Für werdende Eltern ist dies die schlimmstmögliche Vorstellung: Ein Schicksalsschlag vereitelt den Weg zum angestrebten Familienglück, das sehnlich erwartete Kind verstirbt, noch bevor sein Leben überhaupt beginnen konnte. Wenn dies zur bitteren Realität wird, fallen Betroffene in ein tiefes, emotionales Loch; wissen oft nicht, wie sie mit dieser immensen Trauer umgehen, diese vielleicht irgendwann sogar verarbeiten können.
Betroffene eines solchen Schicksalsschlages mussten bislang weite Wege in die Innenstadt auf sich nehmen, um sich in Selbsthilfegruppen unter professioneller Moderation mit Leidensgenossen austauschen zu können. Nun gibt es auch im Bremer Norden das Angebot einer offenen Trauergruppe für früh verwaiste Eltern.
Mehrere Perspektiven bieten
Bei dieser handelt es sich um ein gemeinsames Angebot der Frühberatungsstelle und der Beratungsstelle „Pro Familia“. „Der Wunsch der Einrichtung einer solchen Gruppe im Bremer Norden wurde im Rahmen unseres Beratungsangebots von Betroffenen an uns herangetragen“, erklärt Anja Struß-von Bargen von der Frühberatungsstelle.
Da entsprechende Begleitungsangebote in der Innenstadt oder sogar in Achim insbesondere für Betroffene ohne eigenes Fahrzeug und anderweitigen familiären und beruflichen Verpflichtungen schlecht erreichbar sind, stieß dieses Anliegen nicht nur bei Struß-von Bargen auf offene Ohren.
„Für uns war klar, dass wir ein solches Angebot zu zweit begleiten möchten, um auch selbst verschiedene Perspektiven anbieten zu können“, erklärt Struß-von Bargen, welche die Begleitung der Gruppe als gelernte Hebamme gemeinsam mit der Sozialpädagogin und Systemischen Therapeutin Elma Blank aus den Reihen der „Pro Familia“ übernimmt.
Geboten wird ein geschützer Raum
„Es handelt sich bei dem Angebot nicht um eine Beratung, sondern um eine offene Gruppe, die durch uns begleitet wird“, präzisiert Elma Blank. „Es geht dabei nicht um hohe Teilnehmerzahlen oder verbindliche Einhaltung aller Termine, sondern darum, einen geschützten Raum anzubieten, wo Trauer frühverwaister Eltern in verschiedenen Formen im Austausch miteinander gelebt und besprochen werden darf“.
Letztlich ist Trauer und Trauerarbeit grundsätzlich eine ebenso individuelle wie intime Angelegenheit der Betroffenen; die Gruppe ein offenes Angebot für Betroffene, mit ihrem Schmerz nicht allein bleiben zu müssen. „Das war genau die Antwort, die wir von den Gruppenteilnehmern auf die Frage nach ihrer Motivation zur Teilnahme erhielten: Dass sie nicht alleine sein möchten mit der Trauer; dass es in ihrem Umfeld, in der Familie, in der Gesellschaft, im Freundeskreis kaum Räume und Möglichkeiten gibt, diese an- und auszusprechen“, erklärt Blank.
Treffen finden monatlich statt
„In einer solchen Situation stellt sich für Betroffene immer die Frage: Mit wem kann ich darüber reden? Wem kann ich mich anvertrauen?“ Häufig erführen Betroffene in ihren Umfeldern hingegen aus Unsicherheit erfolgenden Rückzug oder vermeintlich wohlmeinende Ratschläge. Beides sei für Betroffene nicht hilfreich: „Auch in der Gruppe geht es nicht darum, Tipps zu verteilen, sondern um Gespräche mit anderen Menschen in einer ähnlichen Lebenssituation, die dieselbe unendliche Traurigkeit kennen. Durch diese Gespräche entwickeln sich neue Ideen und Impulse, die den jeweils individuellen Weg der Trauerarbeit unterstützen“, erklärt Blank.
Im Mai traf sich die Trauergruppe für frühverwaiste Eltern erstmals in den Räumen der „Pro Familia“ in der Meinert-Löffler-Straße; folgende Gruppentermine finden jeweils einmal monatlich jeweils donnerstags statt. So haben Betroffene in den kommenden Monaten am 15. August, 26. September, 24. Oktober, 21. November und 12. Dezember die Möglichkeit, sich hier jeweils von 17.00 bis 18.30 Uhr mit ebenfalls Betroffenen auszutauschen.
„Wir müssen natürlich versuchen, die Gruppentermine in unsere reguläre Arbeit zu integrieren“, erklären Blank und Struß-von Bargen diese vermeintlich niedrige Frequenz; versichern jedoch, dass Betroffene in dringenden Fällen generell stets ein offenes Ohr in beiden Einrichtungen finden. „Wir würden uns zudem wünschen, dass Betroffene vor einer Gruppenteilnahme zunächst Kontakt zu uns aufnehmen, ob telefonisch oder persönlich“.