Seit 2008 arbeitet Katharina Hoffmann daran, ihren Traum zu verwirklichen: Sie will eine Plattform für neue Stadtkultur in Bremen schaffen. Damit verbindet die in Krakau und Bremen ausgebildete Pianistin einen niedrigschwelligen, offenen Treffpunkt für freie Künstler aus dem Musik- und Theaterbereich sowie kulturaffinen Bremerinnen und Bremern, die spontan und kostenlos dazustoßen können.
Eine Räumlichkeit dafür hatte Hoffmann in der Neustadt bereits gefunden. Die 43-Jährige hat mithilfe junger, aktiver Musikbegeisterter einen ehemaligen Pferdestall in der Illertstraße in Eigenregie grundsaniert. Dabei hat auch Kristina Schönbeck mitgearbeitet, mit der sie das Duo Ka?enka (Klassik-Folklore) bildet.
Acht Jahre lang wurde in der "Klangwerkstatt" tagsüber Musikunterricht am Flügel und Gesangsunterricht erteilt und haben Musiker unterschiedlicher Genres dort geprobt. Abends gab es drinnen oder im Hof Veranstaltungen wie etwa eintrittsfreie Konzerte, Filmvorführungen oder Ausstellungen. Feste Vorgaben gab es nicht. Jeder war willkommen. Der Raum habe "gewissen Charme und eine tolle Akustik" gehabt, so die beiden Neustädterinnen.
Mit der "Klangwerkstatt" verbindet die Sängerin Schönbeck "ein Lebensgefühl: Man läuft vorbei, geht rein und hat neue Menschen kennengelernt." Musiker aus der ganzen Welt – vornehmlich aus dem klassischen Bereich – hätten die Publikumsnähe geschätzt und Hutkonzerte gegeben, erzählt sie. Der lockere Austausch im Kollegenkreis sei sogar in spontane Improvisationen übergegangen. Für die 33-jährige Musikpädagogin eine weitere Besonderheit des "Klangwerkstatt"-Konzepts.
Rund 100 in Eigenregie organisierte Konzerte hat es bis 2018 in der Neustadt gegeben, dann wurde der Mietvertrag gekündigt. Sie hätten die "Klangwerkstatt" zu einem nachbarschaftlichen Treff mit einem experimentellen und niedrigschwelligen Kulturangebot belebt, sagt Katharina Hoffmann. Zudem seien viele neue Verbindungen im Theater- und Musikbereich entstanden, weil Solo-Selbstständige die gleichen Probleme zu bewältigen und nur begrenzte Möglichkeiten zur kreativen Entfaltung hätten.
Daher hat sie 2012 den gemeinnützigen Verein "Neue Stadt Kultur" gegründet. Aktuell engagieren sich darin etwa 15 Kulturschaffende – eine Berufs-Clownin sowie ein Flötist und Komponist sind auch darunter – für die Förderung einer niedrigschwelligen, kreativen Stadtkultur in Bremen. Dazu zählt die Vereinsvorsitzende unter anderem die Unterstützung von Konzerten, Ausstellungen, Theater- und Filmveranstaltungen sowie interdisziplinären Projekten.
Auch die künstlerische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen ihrer Eltern, gehört dazu. Kristina Schönbeck weist auf das jüngste Vereinsprojekt hin: ein Wochenend-Proben-Seminar im vergangenen Sommer. Dabei hätten elf Klavierschüler von sieben bis 14 Jahren die einmalige Chance bekommen, an ihrem Instrument zusammen mit anderen zu spielen, so die 33-Jährige, und einmal nicht "Einzelkämpfer" zu sein.
Einzelne Kulturschaffende kennen dieses Gefühl, mussten sie doch gerade während der Pandemie kreative Lösungen finden, um ihren Beruf ausüben und so ihr Leben finanzieren zu können. Dadurch hätte der Verein "Neue Stadt Kultur" einen großen Schub erhalten, sagt Katharina Hoffmann. "Da passierte ganz viel Vernetzung der Freien untereinander."
Dieser Entwicklung wurde Rechnung getragen. Um mehr Öffentlichkeit für sie zu schaffen, präsentiert der Verein die Projekte auf der Vereins-Website und listet alle Aufführungstermine auf. "Das ist eine Stärkung", weiß Kristina Schönbeck aus Erfahrung. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Unterstützung in Finanzierungsfragen.
Über den Verein können Anträge auf Fördermittel für Konzerte oder Projekte gestellt werden, auf die Einzelne keinen Zugriff haben. Freischaffende Künstlerinnen und Künstler seien darauf aber oft angewiesen, erläutert Katharina Hoffmann. "Noch können wir relativ viele Projekte unterstützen", so die Vereinsvorsitzende, sodass auch Gäste wie das Stadtteilorchester Süd Finanzhilfe erhalten haben. Geld ist auch unter den ehrenamtlich Aktiven ein zentrales Thema. Denn der Verein erhält keine kontinuierliche staatliche Förderung zur Stärkung der Stadtkultur.
Das stetig steigende Interesse an den Angeboten des Vereins, freut Katharina Hoffmann, bedeutet jedoch auch mehr Aufwand für sie und ihre Mitstreitenden. Vorhandene Strukturen müssen aus- und neue aufgebaut werden, kündigt die 43-jährige Vorsitzende als vordringliche Aufgabe an.
Auf der Jahreshauptversammlung Ende des Monats will sie monatliche Rundbriefe und Vorstandstreffen anregen, vor allem die Suche nach einem zentral gelegenen Raum vorantreiben. "Wir wollen die Klangwerkstatt wiederaufbauen", betonen Katharina Hoffmann und Kristina Schönbeck mit Nachdruck. Den Keim für das Konzept "Kultur: Alles unter einem Dach" haben sie in der Neustadt gelegt. Inzwischen sind stadtweit weitere Samen aufgegangen.