Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Große Nachfrage nach Parzellen Kleingärten sind begehrt

In der Corona-Zeit verzeichnen viele Kleingarten-Vereine in Bremen-Nord und den Gemeinden eine große Nachfrage nach ihren Parzellen. Ein Generationswechsel kündigte sich aber schon vorher an.
15.05.2020, 15:53 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Georg Jauken

Kontaktbeschränkungen, Reiseverbot, geschlossene Sportstätten und Kneipen: Nach Wochen verordneter Isolation ist die Erleichterung über die Lockerung der Auflagen spürbar. Glücklich schätzen darf sich in Corona-Zeiten, wer zwischen Haushalt, Homeoffice, Kinderbetreuung und Sport auf dem Wohnzimmerparkett in eine Welt außerhalb der eigenen vier Wände ausweichen kann. Kleingärten haben sich als einer dieser Zufluchtsorte erwiesen.

„Die Nachfrage ist überall groß“, berichtet Katharina Rosenbaum, Geschäftsführerin der Gartenfreunde Bremen, dem Interessenverband von 17 000 Kleingärtnern im Land. Ähnlich beschreibt Horst Topp vom Kleingartenverein „Blüh und Gedeih“ die Lage in Berne. Fünf von 41 Gärten hat er in diesem Frühjahr bereits neu vergeben, drei weitere sind reserviert. So viele neue Pächter in einem Jahr gab es dort noch nie, erzählt der Vorsitzende. „Man hat gemerkt, dass die Leute raus wollen.“ So ist er überzeugt, dass ein Aushang genügt, um auch noch für die letzte freie Parzelle neue Nutzer zu finden.

Beim Vegesacker Kleingartenverein „Im Rahland“ erhält die Vorsitzende Maren Nitz jede Woche drei bis vier Nachfragen nach freien Parzellen. „Die meisten hatten schon vorher daran gedacht. Corona macht das Maß voll.“ Die Corona-Auflagen hätten außerdem zu einer intensiveren Nutzung der Gärten geführt als normalerweise im April und Mai. Ihr selbst würde auch „die Decke auf den Kopf fallen“, wenn sie ständig zu Hause bleiben müsste und bestenfalls vom Balkon auf die Straße schauen könnte, glaubt Maren Nitz. „Über den Gartenzaun hinweg klönen ist außerdem schöner, als den Nachbarn nur im Hausflur zu treffen.“ Die Corona-Abstandsregeln ließen sich dabei gut einhalten, berichtet Nitz.

Lesen Sie auch

Wer ebenfalls einen Schrebergarten pachten möchte, muss sich vielerorts gedulden. Die Kleingärten mancher Anlagen sind so stark nachgefragt, dass es Wartelisten gibt, berichtet Katharina Rosenbaum über die Situation in Bremen. „Es gibt Vereine, die sind unheimlich nachgefragt. Aber sich zu erkundigen lohnt immer.“ Ist in der bevorzugten Gartenkolonie nichts frei, empfiehlt sie einen Blick in die Nachbarschaft. Einen Überblick über die Kleingartenanlagen und die Ansprechpartner bietet die Homepage des Landesverbandes unter https://gartenfreundebremen.de. Ein integrierter Stadtplan hilft, eine Anlage in der Nähe des Wohnorts zu finden. Ist die gesuchte Kleingartenanlage ebenfalls im Internet vertreten, führt ein Link direkt auf die Seite des Vereins. So wie beim Kleingartenverein Fuchsberg in Vegesack. Nach nur zwei Klicks ist zu erfahren, dass jüngst zwei Parzellen neu verpachtet wurden und für zwei weitere neue Nutzer gesucht werden, eine davon versteckt hinter einem Spielplatz und somit „perfekt für Familien mit Kindern“, wie es heißt.

Burkhard Rahl vom Kleingartenverein Lemwerder sucht ebenfalls neue Pächter für zwei Parzellen. Eine sei allerdings seit längerer Zeit ungenutzt und so verwildert, dass die neuen Pächter ganz neu anfangen müssten. Auf sechs anderen Parzellen hat sich in den vergangenen zwei Jahren ein Generationswechsel vollzogen. Sie werden nun von jungen Familien mit Kindern bewirtschaftet. Langes Suchen war dafür nicht nötig. „Wer sein Grundstück aufgeben will, sucht sich meist vorher einen Nachfolger“, berichtet Rahl. Die Nachfrage in diesem Frühjahr hat sich laut Rahl im üblichen Rahmen bewegt.

Wie in Lemwerder leben auch in Marßel viele Menschen in Mehrfamilienhäusern. Vom eigenen Garten hinterm Haus können viele Menschen dort nur träumen. „Die Leute merken, dass eine Wohnung eine Wohnung ist und sie stark eingeschränkt sind“, erklärt Athina Müller vom Kleingartenverein Lesum das Interesse insbesondere junger Familien an freien Parzellen. Probleme, neue Pächter für die Gärten zu finden, kennt sie nicht. Ob die Nachfrage in diesem Jahr auch auf die Corona-Auflagen zurückzuführen ist, vermag sie nicht zu sagen. Die Auflagen fielen zusammen mit dem Frühlingsanfang, erinnert Athina Müller. Es folgte ein besonders sonniger April. Mit bislang vier Neuverpachtungen seien es in Lesum allerdings schon etwas mehr gewesen als im Vorjahr. Ein weiterer von insgesamt 42 Kleingärten stehe noch zur Verfügung.

Die geringen Kosten sind laut Athina Müller auf jeden Fall ein Grund für das Interesse an den Kleingärten. Nach der einmaligen Ablösesumme für Gebäude und Pflanzen fällt nur noch eine jährliche Pacht an, die beim Lesumer Verein inklusive Wasser und Strom 200 Euro beträgt. Ein Kleingarten sei allerdings kein Ferienhaus, warnt Athina Müller vor falschen Erwartungen. Auf 30 Prozent der Fläche muss bei Bremer Kleingärten Obst und Gemüse angebaut werden.

Einer langjährigen Kleingärtnerin in Vegesack wurde das jetzt zu viel. „Die 90-jährige Pächterin hat sich schweren Herzens von ihrer Parzelle getrennt“, erzählt Vereinsvorsitzende Maren Nitz. „Ihr Nachfolger ist jünger als ihr Enkel.“ Wie in Lemwerder und anderswo setzt sich auch in der Kleingartenkolonie „Im Rahland“ mit der Neuverpachtung der Generationswechsel fort, der lange vor der Corona-Pandemie eingesetzt hat.

„Seit eineinhalb bis zwei Jahren kommen viele Familien. Sie sagen, wir möchten, dass unsere Kinder sehen, wie eine Kartoffel wächst“, berichtet Maren Nitz. „Manche wollen auch Selbstversorger sein.“ 40 Kinder können den Kartoffeln dort inzwischen beim Wachsen zusehen. Sie gehören zu den 22 Familien, die in den letzten zwei Jahren einen der Kleingärten auf dem Vereinsgelände übernommen haben.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)