Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Turnen Ein etwas anderes Weihnachtsfest

Die „ewige“ Übungsleiterin Hannelore Preuß verbringt die Feiertage mit der Familie daheim anstatt in Grömitz
23.12.2020, 15:24 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Karsten Hollmann

Schönebeck. Seit 56 Jahren ist Hannelore Preuß als Übungsleiterin beim MTV Eiche Schönebeck im Einsatz. Ihr Gymnastikangebot mit Yoga-Elementen kann aber wegen der Corona-Pandemie derzeit nicht stattfinden. Auch das Weihnachtsfest der Familie Preuß wird deshalb anders ausfallen als in den vergangenen Jahren. „Seit sechs Jahren haben wir zwei Häuser über die Weihnachtstage für sechs Erwachsene und meine vier Enkelkinder in Grömitz angemietet. Das fällt aber in diesem Jahr natürlich wegen Corona aus – die Schleswig-Holsteiner lassen uns gar nicht erst rein“, teilt Hannelore Preuß mit.

Dafür macht es sich die Familie nun daheim in Aumund so richtig gemütlich. Hannelore Preuß schmückte ihr Haus sogar noch weihnachtlicher als ohnehin schon. „Bei uns hängen und liegen überall Weihnachtssachen herum. Mein Mann nimmt deshalb schon immer Reißaus“, sagt die 72-Jährige, die seit frühester Kindheit Turnsportlerin ist. Über den Vegesacker Turnverein und ein kurzes Zwischenspiel bei FT Hammersbeck wechselte sie im Jahre 1964 zum MTV Eiche Schönebeck, da dieser sich gerade auf der Suche nach Übungsleitern befand. Dort löste Hannelore Preuß ihre inzwischen verstorbene Tante Hanna Sievers als Übungsleiterin der Erwachsenen ab. In den nachfolgenden Jahren betätigte sich Preuß selbst als Geräteturnerin und spielte Korb-, Brenn- und Völkerball. Über viele Jahre hinweg war Hannelore Preuß mehr oder weniger jeden Tag unter der Woche in der Sporthalle und leitete dabei unter anderem das Mutter-Kind-Turnen. Seit 45 Jahren ist sie im Besitz der allgemeinen Trainerlizenz. Ihren Abschluss-Lehrgang im Rahmen der Übungsleiter-Ausbildung absolvierte sie dabei im später abgebrannten Sportlerheim auf Spiekeroog. Mit ihrem Mann Jürgen verbindet Hannelore Preuß unter anderem die Leidenschaft, mit dem Wohnwagen zu verreisen. Eines der Lieblings-Reiseziele der Eheleute Preuß ist dabei der Campingplatz mit Blick auf den Olympia-Hafen von Kiel.

„Wir kommen einfach vom Wasser nicht los“, berichtet Hannelore Preuß. Mehr als drei Jahrzehnte machte das Ehepaar die Gewässer mit seinem Segelboot Kapella, eine in Bremen erbaute Emka 28, „unsicher“. Weil Jürgen Preuß sich krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sah, das Boot instand zu halten, verkaufte die Familie es vor zwei Jahren schweren Herzens. „Es war für uns ganz traurig, die Kapella mit anderen Leuten an Bord auf dem Wasser zu sehen. Auch, wenn wir wissen, dass sie in gute Hände gekommen ist“, erklärt Hannelore Preuß. Mit dem Schiff hatte die Familie allerlei Abenteuer erlebt. Einmal ging es dabei sogar über die Weser, Hunte und Ems an Groningen vorbei bis zum Ijsselmeer. „Wir sind dann auf die Besatzung eines Bootes zur Rettung Schiffbrüchiger getroffen. Die haben uns wegen eines bevorstehenden Sturms davor gewarnt weiterzufahren, weil sie uns ansonsten hätten retten müssen. Wir waren damals noch ziemlich unerfahren und kannten auch das Ijsselmeer nicht“, erinnert sich Preuß.

Immer wieder mussten Hannelore und Jürgen Preuß den Mast bei ihren Fahrten auf- und wieder abbauen. „Das haben wir dann aber irgendwann in unter einer Stunde geschafft“, erzählt die 72-Jährige. Gerade auf den Touren auf dem Geeste-Elbe-Kanal von Bremerhaven nach Otterndorf mussten die Eheleute den Mast in Otterndorf wieder aufbauen. Auch die beiden Söhne Roland (47) und Florian Preuß (43) begleiteten ihre Eltern häufig auf ihren Bootstouren. „Dann haben wir einfach an Häfen angelegt, wo wir wussten, dass auch etwas Interessantes für die Kinder dabei ist“, so Hannelore Preuß. Als die Kinder dann groß waren, änderten sich auch die Ziele.

Die gelernte Industrie-Kauffrau hatte auch beruflich mit Schiffen zu tun. Nach einer Ausbildung bei einem Hallen- und Gerätebauer in Beckedorf, wo ihr Vater Meister und ihre Schwester Brunhilde Jeschar als Technische Zeichnerin angestellt war, arbeitete sie 26 Jahre im Büro eines Segelmast-Herstellers. „Da war ich länger beschäftigt als die beiden Chefs“, verkündet die Sportlerin stolz. Die Firma zog dann aber von Lesum nach Stuhr um. „Da wollte ich nicht immer ganz aus Aumund hinfahren“, begründet Hannelore Preuß ihren Rückzug. Jürgen Preuß, der im kommenden Jahr seinen 80. Geburtstag feiert, hat hingegen noch bis vor Kurzem als Augenoptiker gearbeitet.

Hannelore Preuß hat noch eine weitere Schwester. Mit Margrit Anders geht sie einmal in der Woche walken, um sich auch während des Lockdowns fit zuhalten. Das scheint gut zu funktionieren. „Mein Hausarzt kann gar nicht glauben, dass ich schon 72 Jahre alt sein soll“, versichert die Übungsleiterin. Für die Corona-Maßnahmen zeigt sie großes Verständnis: „Wenn man bedenkt, dass die Menschen in anderen Ländern noch nicht einmal ohne triftigen Grund vor die Tür dürfen, sollten wir Deutschen den Ball mal schön flach halten.“

Hannelore Preuß vermisse jedoch ihre Kolleginnen aus der Gymnastik-Gruppe. „Die persönlichen Gespräche und Das-Mal-Rauskommen fehlen mir aber schon sehr“, betont die 72-Jährige. Sie versuche, mit möglichst vielen Telefonaten so gut wie möglich Kontakt mit ihrer Gruppe zu halten. „Die sind aber alle schon am Jaulen, weil wir uns ja nicht mal in Kleingruppen treffen können“, so Preuß.

Wenn Hannelore Preuß mal die Decke auf den Kopf fällt, dann muss sie nur vor die Haustür gehen, um sich zu beschäftigen. „Wir haben ein rund 1000 Quadratmeter großes Grundstück mit Garten. Da ist immer etwas zu tun. Das mache ich aber auch gerne“, betont das langjährige Eiche-Mitglied. Auch ihre beiden Söhne Roland und Florian Preuß haben beruflich mit Schiffen zu tun. Während Roland Preuß als studierter Informatiker Schiffe mit Elektronik ausrüstet, arbeitet Florian Preuß als Projektleiter auf der Lürssen-Werft.

Weihnachten werden Roland und Florian Preuß zusammen mit ihren Ehefrauen und den Kindern bei ihren Eltern Hannelore und Jürgen Preuß in Aumund feiern. Der Weg ist dabei nicht weit. Während Florian Preuß mit seiner Familie im Elternhaus von Hannelore Preuß zwei Häuser weiter in derselben Straße lebt, wohnt Roland Preuß mit seiner Familie in Hammersbeck. An Weihnachten kochen die Frauen gemeinsam, und eines darf dabei auf keinen Fall fehlen. „Am Heiligen Abend gibt es immer einen Heringssalat. Auf diesem besteht vor allem die eine Schwiegertochter, die aus Kiel kommt“, verrät Hannelore Preuß.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)