Stell Dir vor, es wäre wirklich total einfach, 50 Prozent Energie zu sparen – und alle machen mit. Oder wenigstens viele – das würde schon reichen, um Pipelines schmerzfrei dichtzudrehen und einen Haufen weiterer Probleme von einem Tag auf den anderen zu verringern oder sogar nahezu in Luft aufzulösen." Eine gewagte These, die Rega Kerner in ihrem Buch "Einfacher Energie sparen zu Hause" gleich zu Beginn aufstellt. Allerdings ist die 52-Jährige von der Machbarkeit überzeugt. "In langen Berufsjahren als Binnenschifferin ist mir bewusster Umgang mit begrenzten Energiereserven in Fleisch und Blut übergegangen", so Rega Kerners Hinweis auf den Ursprung des Buches, mit dem sie "gespickt mit einer Portion Humor" gleich noch praktische Tipps für den Alltag liefert.
"Wir sind über achtzig Millionen, das ist unsere Macht: Schaltet jeder nur ein Standby aus, wird ein Kraftwerk dichtgemacht!", schrieb Rega Kerner schon vor Wochen als Einleitung für ihr neues Buch – lange bevor der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck (Die Grünen) den Slogan "80 Millionen gemeinsam für den Energiewechsel" herausgab. Kerners Zeilen aus ihrem Energiespargedicht "Die Tropfensumme" streute sie inklusiver erster Tipps bereits im März im Netz. Daraus wuchs dann die gedruckte Langfassung. Natürlich habe sie das Rad nicht neu erfunden. Viele ihrer Tipps habe man irgendwo schon mal so oder ähnlich gehört.
"Aber das Büchlein fasst eine Menge einzelner Tipps zusammen, und zwar aus der realen Praxis meines Haushaltes und Bootes mit teils kreativen Lösungsalternativen", ist sie überzeugt. Im Übrigen sind es gerade die kreativen Lösungsansätze, die sie ebenfalls zum Schreiben dieses Buches brachten – zusätzlich zu motivierenden Worten von Freundinnen. Beispielsweise nach dem Blick hinter der Heizung in Rega Kerners Landwohnung, wie sie ihr Domizil außerhalb des Wohnschiffs "Noortje" im Vegesacker Museumshafen bezeichnet.
Den Blickwinkel ändern
Also, in besagter Landwohnung in Walle, da hat sie hinter die jeweiligen Heizungen beispielsweise Schutzabdeckungen für die Autoscheiben geheftet. "Ausgemusterte Folien, die ich von einer Nachbarin bekam." Die Isolationsseite zeigt zur Wand, die Reflektionsseite in den Innenraum. Diese laut Kerner einfache und kostengünstige Variante einer Dämmung, verhindere, dass die Wärmeenergie über die Fassade nach außen verloren geht und reflektiert sie quasi in den Raum. "Das kann man selbstverständlich auch vom Profi anbringen lassen, oder im Fachhandel kaufen", so Kerner. Mit dem Energiespar-Buch möchte sie allerdings gleichzeitig motivieren, den Blickwinkel zu ändern.
Eine Erfahrung aus dem Alltag als Binnenschifferin, wo bei Stromausfall mitten in der Nacht, zu wenig Wasser im Tank oder Geräuschen des Generators, die auf "Übles schließen ließen" auch kein Handwerker zwecks Hilfe zur Stelle war. "Da half oft nur ressourcenschonendes Werken zu jeder Zeit und bei Problemen die Abhilfe mit vorhandenen Mitteln – auch auf ungewöhnliche Art." Simple Kniffe und Tricks, die die alleinerziehende Mutter einer Tochter von Schiff auf Landwohnung übernommen hat, mit denen sie Strom, Gas, Wasser, und somit Geld spart – oder einfach andere Nutzungsweisen findet. So auch für die Schilfrohrmatte, üblicherweise Sichtschutz am Balkon. "Die hohlen Schilfrohre halten die Luft fest, sie dürften an einer Außenwand gute Wirkung haben", lautet Kerners Hinweis mit Blick auf isolierende Naturmaterialien – auch für Innenräume.
Energieschonend kochen
"Laut Vergleichsgrafik der Bremer Stadtwerke verbrauchen meine Tochter und ich nur ungefähr die Hälfte des Durchschnitts", beschreibt Rega Kerner ihren Energiebedarf im Buch. Diese Vergleichsgrafik, die per Post den Weg zu Rega Kerner fand, war im Übrigen ein weiterer Auslöser, der die Romanautorin zu einer Energie-Spar-Ratgeberin werden ließ. Humor und Randgeschichten inklusive erfährt der Leser, dass es sich lohnt "ganz klein anzufangen, statt 'das lohnt nicht', zu denken. Denn jeder Tropfen zählt", so Rega Kerner. Dazu gehöre das sparsame Wäschewaschen, "grundsätzlich 30 Grad pflegeleicht, plus die Taste ,Zeit sparen', zum Ausgleich fehlender Desinfektionshitze gelegentlich Essig ins Weichspülfach"; kein Wäschetrockner, "ein Gerät für etwas, das von alleine ebenso passiert?"; energiesparend kochen, beispielsweise durch kombiniertes Kochen in einem Topf, "Kartoffeln unten knapp mit Wasser bedeckt, Gemüse obendrauf gart im Dampf mit"; Topfturm stapeln, "was kürzer gart, kann statt Deckel oben drauf".
Dass Energiesparen durch Abschaffung verschiedenster Geräte sogar förderlich für die Gesundheit sein kann, hat Rega Kerner unter "Bewegungsenergie" beschrieben, und findet es motivierend "wenn ich Karottenraspeln nicht mehr als leidige Arbeit sehe, sondern als kleines Muskeltraining", genauso wie die Handhabung eines mechanischen Mähers als Fitnesstrainer. Und wieso nicht mal die ganze Familie einen Tag lang die eigene Fantasie spielen lassen – beim Familienspartag. "Abends erzählen alle, an welchen Punkten sie konkret gespart haben. Gewinner ist, wer die meisten oder effektivsten Ideen hatte."