Vegesack. „Die ganzen kleinen Geschäfte in Vegesack machen ab Montag wieder auf. Alle sind heilfroh, dass sie wieder öffnen können“, sagt Werner Pohlmann. „Für den Einzelhandel sind die jetzt geplanten Lockerungen richtig und wichtig“, meint der Vorsitzende des Vegesack Marketings. Rund 180 Geschäfte verzeichnet das Shopping-Portal des Vereins für die Einkaufsmeile im Mittelzentrum, etwa die Hälfte sind Einzelhändler. Überwiegend sind es kleinere Geschäfte, und genau die dürfen ab kommender Woche nach vierwöchiger Zwangspause wegen der Corona-Pandemie unter Auflagen wieder öffnen.
Auch wenn die meisten Händler noch nicht wissen, welche Schutzmaßnahmen konkret von ihnen erwartet werden – sie sind vorbereitet, haben sich mit Desinfektionsmitteln und Masken eingedeckt und weitere Vorkehrungen getroffen.
Werner Pohlmann ist nicht nur Vorsitzender des Vegesack Marketings sondern auch Geschäftsführer des Modehauses Leffers. Zum Unternehmen gehört der Esprit Store in der Gerhard-Rohlfs-Straße. 140 Quadratmeter Verkaufsfläche hat der Laden laut Pohlmann. Damit erfüllt er die Voraussetzungen für die jetzt geplante Öffnung von Läden bis zu einer Verkaufsfläche von maximal 800 Quadratmetern. „Wir werden den Store am Montag öffnen“, sagt Pohlmann. Das Modehaus Leffers, dessen Verkaufsfläche der Geschäftsführer mit 2500 Quadratmetern angibt, hat nach den am Freitag verkündeten Regelungen die Möglichkeit, seine Verkaufsfläche auf 799 Quadratmeter zu beschränken.
Pläne für eine Öffnung von Teilbereichen des Modehauses liegen nach seinen Worten in der Schublade. „Das könnten wir kurzfristig umsetzen“, meint der Geschäftsführer. Die Idee sei, 800 Quadratmeter im Erdgeschoss zu öffnen. „70 Prozent der Damenabteilung würden wir damit abdecken.“ Eine eigene Verkaufsfläche könnte laut Pohlmann auch die rund 300 Quadratmeter große Wäscheabteilung mit ihrem separaten Eingang an der Reeder-Bischoff-Straße werden.
Vorkehrungen für den Schutz von Mitarbeitern und Kunden sind laut Pohlmann getroffen. Mitarbeiter sollen in Schichten arbeiten, im Verkaufsbereich und in den Aufenthaltsräumen für das Personal will man Sorge dafür tragen, dass ein Mindestabstand von 1,50 Metern eingehalten wird. „Wie wir den Abstand für die Kunden regeln, steht noch nicht fest.“ Wie viele Kunden er im Fall einer Öffnung ins Geschäfts lassen dürfte, weiß Pohlmann noch nicht. Für Hygienemaßnahmen sei gesorgt. „Wir haben Hände-Desinfektionsmittel und unsere Schneiderin hat 150 Mundschutz-Masken genäht, zwei für jeden Mitarbeiter.“
Die Entscheidung von Bund und Ländern, aus Gründen des Infektionsschutzes zunächst nur kleinere Geschäfte zu öffnen, um zu verhindern, dass auf einen Schlag Massen in die Einkaufszonen strömen, hält Pohlmann grundsätzlich für richtig. „Das Schlimmste, was dem Handel passieren könnte, wäre, dass die Geschäfte öffnen und dann ein paar Tage später wieder schließen müssen, weil die Zahl der Infizierten zu stark ansteigt.“
Genauso sieht es Thorsten Michaelis. „Es darf nicht passieren, dass wir in zwei Wochen wieder zumachen müssen, das wäre der Super-Gau“, meint der Inhaber von Lederwaren Michaelis. Er habe Verständnis dafür, dass die Öffnung mit Auflagen verbunden wird. Auch wenn er nach eigenen Worten noch nicht weiß, wie die Vorgaben aussehen werden. Wenn er am Montag sein Geschäft mit 90 Quadratmetern öffnet, wird Thorsten Michaelis eigene Schutzvorkehrungen getroffen haben. Vor den Verkaufstresen sollen Getränkekisten oder Bierzelt-Bänke für Abstand sorgen. „Man muss kreativ sein, für uns alle ist das Neuland“. Maximal jeweils zwei Kunden will er in den Laden lassen. Desinfektionsmittel hat er besorgt, noch ordern will er Mundschutz für die drei Mitarbeiter.
Kunden konnten laut Thorsten Michaelis während der vierwöchigen Zwangspause per Telefon, E-Mail oder über Facebook bestellen. „Als beliebtes Ostergeschenk haben wir Schulranzen verkauft.“ Trotzdem: „Die Schließung war schon hart. Zwei Wochen hätten wir noch durchhalten können, dann wäre es eng geworden“, sagt Michaelis. „Wir freuen uns, dass wir jetzt wieder für unsere Kunden da sein können.“ Die Lockerung ist für ihn ein „Hoffnungsschimmer“, einen Ansturm von Kunden erwartet er aber nicht. „Reisegepäck ist in diesen Zeiten kaum gefragt, außerdem haben die Leute wegen der Kurzarbeit nicht so viel Geld im Portemonnaie.“
Am Montag will Michaela Weichelt ihren Blumenladen an der Gerhard-Rohlfs-Straße wieder für die Kunden öffnen. „Die Auflagen kenne ich noch nicht“, sagt sie. Auch sie hat selbst vorgesorgt. Desinfektionsmittel, Mundschutz – alles da. Am Kassentresen wird noch eine Plexiglasscheibe aufgebaut. Zwei Mitarbeiterinnen hat sie. „Ob wir zu Dritt im Laden arbeiten dürfen, weiß ich nicht.“ Geplant sei, dass zwei Kolleginnen im Binderaum arbeiten und eine die Kunden bedient. Maximal zwei Kunden sollen das Geschäft betreten dürfen. „Vielleicht auch nur einer“. Der Laden, dessen Verkaufsfläche sie auf rund 30 Quadratmeter schätzt, sei nicht sehr breit.
In den vergangenen Wochen war die Floristin nach eigenen Worten jeden Tag von morgens bis abends im Geschäft. Trotz geschlossener Ladentür hatte sie gut zu tun. Kunden konnten per Telefon, Internet oder Facebook Blumen bestellen und liefern lassen. „Das lief super. Am Tag lieferten wir rund 25 bis 30 Sträuße aus, am Ostersonnabend sogar 58.“ Trotzdem sei sie froh, die Türen wieder öffnen zu dürfen.
Thorsten Ruhl will seine Kunden am Montag gleich mit der neuen Sommerware überraschen. Dass er wieder aufmachen darf, darüber ist der Inhaber des Schreibwaren-Geschäftes Six erleichtert. Vor dem Tresen steht jetzt eine Schutzscheibe. „Gerade habe ich Desinfektionsspray aus der Apotheke geholt“, erzählt der 57-Jährige. Ruhl und seine drei Verkäuferinnen wollen auch Mundschutz anlegen. „Um mit gutem Beispiel voranzugehen.“ Maximal vier Kunden sollen den 90 Quadratmeter großen Verkaufsraum betreten dürfen. Ruhl hätte es aus Gründen des Infektionsschutzes lieber gesehen, wenn die Politik für den Einstieg in die Lockerung beim Einzelhandel die Grenze bei 400 statt 800 Quadratmetern gesetzt hätte. „Die Situation ist wegen des Virus noch immer sehr schwierig.“