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Stadtteilbeirat Neustadt Erinnerung an Mut und Zivilcourage

Die Georg Elser-Initiative hat in der Sitzung des Beirates Neustadt erneut für die Umbenennung der Langemarckstraße geworben. Aus welchem Grund, berichtete Jürgen Maly.
27.10.2022, 05:00 Uhr
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Von Christa Neckermann

Das Thema ist nicht neu, das Jürgen Maly von der Georg-Elser-Initiative Bremen in der Beiratssitzung des Ortsamtes Neustadt vorstellte: Die Umbenennung der Langemarckstraße in „Georg-Elser-Allee“. Bereits vor 20 Jahren gab es einen ähnlichen Vorstoß, die 1937 nach dem angeblichen Ort einer Schlacht im Ersten Weltkrieg benannte Straße umzubenennen. Bis dahin hieß die Straße „Große Allee“, „Kleine Allee“ und, im südlichen Teil, „Meterstraße“.

Vor 20 Jahren hatten sich Anwohner der Langemarckstraße auf den Weg gemacht und jeden erreichbaren Nachbarn nach der Meinung gefragt – mit dem Ergebnis, dass mehr als 50 Prozent der Befragten aus Kostengründen eine Straßenumbenennung nicht mittragen wollten.

Auch heute kämen auf die Anwohner Kosten zu, sollte die Initiative Erfolg haben, bestätigte Jürgen Maly. Doch heute sei die Initiative besser vorbereitet: „Wir haben Spenden in ausreichender Höhe gesammelt und könnten damit die Kosten, die auf die Anwohner und Gewerbetreibenden bei den nötigen Änderungen der Personalausweise, Pässe, Führerscheine und geschäftlichen Unterlagen zukommen, erstatten“, so Jürgen Maly.

Warum aber ist eine solche Straßenumbenennung gewünscht? Maly führte aus, dass der Name „Langemarckstraße“ ursprünglich nach einem Ort in Belgien benannt wurde, an dem im Ersten Weltkrieg von Oktober bis November 1914 die erste Flandern-Schlacht stattfand. Dort starben im November 1914 etwa 2000 junge Soldaten, von denen es später in den Pressemitteilungen der Obersten Heeresleitung hieß, die jungen Regimenter hätten unter Absingen der Nationalhymne die ersten Linien der feindlichen Stellungen gestürmt und erobert.

Mit diesem angeblichen Opfermut war der „Mythos Langemarck“ geboren. Im Zweiten Weltkrieg nutzte die NS-Herrschaft diesen Mythos, um junge Männer zu den Waffen zu rufen. Was aber nicht erzählt wurde, war die historische Wahrheit, stellte Jürgen Maly vor den Beiratsmitgliedern klar: „Fakt ist: Militärisch eingenommen wurde der Ort Langemarck im November 1914 nie, kleinere Trupps wurden stets zurückgeworfen. Die Wirklichkeit dieser mörderischen Gefechte, fünf Kilometer von Langemarck entfernt, wurde bewusst verfälscht. Wir wollen nicht länger an eine historische Lüge erinnern, die sich nie zugetragen hat.“

Seit Jahren schon wirbt die Georg-Elser-Initiative dafür, die Straße in „Georg-Elser-Allee“ umzubenennen, und dafür auch im Zuge der Umgestaltung in eine Allee an geeigneter Stelle im Straßenraum weitere Bäume setzen zu lassen.

Elser, der Schreinergeselle aus Hermaringen, plante im November 1939 das Attentat auf Hitler im Münchener Bürgerbräu-Keller, das nur knapp scheiterte. Er wird verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht. Er habe den Krieg verhindern wollen, nennt er später sein Motiv für das Attentat. Ursprünglich ist geplant, nach dem Krieg gegen ihn einen Schauprozess zu führen, doch als abzusehen ist, dass der Krieg verloren ist, wird Elser nur wenige Wochen vor Kriegsende auf Weisung von höchster Stelle ermordet. Deutschlandweit wurden bisher in 73 Orten Straßen nach Georg Elser benannt, in Bremen trägt in der Neuen Vahr Südost ein Weg seinen Namen.

Nils Poppek war eigens zu diesem Tagesordnungspunkt zur Sitzung des Beirates gekommen. Seine Großmutter Margarete Mackert war damals eine von den Freiwilligen gewesen, die die Anwohner der Langemarckstraße befragt hatten. Sie sei von dem Vorstoß der Initiative, noch immer eine Straßenumbenennung durchsetzen zu wollen, nicht begeistert, erklärte Poppek. Sie sei sicher, dass die wenigsten Bewohner und Anlieger der Langemarckstraße heute noch wüssten, wofür „Langemarck“ einst für die Nationalsozialisten stand.

Auch Poppek selbst findet, dass der Aufwand, der sich für die Anlieger der Straße durch die Umbenennung ergäbe, zu groß sei. „Es geht ja nicht allein um Ausweise und sonstige Papiere, die geändert werden müssen. Wir müssten auch noch alle unsere Freunde und Bekannte über die Adressenänderung, die ja eigentlich keine ist, informieren“, so Poppek.

Seine Großmutter Margarete Mackert wünsche sich vielmehr, dass mit der Beibehaltung des Straßennamens „Langemarckstraße“ und Aufstellung entsprechender Gedenktafeln daran erinnert werde, dass mit der Verklärung dieser einen Schlacht viele junge Menschen getäuscht und schlussendlich in den Tod getrieben worden waren.

Der Beirat zeigte sich indessen geneigt, dem Wunsch nach einer Umbenennung nachzukommen, vor allen Dingen, weil diesmal die Finanzierung gesichert sei. Sascha Uecker (CDU) betonte aber, dass es wichtig sei, die Anwohner zu überzeugen und sie auf dem Weg der Umbenennung mitzunehmen. „Die Anwohner müssen die Umbenennung mittragen“, betonte Uecker.

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