Menschen sitzen im Park, einige mit einem Eis in der Hand. Kinder spielen auf Kopfsteinpflaster, inmitten moderner Wohn- und Gewerbehäuser. Lastenräder fahren über die Fahrradstraße, die zwischen den Gebäuden entlang führt. Diese Szenerie ist auf den Planungsbildern zum neuen Kornquartier in der Neustadt zu sehen. Es soll rings um das ehemalige Autohaus Brinkmann an der Kornstraße entstehen. Viele Anwohner stehen dem Bauvorhaben jedoch kritisch gegenüber, sie fühlen sich wenig berücksichtigt.
Dichtere Bauweise im urbanen Gebiet
Eine Investorengemeinschaft der beiden Bremer Projektentwickler Plankontor Projekte und Tektum Holding hat das Autohaus-Gelände sowie angrenzende Bereiche erworben. Eigentümerin ist die neu gegründete Projektentwicklungsgesellschaft Kornstraße. Das momentane Gewerbegebiet soll ein sogenanntes urbanes Gebiet werden.
Der Begriff stammt aus dem Bauplanungsrecht. Eine Einstufung als urbanes Gebiet erlaubt unter anderem eine höhere und dichtere Bauweise. Wohnen und Arbeit sollen hier gleichermaßen möglich sein. Geplant ist demnach ein nahezu autofreies Quartier mit 500 Wohnungen für ältere Menschen, Studierende und Familien. Mindestens 30 Prozent der Wohnungen sollen öffentlich geförderte Sozialwohnungen sein. Zudem soll es Platz für Gewerbe und Freiräume geben. Das Investitionsvolumen beträgt rund 250 Millionen Euro.
Gegen die Investoren-Pläne begehrt seit Längerem eine Bürgerinitiative (BI) auf. Ihre Mitglieder befürchten, dass "die Verdichtung des Quartiers durch das Bauvorhaben zu intensiv werden könnte", erklärt Fachanwalt Uwe Piehl, der Teile der Wohnungseigentümergesellschaften vertritt. Unter ihnen befindet sich auch Gaby Peters. Sie ist nicht nur Beirätin der Eigentümergesellschaft, sondern auch in der Bürgerinitiative tätig. Als direkte Anwohnerin kritisiert sie vor allem den Bau des geplanten sechsstöckigen Parkhauses. Sie befürchtet, dass ihr Balkon nach Fertigstellung des Wohngebiets von den neuen Gebäuden überragt wird. Hinzu kämen mehr Lärm und die CO2-Belastung durch die Autos. "Das ist eine erhebliche Einschränkung unsere Lebensqualität", betont Peters. Die Mitglieder der Bürgerinitiative schlagen als Alternative zu dem Parkhaus eine Tiefgarage vor.
Parkhaus erhält Vorzug
Jost Paarmann, geschäftsführender Gesellschafter der Projektentwicklungsgesellschaft Plankontor, erklärt, dass "die Möglichkeit einer Tiefgarage geprüft wurde". Die Planer hätten sich jedoch dagegen entschieden, da eine Tiefgarage in einem autofreien Quartier tote Baumasse wäre. "Ein Parkhaus kann nachgenutzt werden, als Gewächshaus zum Beispiel", sagt Paarmann.
Die Initiatorin der Bürgerbewegung, Petra Redert, übt vor allem Kritik am Umgang mit den Anwohnern. So hätten sie weder in einer Einwohnerversammlung im November 2020, noch im Zuge einer Beiratssitzung im März die Gelegenheit bekommen, ihre Bedenken zu den Planungen zu äußern. Auch in der Beiratssitzung im September 2021 hätten sich die Anwohner "wenig ernst genommen" gefühlt. Auf mehrere schriftliche Stellungnahmen an Beirat und Ortsamt habe die Bürgerinitiative bis heute keine Antwort bekommen. "Die Planung läuft komplett an uns vorbei", kritisiert Redert.
Anwohner wollen Mischgebiet
Ihre Forderung sei daher, dass die Anwohner des Kornquartiers besser eingebunden werden. Außerdem wünsche sie sich "ortsangepasste Gebäude" mit maximal vier Stockwerken, damit sich "die neuen Gebäude in die bestehenden Immobilien einfügen", erklärt Redert. Nur so lasse sich eine zu dichte Bebauung verhindern. Anstelle eines urbanen Gebietes solle im Kornquartier ein Mischgebiet entstehen. In einem Mischgebiet dürfen Gebäude von Gewerbebetrieben die Wohnhäuser optisch nicht dominieren.
Von den Stellungnahmen an Beirat und Ortsamt habe er gewusst, sagt Paarmann. Diese "sind in die Planung mit eingeflossen." Dementsprechend hätten sie darauf geachtet, dass niemand überbaut werde. "Das Parkhaus wurde um ein Geschoss verringert, es umfasst jetzt fünf Stockwerke", betont der geschäftsführende Gesellschafter von Plankontor. Von den Vorwürfen zur mangelnden Planungsbeteiligung zeigt sich Paarmann irritiert: "In den zwei Jahren Planungszeit haben wir sehr öffentlich gearbeitet und immer zu den Projektvorstellungen eingeladen." Er hätte sich gewünscht, dass die Bürgerinitiative von Beginn an auf die Projektentwickler zugekommen wäre. "So hätte man sich direkt an einen Tisch setzen und gemeinsam beraten können", betont Paarmann.
Am 25. November solle in der Deputationssitzung für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung über den Bebauungsplan beraten werden, sagt Referatsleiter Jan Scheve. Auch die Bürgerinitiative will nach eigenen Angaben an der Sitzung teilnehmen.