Zehntausende Pflegekräfte fehlen in ganz Deutschland. An der Bremer Hochschule wird nun gegengesteuert. An diesem Montag startet ein neuer internationaler Studiengang Pflege. 22 Studierende sind eingeschrieben, sagt Studiengangleiter Professor Matthias Zündel. Damit sei die Hochschule für den Anfang zufrieden, das Ziel seien 40 Studierende.
Mit dem praxisorientierten Bachelor-Studiengang erwerben die jungen Leute nicht nur einen wissenschaftlichen Abschluss, sondern auch ein Staatsexamen als Pflegefachkraft, erklärt Zündel. In acht Semestern lernen die Studierenden Grundlagen der Anatomie, Physiologie und des wissenschaftlichen Arbeitens, aber auch die praktische Arbeit am und mit pflegebedürftigen Menschen. 13 der 40 Module seien Praxismodule. „Die können in Krankenhäusern, Psychiatrien oder bei anderen Kooperationspartnern der Hochschule belegt werden“, sagt Zündel. Im ersten Semester zum Beispiel liege der Fokus beim Praxisanteil auf der Geriatrie, also der Arbeit mit alten Menschen, sowie auf der stationären Langzeitpflege.
In einem Simulationszentrum an der Hochschule üben die künftigen Pflegefachleute Situationen mit Schauspielern und reflektieren sie anhand von Videoaufzeichnungen, berichtet Professor Zündel. Er ist derzeit noch der einzige Professor in diesem Studiengang, zeitnah sollen aber zwei weitere Professuren besetzt werden, die Auswahlverfahren liefen schon. Ende 2019 folge eine weitere Ausschreibung. Wissenschaftliche Mitarbeiterstellen gebe es derzeit eineinhalb, ebenso einen technischen Mitarbeiter und eine halbe Stelle für eine Lehrkraft für die medizinischen Grundlagen. Es sollen jedoch noch weitere Mitarbeiter hinzu kommen, sagt Zündel.
Neue Zielgruppen im Blick
„Wir machen in Deutschland eine eher nachholende Entwicklung“, sagt Zündel. Im Ausland sei es längst viel selbstverständlicher, dass Pfleger und Pflegerinnen auch an Hochschulen und Universitäten ausgebildet werden. Der neue Studiengang in Bremen sieht auch ein verpflichtendes Auslandssemester vor. „Auffällig ist, dass wir zwölf Männer unter den 22 Studierenden haben“, sagt Zündel. Das könne Zufall sein, könne aber auch andere Gründe haben. Sonst sei im Bereich Pflege ein Verhältnis von drei Männern unter 30 Leuten üblich. Zündel sieht mit dem Studiengang die Möglichkeit, neue Zielgruppen anzusprechen.
Das Angebot ist nach Angaben der Hochschule bundesweit der erste Studiengang, der nach dem neuen Pflegeberufegesetz akkreditiert wurde. Das Gesetz fasst die Ausbildungen für Alten- und Krankenpfleger zusammen. Dies soll der Personalnot entgegenwirken, weil Pfleger künftig nach ihrer Ausbildung in beiden Bereichen arbeiten können.
Wie viele Pflegekräfte derzeit in Bremen fehlen, ist der Gesundheitsbehörde nicht bekannt. Es liegen lediglich Zahlen aus dem Gesundheitsberufemonitor 2016 vor. Dieser sprach von etwa 250 fehlenden Krankenpflegern und circa 200 offenen Stellen in der Altenpflege. Das nächste Monitoring soll laut einem Sprecher von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) 2020 stattfinden.
Attraktivität steigern
„Wir müssen die Ausbildungswege in der Pflege grundsätzlich aufwerten und vielseitiger gestalten“, teilte Bernhard mit. Außerdem sei die Ausbildung zwischen fachschulischer und akademischer Qualifikation durchlässiger zu gestalten, um die Attraktivität der Pflegeberufe zu erhöhen.
An der Universität Bremen gibt es seit vielen Jahren schon den Bachelor-Studiengang Pflegewissenschaften. Ihn können sowohl Auszubildende, die an einer Bremer Berufsfachschule eine Pflegeausbildung machen, als auch Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung belegen. An der Hochschule Bremen laufen aktuell ebenso Vorbereitungen für einen Studiengang Hebammenwissenschaft. In Niedersachsen gibt es ebenfalls Pflegestudiengänge, zum Beispiel an den Hochschulen Osnabrück und Hannover.