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Polizei gibt Nordbremer Kaufleuten Verhaltenstipps bei Raubüberfällen / Zweites Seminar geplant Der Gewalt aus dem Weg gehen

Wie verhält man sich richtig, wenn plötzlich bewaffnete Räuber im Laden auftauchen? Was die Polizei in solch einem Fall empfiehlt, haben über 30 Kaufleute in einem Präventionsvortrag im Ortsamt Vegesack gelernt: Ruhe bewahren, die Forderungen erfüllen und nichts tun, was in Gewalt münden könnte.
21.08.2013, 05:00 Uhr
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Von Volker Kölling

Wie verhält man sich richtig, wenn plötzlich bewaffnete Räuber im Laden auftauchen? Was die Polizei in solch einem Fall empfiehlt, haben über 30 Kaufleute in einem Präventionsvortrag im Ortsamt Vegesack gelernt: Ruhe bewahren, die Forderungen erfüllen und nichts tun, was in Gewalt münden könnte.

Vegesack. An der Rezeption eines Bremer Hotels zählen zwei Angestellte die Tageseinnahmen – gut sichtbar durch ein seitliches Fenster. Der Überfall erfolgt blitzartig. Zwei Männer schlagen ohne Vorwarnung auf ihre Opfer ein und entkommen mit dem Geld. "Der eine Angestellte war nachher total wütend und es stellte sich heraus, dass er Kickboxer war und sich so ärgerte, weil er von einem deutlich kleineren Räuber geschlagen worden war. Der andere Mann war vollkommen verwirrt." Reinalt Kowalewski vom Präventionszentrum der Bremer Polizei schildert, wie unterschiedlich Menschen einen Überfall verarbeiten: "Eine posttraumatische Belastungsstörung kann in die Berufsunfähigkeit münden und lebenslange Auswirkungen haben."

Wichtig sei in jedem Fall, über den Überfall zu reden, ihn zu zerreden, damit der Kopf das Ereignis verarbeiten könne. Kowalewski: "Ist es zu einer Lebensgefahr gekommen, dann hat man das ständig im Kopf. Auch wer schon mehrfach überfallen worden ist, bei dem kommen diese Bilder immer wieder." Oft sei bei den Opfern eine Wesensveränderung zu beobachten: "Man wird misstrauischer, vorsichtiger im Umgang mit Menschen und ist natürlich auch nicht mehr fröhlich bei der Arbeit."

Einen hundertprozentigen Schutz gegen Überfälle gibt es nach Aussage des Polizisten nicht. Überall, wo mit Bargeld gearbeitet werde, sei das eine Verlockung für die Täter. Und das eben nicht nur an Tankstellen, Kiosken und in Spielhallen. Reinalt Kowalewski: "Wir stellen aber fest, dass in den Betrieben einiges im Argen liegt. Es gibt oft keine Auseinandersetzung mit dem Thema Überfall und kein Wissen zu den Folgen." Dabei ließen sich gerade über eine vorbeugende Auseinandersetzung mit einem Raubüberfall die Risiken einer Gefahr für Leib und Leben am besten reduzieren: "Denken Sie immer daran: Für den Täter sind sie nur ein Hindernis, dass ihm im Weg steht, um an Geld oder Sachen wie Juwelen, Uhren oder Smartphones zu kommen. Nach unserer Vorstellung soll er möglichst schnell an seine Beute kommen, damit Ihnen nichts passiert."

Gegenwehr führt zu Eskalation

Gegenwehr führt nach Untersuchungen der Polizei häufig zur Eskalation: "Sie wissen nicht, was für ein Typ das ist, der Ihnen da gegenüber steht und wie gewaltbereit der wirklich ist. Die nehmen alles, was sie in die Finger bekommen, um Sie zu bedrohen: Das reicht von Spritzen über Messer und Pistolen bis hin zu Baseballschlägern", berichtet Kowalewski aus der Praxis.

Im Zweifelsfall solle man dem Täter eher die Tür zum Gehen aufhalten, als ihm etwas in den Weg zu stellen. Schaffe man es aber irgendwie, eine Distanz von drei Metern zu dem Täter aufzubauen, dann solle man auf dieser Position möglichst bleiben. Statt Gegenwehr zu leisten sei es Aufgabe des Überfallenen, sich eine gute Täterbeschreibung einzuprägen und möglichst direkt nach dem Überfall ein Gedächtnisprotokoll zu fertigen.

Und es gibt noch mehr Verhaltenstipps: Keine Hilfeschreie oder hektische Bewegungen, den Täter ernst nehmen, möglichst ruhig und höflich bleiben, die Hände sichtbar halten und allenfalls im Beisein des Täters per Fußschalter einen stummen Alarm auslösen. Von jedem Einsatz eigener Waffen rät der Berater dringend ab: "Mit Waffen muss man üben und im Zweifelsfall setzt der Täter ganz schnell Ihre Waffe gegen sie ein. Abgesehen davon darf es hier keine Selbstjustiz geben."

Jeder Betrieb sei verantwortlich dafür, Anweisungen mit klaren Regeln nicht nur für den Fall eines Überfalls aufzustellen und das richtige Verhalten am besten auch noch zu üben. Kowalewski: "Im Fall des Hotelüberfalls wurde uns versichert, dass es klare Regeln für den Umgang mit Bargeld an der Rezeption gegeben hat. Nur kannte die dummerweise keiner der beiden Überfallenen. Es liegt in der Verantwortung des Betriebes, die Mitarbeiter in diesen Dingen auch vernünftig zu schulen."

Auf den Wunsch einiger Teilnehmer der Schulung will Heiko Jacobi mit dem Aktionskreis Vegesack Interessierter Personen und der Polizei bald einen zweiten Vortrag organisieren, in dem es dann um Raubüberfälle auf offener Straße und dem Schutz vor Wohnungseinbrüchen gehen soll. Kontakt mit der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle bekommt man über praeventionszentrum@polizei.bremen.de.

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