Vor Kurzem feierte der Verein Aktion Hilfe für Kinder sein 25-jähriges Bestehen. Mit rund 22.000 Mitgliedern ist es eine der größten Kinderhilfsorganisationen in Deutschland. Wie kam es vor einem Vierteljahrhundert zur Gründung?
Meike Rasch: Der Ursprung der Idee stammt aus einer Stammtischrunde. Ein damaliges Gründungsmitglied hatte eine kranke Tochter und stellte die Frage: Was kann man für sie tun? Welche Angebote kann man machen?
Weil es keine Angebote gab?
Weil kranke Kinder zu oft durch das gesellschaftliche Raster fallen. Oft scheitert es an Kleinigkeiten, um eine Teilhabe zu gewährleisten, zum Beispiel ein behindertengerechtes Transportmittel für den gemeinsamen Schulausflug.
Welche Kinder unterstützt der Verein außerdem?
Unsere Unterstützung gilt bundesweit allen Kindern und Jugendlichen, die Hilfe benötigen, egal welchen Geschlechts und welcher Herkunft. Wir engagieren uns im Einzelfall, zum Beispiel mit der Mitfinanzierung von Nachhilfeunterricht, Reittherapie und Umbauten zu einem behindertengerechten Bad oder bei Projekten, bei denen wir viele Kinder erreichen und fördern können.
Sie bekommen jeden Monat viele Anträge für eine Unterstützung, können aber nicht jeden finanziell unterstützen. Wo setzen Sie Grenzen?
Grenzen setzen wir immer wieder, wenn Leute uns bitten, ihre Schulden zu begleichen. Dafür ist der Verein nicht zuständig. Ein Hauptteil unserer Arbeit besteht aus der Hilfe zur Selbsthilfe, also mit dem Antragsteller einen Weg zu finden, an wen man sich wenden kann, welche Formulare wie ausgefüllt werden müssen. Bei der Finanzierung einzelner Projekte wägen wir im Team und ehrenamtlichen Beirat ab, wie wir den Einzelnen einen größtmöglichen Nutzen zukommen lassen können.
Anträge brauchen Zeit. Was ist, wenn es mal schnell gehen muss?
Wir versuchen, bei jedem Antrag möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen. Etwa bei der Flutkatastrophe im Ahrtal. Da haben wir einem jungen Rollstuhlfahrer, dessen Rollstuhl weggespült wurde, sehr schnell einen neuen finanziert.
Welches Projekt verfolgen Sie derzeit?
Eigene Kinderhilfsprojekte setzen wir mit unserer 2010 gegründeten Stiftung um. Nach der Corona-Zeit liegt unser Fokus auf der Bewegung. Mit unserem „Tryze-Mobil“ fahren wir auf Sportplätze und freie Wiesen in den Bremer Quartieren Tenever und Schweizer Viertel und versuchen, Heranwachsende für Bewegung zu begeistern. Qualifizierte Trainer bieten ein offenes Angebot, Frisbee und Balance- und Koordinationsübungen im Parcours. Aber auch Klassiker wie „Fischer, Fischer wie tief ist das Wasser?" gehören dazu. Oft wissen Kinder gar nicht mehr, was sie draußen alles so machen können. Wir geben ihnen Anreize.
Und darüber hinaus?
Außerdem wird der kostenlose Verleih von barrierefreien Kleinbussen durch die Stiftung finanziert. Ein besonderes Highlight sind unsere Tandemfahrten, bei denen Kinder mit Beeinträchtigung mit Radrennprofis fahren. Die jährliche „Aktion Steilkurve“ bietet den Kindern ein einmaliges Erlebnis. Das Geld der Stiftung fließt zudem in unser eigenes Therapiezentrum.
Welche Therapien bieten Sie an?
Wir haben uns auf die NART-Therapie spezialisiert, die Neuroaktive Reflextherapie für Kinder und Jugendliche mit frühkindlichen Hirnschäden, spastischen Lähmungen und schweren Skoliosen.
Diese Therapieform wird nicht von den Krankenkassen unterstützt. Wie erklären Sie sich das?
Das ist schwer zu verstehen, denn die Erfolge sind sichtbar. Patienten kommen aus ganz Deutschland, weil dieses Therapiekonzept einmalig ist. Wir hatten zum Beispiel den Fall, das ein Kind mit der Prognose, niemals laufen zu lernen, jetzt läuft und ganz normal zur Schule geht. Aber auch kleine Fortschritte helfen enorm. Sie helfen, die Lebensqualität von den Kindern, aber auch von den betreuenden Personen zu steigern.
Gibt es Zukunftspläne für den Verein?
Unsere Mitgliederzahl ist durch die Pandemie ein wenig geschrumpft. Wir wünschen uns wieder mehr Unterstützung, sei es von Ehrenamtlichen oder als passives Mitglied, das mit dem Vereinsbeitrag von 60 Euro pro Jahr hilft. Strategisch möchten wir uns neu ausrichten und unsere Aktionen noch weiter bundesweit ausrichten.