Erst vor wenigen Tagen hat Marcus Henke auf Einladung von Ilse Fliege, Bremer Unternehmerin und Honorarkonsulin der Republik Togo, das Afrika-Kollegium in Hamburg besucht. Dass die Aktivitäten des kleinen Bremer Vereins "Lebenschance" auch politisch wahrgenommen werden, bestärkt den im Blockland lebenden selbstständigen Unternehmensberater darin, sich noch stärker freiwillig für Waisenkinder in einem der ärmsten Länder der Erde zu engagieren: "Ich möchte dazu beitragen, dass durch den Verein nachhaltige Entwicklungsarbeit initiiert wird."
Dabei konzentriert er sich auf das Kinderdorf Yovokope, das rund 70 Kilometer von der Hauptstadt Lomé entfernt liegt und in dem derzeit rund 450 Waisenkinder leben. Dort bekämen die Mädchen und Jungen ein Dach überm Kopf, Nahrung und die Möglichkeit, zur Schule zu gehen sowie eine Ausbildung abzuschließen, führt Marcus Henke aus. Somit erhielten sie eine Lebensperspektive in dem westafrikanischen Staat, in dem sich die Regierung nicht für Waisenkinder zuständig fühle.
Das Kinderdorf ist auf Initiative von Roger Sodji entstanden. Der gebürtige Togoer hat mehrere Jahre in Bremen gelebt und 2001 aus eigenen Mitteln 50 Hektar Land in der Region Badja gekauft, um in Yovokope Hilfsprojekte für bessere Lebensbedingungen zu starten. Zu diesem Zweck hat Sodji auch die Nichtregierungsorganisation "Association Mieux Etre Pour Tous" gegründet, die in diesem Jahr vor Ort eine berufsbildende Landwirtschaftsschule errichtet.
Mit beiden arbeitet der Verein "Lebenschance" nach Auskunft von Marcus Henke eng zusammen, um die laufende Unterhaltung und den Ausbau des Waisendorfprojekts abzusichern. Die nötigen Mittel bringen derzeit 35 von dem Projekt überzeugte Vereinsmitglieder aus Bremen und Niedersachsen durch ihre Mitgliedsbeiträge und (Spenden-)Aktionen auf. Eine gewisse Sicherheit gibt es dank der Förderung der 2011 zu diesem Zweck vom ehemaligen Hotelier Anton Brinkhege gegründeten Brinkhege-Stiftung.
Das jüngste "Lebenschance"-Vereinsprojekt ist der Schulneubau. Er ist nach dem innovativen Entwurf des Bremer Architekten Felix Brinkhege entstanden, der es mithilfe örtlicher Helfer in Eigenleistung aufgebaut hat. Das Lehmdach senkt die Temperatur in den fünf Innenräumen um drei, vier Grad, was für ein besseres Lernklima sorgt.
Über die projektbezogene Zusammenarbeit mit Anton Brinkhege habe er seit 1999 bereits Einblick in das soziale Engagement des Stiftungsgründers für das Waisendorf in Togo bekommen, berichtet Marcus Henke. Als dieser mit der Frage an ihn herangetreten sei, ob er den "Lebenschance"-Vereinsvorsitz übernehmen würde, habe er nach sorgsamer Abwägung im Frühjahr die Nachfolge von Sigrid Stiering angetreten. Dafür sprechen gleich mehrere Gründe.
Da freiwilliger Einsatz für andere in Henkes Familie immer eine Rolle gespielt hat und Großeltern und Eltern diesbezüglich Vorbilder für ihn sind, verspürt der Bremer selber eine "gewisse Verpflichtung, sich unentgeltlich für Dinge einzubringen, die Sinnhaftigkeit haben". Darüber hinaus verfügt er über viele wertvolle Kompetenzen.
Als Präsident der Landesjägerschaft Bremen, der in diesem Bereich weitere vielfältige Aufgaben wahrnimmt, verfügt Marcus Henke über Erfahrung im Bereich Freiwilligenarbeit. Für sein ehrenamtliches Engagement in Stadtteilentwicklung und Umweltschutz ist er sogar im Oktober 2020 bei den Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Tages der Deutschen Einheit in Potsdam vom Bundespräsidenten als einer von fünf Bremer Delegierten geehrt worden.
Zudem könne er als Spezialist für Projektentwicklung, Betriebswirtschaft und Kommunikationsaufgaben sicherlich seine berufliche Erfahrung – auch durch Afrika-Projekte – und seine Expertise einbringen, schildert der Bremer und verweist auf seine Flexibilität und bestehenden Netzwerke. Die persönlichen Kontakte möchte Marcus Henke ausbauen, auch den zu Roger Sodji als Projektkoordinator vor Ort, den er in diesem Jahr in Yovokope besuchen will.
Denn der selbstständige Unternehmensberater strebt eine Neuorientierung des Vereins an: Er möchte das ehrenamtliche Bündnis als "leistungsstarkes Entwicklungshilfeinstrument von internationaler Bedeutung" weiterentwickeln. Denn die auf diese Weise initiierte praktische "Hilfe zur Selbsthilfe" sei "immer etwas Nachhaltiges." Als Beispiel nennt der Diplom-Betriebswirt die neu geschaffene Wertschöpfungskette bei der Versorgung. Auf den 50 Hektar Land würden in erster Linie landwirtschaftliche Produkte zur Selbstversorgung angebaut, einige auch verkauft.
Die Unterstützung derartiger Projekte und weiterer in den Bereichen Bildung und Energie bedeute für Afrika eine Zukunftsperspektive, präzisiert er seine Vision. Dadurch würden die Autonomie und letztendlich die Bildung als Grundvoraussetzungen für Demokratie gestärkt. "Afrika ist einer der wichtigsten Zukunftsbausteine für uns in Europa", sagt Henke mit Blick auf den Ausbau Grüner Energie.