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„Schulschiff Deutschland“ Zwischen Resignation und Aufbruch in Vegesack

Während das Unternehmerforum Nord noch einen letzten Versuch startet, die „Schulschiff Deutschland“ in Vegesack zu halten, werden an anderer Stelle schon Alternativen entwickelt.
14.04.2021, 05:30 Uhr
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Zwischen Resignation und Aufbruch in Vegesack
Von Björn Josten

Die Entscheidung der Mitglieder des Schulschiffvereins, den Traditionssegler nach Bremerhaven verlegen zu wollen, ruft in Vegesack ein geteiltes Echo hervor. Das Unternehmerforum Nord, ein Zusammenschluss von 18 Unternehmen, der nach eigenen Angaben für rund 7000 Arbeitsplätze im Bremer Norden steht, sorgt sich um die Attraktivität des Standortes. Dessen Entwicklung erleide ein Rückschritt, sollte eine maritime Attraktion, wie die „Schulschiff Deutschland“ Vegesack verlassen. Daher fordern die Unternehmer eine gemeinsame Gesprächsrunde, um über ein tragfähiges Konzept für den Standort Vegesack zu beraten. Am Tisch sitzen sollten neben dem Vorstand des Schulschiffvereins auch Vertreter des Landes Bremen und geneigter Interessengruppen. Allerdings fordert das Unternehmerforum nicht einen Verbleib auf Biegen und Brechen. Gelänge es nicht, ein solches Konzept zu erstellen, sei es nachvollziehbar, „wenn auch nicht wünschenswert“, dass der Vereinsvorstand des Deutschen Schulschiffverein eine Verholung nach Bremerhaven vorantreibe, so Thorsten Nagel, Vorstandsmitglied des Unternehmerforums Bremen-Nord. Nagel betont, dass ein neues Konzept nur gelänge, wenn „alle an einer Lösung für Vegesack wahrhaftig interessiert sind und willens sind, sich einzubringen“.

Für das Unternehmerforum sei klar, dass nur ein tragfähiges Konzept des Vereins auch eine verbindliche finanzielle Zusage des Landes rechtfertige und dem Steuerzahler vermittelbar sei. Dazu gehöre auch, kritisch zu prüfen und nach neuen Potenzialen zu suchen, ob und inwieweit das Nutzungsangebot des Schulschiffes auch in Bremen-Nord einfallsreich verbessert und erweitert werden könne. Die Unternehmer selbst stellen eine Spende in Aussicht und bieten an, die Gespräche zu moderieren. Voraussetzung dafür sei eine „Atmosphäre konstruktiven Lösungswillens für einen Verbleib des Schulschiffes in Bremen-Nord“, die zeitnah entstehen müsse. Die Unternehmer sehen diesbezüglich Vereinsvorstand und Vertreter des Landes Bremen in der Verantwortung.

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Während das Unternehmerforum noch Chancen für einen Verbleib der "Schulschiff Deutschland" sieht, fügt sich Pastor Volker Keller dem Ergebnis: „Wir haben gekämpft und verloren." Er hatte unter anderem während eines Gottesdienstes in der Stadtkirche für den Verbleib der „Deutschland“ geworben. „Unseren Argumenten fehlte Überzeugungskraft“, räumt er nun ein. Ganz so nüchtern mag Jörn Gieschen, Geschäftsführer des Vegesack-Marketing, die Situation nicht bewerten. "Der Standort, die Stadt Bremen und ein sogenanntes Hochhaus sollen Schuld sein. Für das Erlebnis Schulschiff und die Vermarktung ist aber der Vereinsvorstand verantwortlich", sagt Gieschen. Er macht genau in diesem Bereich Defizite beim Verein aus. Sein Urteil fällt vernichtend aus: "Hier sind mir keine Strategien oder Konzepte bekannt und so sieht das dann auch aus – nicht zeitgemäß, wenig dynamisch und kreativ, null digital." Die in Aussicht gestellte Potenzialanalyse des Standortes habe der Vereinsvorstand "allerdings direkt für sinnlos und unnötig erklärt", so Gieschen weiter. Sollte es eine Chance geben, die "Schulschiff Deutschland" in Vegesack zu halten, stünde das Vegesack Marketing weiterhin zu seinem Angebot für eine partnerschaftliche Mitarbeit an einem Zukunftskonzept.

Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt hatte sich qua Amt und mit einem Beiratsbeschluss im Rücken ebenfalls für einen Verbleib des Traditionsseglers stark gemacht. Nun präsentiert er sich als fairer Verlierer: „Ich wünsche dem Verein, dass die vom Vorstand in eine Verlegung gesetzte Erwartung einer nachhaltigen Verbesserung der Einnahmesituation mit dem Ziel einer auskömmlichen Unterhaltung der 'Schulschiff Deutschland' tatsächlich eintritt." Das wäre allerdings nach seiner Überzeugung auch in Vegesack möglich gewesen. Durch Ausnutzung neuer Potenziale im Quartier Am Alten Speicher und durch eine Attraktivitätssteigerung mit Veranstaltungen auf dem Schiff, wie Dornstedt ausführt. Einen Teilerfolg der Bemühungen verschiedener Mitstreiter hat er indes noch nicht aus den Augen verloren. "Mit Blick auf das 400. Jubiläum des Museumshavens 2022 erwarte ich, dass die vom Vorstand des Vereins abgegebene Zusage auf Verbleib der Deutschland bis zum Abschluss der Feierlichkeiten auch eingehalten wird."

Derweil richtet Dornstedt seinen Blick über das Jahr 2022 hinaus: "Mein Ziel ist es jetzt, gemeinsam mit den Akteuren der Arbeitsgemeinschaft Maritime Meile und mit den zuständigen Senatsressorts eine attraktive Alternative für die Maritime Meile Vegesack zu finden.“ Wie diese aussehen könnte, skizziert Pastor Keller. "Eigner besonderer Schiffe sollten sich für den Liegeplatz bewerben - das beste nehmen wir", sagt Keller und kann sich eine kleine Spitze nicht verkneifen: "Ein Restaurantschiff bräuchte keine Eintrittskarten-Erlöse."

Ein Verlust ist der Umzug der "Deutschland" für Vegesack allemal. Dass dafür allein der Standort verantwortlich gemacht werden soll, stößt dem Marketing-Mann Gieschen naturgemäß auf. "Vegesack bietet das Potenzial", beteuert er, wohl auch in dem Wissen, dass Vegesack mehr verliert als das Schulschiff. Denn, so Gieschen weiter: "Der identitätsstiftende Wert des Schiffes für Bremen-Nord ist ungleich höher als für das sowieso maritim breit genug aufgestellte Bremerhaven.“

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