Er ist fast jeden Morgen der Erste, und mit ziemlicher Sicherheit ist es Werner Pohlmann, der jeden Abend auch als Letzter das Haus verlässt. Die Türen abschließt, so, wie er sie jeden Morgen aufschließt. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen schönen Feierabend wünscht, so, wie er jede und jeden von ihnen morgens persönlich begrüßt. Das Haus hat in Vegesack – und nicht nur dort – einen Namen. Einen sehr guten. Leffers klingt weit über Vegesack hinaus. Das Modehaus zieht seine Kundinnen und Kunden auch aus den entferntesten Stadtteilen an. Aus Borgfeld etwa, aus Schwachhausen, aber ebenso aus dem niedersächsischen Umland.
Werner Pohlmann und Leffers muss man in einem Atemzug nennen. Der 65-Jährige ist dort Geschäftsführer mit Leib und Seele. Seit Jahrzehnten ist er mit dem Modehaus eng verbunden. Hat sich mit ihm entwickelt und zuverlässig dafür gesorgt, dass die Welt der Kleider, Hosen und Röcke, der Jacken, Mäntel und Anzüge, der schmückenden Accessoires und der feinen Wäsche immer noch schöner wird. Die jüngste Umgestaltung ist gerade erst abgeschlossen. Mit ziemlicher Sicherheit hat der Geschäftsführer auch diese Phase mit einem Großteil seiner Zeit begleitet. „Leffers ist die erste Ehe, ich bin die zweite“, zitiert Werner Pohlmann seine Ehefrau, mit der er seit 39 Jahren verheiratet ist. Seit 48 Jahren kennen sie sich. Seine Frau habe viel Verständnis für die 60 Stunden, die für ihn während der Arbeit bei Leffers in einer Woche zusammen kommen. Und er habe an diesem Arbeitspensum auch Gefallen gefunden, „weil der Erfolg da war, weil die Entwicklungen da waren und weil es Spaß gemacht hat“. Nun aber ist damit Schluss.
Bewegende Leffers-Zeit
Werner Pohlmann geht mit dem letzten Februartag in den Ruhestand, reicht das Zepter, wenn man es so nennen mag, an seinen Nachfolger Maik Rothhaar weiter. „Ab Samstag bin ich nicht mehr hier“, blickt er auf einen neuen Lebensabschnitt. Einfach, das weiß er, werde der Abschied für ihn nicht. Nach all dem, was er in seinen 49 Berufsjahren zusammen mit seinen Mitarbeitern aufgebaut habe. Für Werner Pohlmann war es eine bewegende, zum Teil auch aufreibende persönliche Leffers-Geschichte. Denn mit dem Modehaus ist er von Beginn seines Berufslebens an verbunden. Bei Leffers in Minden hatte er sich von 1976 an drei Jahre lang als Kaufmann im Einzelhandel ausbilden lassen. 1980 wechselte Werner Pohlmann dann zu Leffers in Delmenhorst, kletterte die Karriereleiter hoch, wurde „relativ schnell Abteilungsleiter“, und als bei Leffers in Vegesack 1987 ein Geschäftsführerwechsel anstand, übernahm er hier die Leitung. Da war er „knapp 30 Jahre alt“. „Zwei Jahre später“, erinnert sich Werner Pohlmann, „gab es den ersten Umbau“. Das Haus vergrößerte seine Verkaufsfläche von 900 auf 1300 Quadratmeter. In den Folgejahren wuchs der Umsatz, berichtet der Geschäftsführer. „Größer werden und wachsen“ lautete daher die Devise. Eine weitere Vergrößerung auf 2400 Quadratmeter Verkaufsfläche gab es 1997/98. Hinzu kam ein weiterer Eingang von der Reeder-Bischoff-Straße aus. Heute bietet das Modehaus nach weiteren Umbauten inklusive moderner Fassadengestaltung eine Verkaufsfläche von 2800 Quadratmetern. 65 Mitarbeiter sorgen für Modeberatung und Service.
Das Modehaus gerettet
Das Jahr 2005 wird dem Geschäftsführer als Jahr des Bangens, Hoffens und der schlaflosen Nächte in Erinnerung bleiben. Das Leffers-Haus in Bremen-Mitte ging in die Insolvenz und mit ihm weitere Leffers-Häuser, wovon man in Vegesack böse überrascht wurde. „Ich kam aus dem Sommerurlaub zurück und Leffers hatte keine neue Ware bekommen“, berichtet Werner Pohlmann von fehlender Herbst-Kollektion. „Mir war klar, dass es keinen Investor für alle Leffers-Häuser geben wird.“ Werner Pohlmann wollte nicht untätig abwarten und nahm Kontakt zum Inhaber Ulrich Mann von Leffers in Oldenburg auf, der bereit war, sich das Modehaus in Vegesack anzuschauen. Es war die Rettung. Im März 2006 ging Leffers-Vegesack an die Leffers-Gruppe Oldenburg. „Alle Mitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz behalten“, zeigt sich Werner Pohlmann noch heute erleichtert.
Der nächste krasse Einschnitt liegt fünf Jahre zurück. Fassungslos musste Werner Pohlmann sehen, dass kein Kunde mehr das Modehaus betrat. Corona hatte das Geschäftsleben zum Erliegen gebracht. „Aber wir sind in der Zeit im Unternehmen noch enger zusammengerückt“, erzählt er. Überhaupt verdanke das Haus seinen Erfolg dem Team, das daran mitgewirkt habe. Und nicht zuletzt dem Geschäftsführer, der es als seine Lebensaufgabe sah, Leffers und die Stores, die zusätzlich in der Vegesacker Fußgängerzone eröffnet wurden, voranzubringen. Für ihn sei das Miteinander mit den Mitarbeitern und den Kunden, der menschliche Kontakt das Wichtigste gewesen, sagt der Mann, der sich als „Lefferaner durch und durch“ beschreibt. Auf die Entwicklung Vegesacks blickt Werner Pohlmann sehr zuversichtlich und optimistisch. Im Stadtteil gebe es gerade so viel gute bauliche Veränderung, was Vegesack in den kommenden Jahren wieder beleben werde.
In seiner persönlichen nahen Zukunft steht nun das Reisen auf dem Plan. Föhr und Südtirol sind die nächsten Ziele. Und ums Haus und um den Garten in Platjenwerbe könne er sich nun auch mehr kümmern, blickt Werner Pohlmann voraus. Die Familie freue sich auf ihn. Einen besonderen Wunsch wolle er sich zudem erfüllen, verrät der scheidende Modehaus-Leiter. Ob er sich ein Segelboot zulegen werde? Werner Pohlmann winkt ab. Nein, es hat etwas mit Italien zu tun. Mehr möchte er nicht verraten. Aber man ahnt schon: Dieser Mann kann nicht nur 60-Stunden-Woche. Er kann auch genießen.