiel-Landschaft-Stadt setzt sich für eine kinder- und familienfreundliche Umwelt, die Stärkung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und die Verwirklichung ihrer Rechte ein. Grundlage hierfür ist die UN-Kinderkonvention. Der Verein sieht junge Menschen als Experten ihres Alltags und stellt daher ihre Beteiligung und die der Eltern in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten. Neben der Schaffung von temporären Spielstraßen organisiert er auch Weiterbildungen zu den Themen Spielen, Bewegung, Gesundheitsförderung und Kindererziehung.

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