Vegesack. „Es ist wichtig, in Schule andere Wege zu gehen, um das Potenzial der Kinder zu entfalten. Dalton am Gymnasium Vegesack ermöglicht ihnen, sich aktiv mit Themen auseinanderzusetzen, wofür die Kinder ausreichend Zeit bekommen“, sagte Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) zur Eröffnung des Daltonkongresses, der jetzt am Gymnasium Vegesack stattgefunden hat. Hierbei handelte es sich um das Treffen der deutschlandweit mit der sogenannten Daltonpädagogik arbeitenden sowie daran interessierten Schulen.
Seit dem Schuljahr 2016/2017 arbeitet das Gymnasium Vegesack nach den Grundsätzen der Daltonpädagogik, zu denen Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und bewussteres Fördern und Fordern nach den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gehören. Diese erhalten dafür eigene Lernphasen, in denen sie an ihren individuellen Wochenplänen arbeiten und am Ende derer die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten steht, wodurch die Schüler in hohem Maße ihre Selbstorganisation fördern. In Vegesack wurde die Daltonpädagogik als Lösungsansatz zur immer größer werdenden Heterogenität der Schülerschaft eingeführt, der für die gesamte Schule gelte und daher auch die Inklusion stärke.
170 Gäste aus ganz Deutschland
„In der Corona-Zeit ist es für sie schwieriger, den Unterricht hinzubekommen, aber die Schülerinnen und Schüler haben durch Dalton besonderes Rüstzeug erhalten“, meinte der Präsident der Daltonvereinigung Deutschland, Martin Wüller, in seinem Grußwort. Rund 170 Lehrkräfte aus ganz Deutschland waren in der Schule an der Kerschensteinerstraße zusammengekommen.
Insbesondere das Impulsreferat von Digitalexperte Hendrik Haverkamp, Leiter des im Dezember 2020 gegründeten Instituts für zeitgemäße Prüfungskultur, über „Neues Lernen, neues Prüfen – Wie eine veränderte Prüfungskultur die Schule verändern kann“ stieß auf breite Anerkennung in der Lehrerschaft. Haverkamp plädierte für einen offeneren Umgang mit vorgeschriebenen Klassenarbeiten, die durch Dalton ganz andere Formen erhalten könnten: „Anstelle einer traditionellen Klassenarbeit, die sich für manche anfühlt wie Schiffbruch auf einer Vulkaninsel, sollte man auch einmal auf einer Südseeinsel stranden, wo Kreativität, Kollaboration, Kooperation und Kommunikation wirklich gelebt – und geprüft – werden können.“
Im Zentrum der Daltonpädagogik – ebenso wie des dazugehörigen Kongresses – stehe „das Zauberwort Transparenz“, wie Birgit Brouër, Professorin für Empirische Bildungsforschung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, in ihrem Vortrag über die „Förderung der Selbstbeurteilungsfähigkeit von Lernenden im Daltonunterricht“ feststellte. So stellten sich die Lehrkräfte in 15 verschiedenen Workshops gegenseitig ihre besten Ideen aus der Praxis vor oder diskutierten über eigene sowie neue Eindrücke und Erfahrungen.
Mit neuen Impulsen bestärkt fühlte sich die Vegesacker Mathematiklehrerin Kathrin Horn: „Der Kongress hat mir sehr gefallen, weil ich mich mit Kollegen von anderen Schulen über die Umsetzung der Daltonpädagogik austauschen und neue Inspirationen für meinen Unterricht sammeln konnte.“ Auch ihre Kollegin Jasmin Jung, Sonderpädagogin im Förderschwerpunkt „Wahrnehmung und Entwicklung“, fand die Inhalte der zweitägigen Fortbildung interessant: „Vieles, das ich kürzlich noch im Referendariat gelernt habe, wurde beim Kongress von Experten bestätigt. Das hilft mir, meine Lehrerinnenpersönlichkeit weiterzuentwickeln und am Lehr-Lernprozess zu arbeiten.“ Französischlehrerin Carola Kretschmann zeigte sich zufrieden: „Nette Stimmung, kollegialer Austausch, dazu Impulse und inspirierende Ideen, aber natürlich auch offene Fragen – es ist ein Prozess, den wir alle gemeinsam bestreiten.“
Abiturienten halfen beim Kongress
Schulleiterin Heike Ohler, die bereits an vergangenen Kongressen teilgenommen hatte, war sichtlich zufrieden mit der Vegesacker Gastgeberrolle. „Forschung und Erfahrung kommen hier zusammen, um gemeinsame Perspektiven zu entwickeln. Der Kongress zeichnet sich dadurch aus, dass alle teilnehmenden Lehrkräfte bereit sind, neue Wege zu gehen und aktiv an der Schulentwicklung zu arbeiten. Es gibt wenig Bedenkenträger. Das ist ein großer Motivationsschub.“
Gelobt wurden von den Gästen nicht zuletzt die angehenden Vegesacker Abiturienten, die sich bereiterklärt hatten, bei Organisation und Service zu helfen. Musikalische Kostproben und ein Auftritt des Schülerkabaretts „Antitoxin“ rundeten das Fortbildungsprogramm ab. Der nächste Daltonkongress soll im kommenden Jahr in Hameln stattfinden.