Die Pläne der Stadt für ein Wohnquartier auf dem Scharnhorstgelände am Werdersee ist mittlerweile das fünfte größere Neubauprojekt innerhalb weniger Jahre, das aktuell für Huckelriede geplant ist. In den vergangenen Wochen hat es unter Anwohnern eine hitzige Diskussion darüber gegeben, ob die bis zu 250 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern nicht zu viel an dieser Stelle sind. Zahlreiche Menschen aus der Nachbarschaft hatten bereits im Sommer gegen den Bebauungsplan-Entwurf, der die Grundlage für Baurecht sein wird, Einwände bei der Baubehörde eingereicht. Die Forderungen reichten von einer Reduzierung der Höhe über die Sorge, der Baumschutz werde nicht ausreichend berücksichtigt, bis hin zu der Forderung nach einem Verkehrskonzept, dass alle absehbaren Bauvorhaben im Ortsteil mit einschließt.
Der Beirat hat sich nun am Donnerstagabend nach der Vorstellung der Pläne durch Vertreter von Gewoba und Stadt einigen Kritikpunkten der Bürger in seiner offiziellen Stellungnahme angeschlossen. Es gab aber auch Lob von den Stadtteilpolitikern für die bereits überarbeitete Planung zu hören.
Das Gelände zwischen dem Bewegungszentrum „Activo“ der Roland-Klinik im Westen und dem Friedhof Huckelriede im Osten wurde früher militärisch genutzt und ist heute zum größten Teil im Besitz der Wohnungsbaugesellschaft Gewoba. Diese hatte das Grundstück zu Sonderkonditionen vom Bund erworben, muss im Gegenzug aber auch einige Auflagen erfüllen wie eine schnelle Realisierung von Sozialwohnungen. Ein kleinerer Teil auf dem heutigen Friedhofsgelände gehört dem Umweltbetrieb Bremen.
Künftig könnten auf dem etwa drei Hektar großen Areal drei- bis fünfstöckige Mehrfamilienhäuser stehen. Je nach Standort dürfen sie laut Plan maximal zehn bis 16 Meter hoch gebaut werden. Direkt am Deich werden die Häuser daher nicht die Bäume überragen. In früheren Planungen aus dem Jahr 2017 waren noch bis zu sieben Stockwerke im Gespräch gewesen – dies ist nach scharfer Kritik von Lokalpolitik und Anwohnerschaft nun vom Tisch.
Die Pläne der Gewoba sehen 30 Prozent Sozialwohnungen vor, die für Menschen mit geringem Einkommen reserviert sein werden. 1500 Quadratmeter will die Stadt außerdem an eine Baugemeinschaft vergeben. Weitere 1500 Quadratmeter sind reserviert für Wohnungen, die einen gedämpften Mietpreis aufweisen. „Für Menschen wie Krankenschwestern und andere Berufsgruppen, die zwar knapp keinen Anspruch auf eine geförderte Wohnung haben, aber trotzdem aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation Probleme am freien Wohnungsmarkt haben“, erklärte Manfred Corbach von der Gewoba.
Viel Lob vom Beirat erhielt die Gewoba dafür, „dass Sie nicht die maximale Rendite rausholen wollen, sondern die Vergünstigungen vom Grundstückskauf nun an die neuen Bewohner weitergeben“, formulierte es Johannes Osterkamp (Grüne). „Ich bin froh, dass im Vergleich zu den ersten Entwürfen, die Gebäudehöhen reduziert worden sind, das war vorher mit sieben Geschossen viel zu massiv“, sagte Jens Oppermann (SPD).
Anwohner fühlen sich „zugebaut“
Dennoch ernteten die Vertreter der Stadtplanung und der Gewoba auch Kritik. Besonders die anstehenden Fällungen von bis zu 30 kleinen und großen Bäumen sowie die hohe Anzahl an Wohnungen an dem Standort bewerteten Anwohner des neuen Wohnquartiers kritisch. Die Bäume werden allerdings alle auf dem Gelände durch Nachpflanzungen ersetzt.
„Uns erwartet hier in Huckelriede eine Verdichtung, die zusammen mit den anderen Neubauvorhaben im Ortsteil bremenweit seinesgleichen sucht“, sagte ein Anwohner. Besonders ärgere ihn, dass östlich von dem Bauvorhaben der Gewoba im Bebauungsplan auf dem heutigen Friedhofsgelände Baurecht für zwei weitere vier- bis fünfgeschossige Häuser geschaffen werden soll. Dort befindet sich heute noch das Erdlager des Umweltbetrieb Bremen, das allerdings verlegt werden soll. „Für mich ist das absolut nicht nachvollziehbar und erschütternd, das darf nur 20 Meter von den Gräbern entfernt nicht geschehen.“
Angesichts der Tatsache, dass Huckelriede ein sozial benachteiligter Stadtteil mit einer hohen Fluglärmbelastung sei, sei das nicht hinnehmbar, ergänzte seine Nachbarin. „Wir fordern seit langer Zeit mehr Freiräume, werden aber immer mehr zugebaut“, beklagte sie. Auch das ehemalige Beiratsmitglied Irmtraud Konrad (SPD) mahnte an, den Friedhof unangetastet zu lassen. Der nachhaltig angelegte, städtebauliche Entwurf für das Vorhaben der Gewoba mit Gründächern, Tiefgaragen, einer durchgehenden Rad- und Fußwegverbindung sowie einem Konzept für Regenwasserspeicherung sei kaum besser zu machen. „Aber der Beirat darf nicht zulassen, dass ohne ersichtlichen Grund in den denkmalgeschützten Landschaftspark mit seinem tollen Baumbestand eingegriffen wird.“
Argumente, die der Beirat in seine Stellungnahme mit einbezogen hat. Dort wird nun unter anderem gefordert, das Friedhofsgelände unbebaut zu lassen. Außerdem verlangen die Stadtteilpolitiker ein Verkehrskonzept für Huckelriede, das sämtliche Neubauvorhaben einschließt.