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Stadtentwicklung in Bremen Yoga und Zeichnen auf dem Friedhof Buntentor

Mit dem Vorhaben "Holy Ground" verbindet Studentin Vanessa Goepfert Trauerkultur und Stadtentwicklung. Der Friedhof Buntentor wird während einer Woche mit sieben Aktionen zum lebendigen Ort der Begegnung.
20.06.2024, 05:50 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Chantal Moll

Ein Yoga- oder Zeichenkurs auf dem Platz der Toten – was sich skurril liest, setzt die Studentin Vanessa Goepfert auf dem Friedhof Buntentor, Buntentorsteinweg 67/69, um. Sieben Aktionen dieser Art plant die 26-Jährige unter dem Namen „Holy Ground“ von Freitag, 21. Juni, bis Sonntag, 30 Juni, rund um die Gräber.

Goepfert studiert Stadtplanung im Master an der Hochschule für Technik in Stuttgart. Für das „Holy Ground“-Projekt zog sie nach Bremen. Goepfert weiß: „Friedhöfe haben eine hohe Relevanz in der Stadtentwicklung.“ Sie sind Orte des Gedenkens und Erinnerns sowie Schnittstelle zwischen den Toten und Lebenden. Hier kommen Menschen zum Innehalten her und suchen Ruhe.

Friedhöfe sind im Wandel

Der Friedhof Buntentor ist außergewöhnlich. Denn er liegt mitten im Wohngebiet und ist neben Ruhestätte Teil des alltäglichen Geschehens in der Neustadt. Zwar offiziell verboten, aber mittlerweile geduldet, sind Fahrradfahrer und Spaziergänger mit Hunden. „Ein Friedhof, der damit mitten im Leben steht“, fasst Goepfert zusammen. Er verbindet den Buntentorsteinweg mit der Kornstraße, weshalb viele Passantinnen und Passanten den Platz überqueren. Das habe einen ganz besonderen Charakter, er wirke lebendig, findet Goepfert. Sie sagt: „Friedhöfe wandeln sich, seit es sie gibt.“ Sie in die Stadtentwicklung mit einzubeziehen, sei für sie eine logische Konsequenz.

Denn so, wie sich die Gesellschaft dauerhaft im Wandel befinde, verändere sich auch die Trauer- und somit Bestattungskultur stetig. Die Urnenbeisetzung erlebe schon seit Längerem ein Hoch und die nehme nun mal weniger Platz in Anspruch als ein Sarg, erklärt die Studentin. Auf dem Friedhof Buntentor sind bis auf wenige Ausnahmen aufgrund der Bodenverhältnisse mittlerweile nur noch Urnenbeisetzungen möglich.

Flächen werden nicht genutzt

Darüber hinaus werden Grabstätten nach Ablauf der Ruhefrist oft nicht wieder belegt. In Bremen beträgt sie in der Regel je nach Bestattungsart 20 oder 25 Jahre. „Deutschlandweit werden perspektivisch 50 Prozent der Friedhofsflächen nicht mehr benötigt“, prophezeit Goepfert. Schon jetzt sehe man Lücken auf vielen Friedhöfen. Das Resultat: Freie Flächen, die nicht genutzt werden. Das muss aber nicht so sein, wie die Studentin zeigen will. Wichtig sei, den Charakter der Friedhöfe zu bewahren. Ein Zumbakurs zum Beispiel wäre fehl am Platz – die Lautstärke würde die Ruhe stören und sich nicht den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer anpassen.

Die ehemalige Friedhofsgärtnerei in Buntentor ist ein Beispiel dafür: Das Gebäude gehört zur Friedhofskapelle und stand lange leer. 2011 eröffnete hier deshalb das Café Radieschen, das sich immer noch als Teil des Friedhofs sieht. Das Lokal möchte mit Geschirr, das an Zeiten mit Oma zurückdenken lässt, selbst gebackenem Kuchen und beinahe altmodischen Tischdeckchen zum Erinnern anregen.

Das Programm von „Holy Ground“

Die Eröffnungsveranstaltung „Auf die Toten“ am Freitag, 21. Juni, um 16.30 Uhr kennt man schon aus dem Café Radieschen, das dieses mit dem Kulturzentrum Brynja ins Leben rief. Gemeinschaftlich erinnern die Menschen hier den Verstorbenen und tauschen sich aus. Dieses Mal direkt auf dem Friedhof.

Innerer Frieden und Ruhe stehen am Sonntag, 23. Juni, um 10 Uhr im Fokus der „Yoga & Gong“-Einheit, durch die Janice Allermann führt. Eine Anmeldung per E-Mail an friedhof-buntentor@web.de ist notwendig. Der Kurs kostet 25 Euro.

Beobachten und zeichnen – die Urban Sketching Gruppe Bremen unterstützt am Montag, 24. Juni, um 18 Uhr, beim „Urban Sketching“ auf dem Friedhof. Utensilien zum Zeichnen müsse mitgebracht werden.

Der „Denkort der Erinnerungen“ lädt am Dienstag, 25. Juni, um 18 Uhr zum Spaziergang über den Friedhof ein. Er will die historischen Seiten des Platzes ins Gedächtnis rufen.

Pflanzen und Tiere fühlen sich auf Friedhöfen besonders wohl. Beim „Vogelkundlichen Rundgang“ am Mittwoch, 26. Juni um 18 Uhr, fokussiert sich Florian Scheiba vom Nabu auf die Vogelwelt.

Der Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur rief kürzlich zum Fotowettbewerb auf. Beim „Fotowalk“ am Sonnabend, 29. Juni, um 11 Uhr über den Friedhof Buntentor entstehen erste Schnappschüsse. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich anschließend mit drei Fotos bis zum 31. August am Wettbewerb beteiligen. Lars Houdek lehrt zum Abschluss des Aktionszeitraums am Sonntag, 30. Juni, um 10 Uhr die langsamen und fließenden Bewegungen des „Qi Gong“.

Treffpunkt ist jeweils die Friedhofskapelle.

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