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Bildertransport in die Schweiz Kostbare Fracht

Das Overbeck-Museum leiht 40 seiner Werke an das Museo Castello San Materno im schweizerischen Ascona aus. Doch damit ist viel Arbeit verbunden.
17.06.2021, 18:00 Uhr
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Kostbare Fracht
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Frans Schneider nimmt seine schwarzen Handschuhe und zieht sie an. Anschließend greift er vorsichtig nach einem Werk von Fritz Overbeck und legt es auf einen Tisch, der mit einem speziellen Verpackungsmaterial ausgelegt ist. Darin packt er das Bild ein. Vom Tisch aus kommt das weiße Paket in eine Transportbox, die mit rund 30 Schrauben verschlossen wird.

Währenddessen holt sein Kollege Christian Merkes schon das nächste Bild aus der Sammlung und verpackt es nach dem gleichen Muster. Dass die Männer, die eigens aus Düsseldorf angereist sind, die Gemälde für den Transport vorbereiten, hat einen guten Grund. Das Overbeck-Museum verleiht insgesamt 40 Werke an das Museo Castello San Materno im schweizerischen Ascona.

Jede Spedition kann einen solchen Transport allerdings nicht übernehmen. "Die Kollegen müssen so filigran arbeiten wie ein Goldschmied – und so schleppen können wie ein Möbeltransporteur", sagt Katja Pourshirazi, Leiterin des Overbeck-Museums. Schließlich bringen die Transportboxen einiges auf die Waage. "So eine Kiste kann schon mal so viel wie ein halbes Klavier wiegen", erzählt sie.

So ein Transport muss gut vorbereitet sein. "Wir müssen zum Beispiel prüfen, ob wir die angefragten Bilder überhaupt verleihen können oder ob sie anderweitig gebraucht werden", berichtet die Museumsleiterin. Zudem muss im Vorfeld auch geprüft werden, ob die Werke überhaupt auf Reisen geschickt werden dürfen. "Manche Bilder sind dafür zu empfindlich. Deshalb wirft unsere Restauratorin erst einen Blick auf die Werke, bevor wir die Zustimmung zum Transport erteilen", sagt Pourshirazi.

Außerdem wird für jedes einzelne Bild ein Zustandsprotokoll erstellt. "So wissen wir, in welchem Zustand wir das Bild aus der Hand geben", erläutert sie. Vermerkt werden in dem Protokoll etwa Auffälligkeiten wie kleine Macken. "Damit ist für den Leihnehmer klar, dass er nicht für den Schaden verantwortlich ist und der auch nicht durch den Transport entstanden ist", so Pourshirazi.

Steht fest, welche Bilder verliehen werden, müssen der Spedition die genauen Maße der Rahmen mitgeteilt werden. "Die Kästen werden im Vorfeld millimetergenau vorbereitet, sodass die Bilder dort genau hineinpassen, ohne dass sie während des Transports hin und her wackeln", erklärt sie.

Doch als Frans Schneider ein Bild in die Transportbox legen will, stellt er schnell fest, dass die Schaumstoffleisten zu breit sind. "Das kann schon mal passieren. Da gab es bei der Übermittlung der Daten entweder einen Fehler bei uns oder beim Museum", sagt Schneider, während er die Schaumstoffleisten vermisst und sie anschließend kurzerhand mit einem Messer auf die richtige Größe schneidet.

Auch wenn das Overbeck-Museum bereits des Öfteren Bilder verliehen hat, ist dieser Transport ein ganz besonderer. "Wir mussten uns nun erstmals mit Zollnummern beschäftigen, da die Bilder in die Schweiz und damit erstmals in ein Land außerhalb der Europäischen Union gehen", sagt sie. 

Deshalb führt der Weg für die Handelsfachpacker auch nicht direkt in die Schweiz, sondern zunächst zum Zoll in Bremen. "Dadurch, dass die Bilder in Bremen zu Hause sind, müssen auch die zolltechnischen Formalitäten hier geklärt werden", erläutert Frans Schneider. "Zudem brauchen wir eine Ausfuhrgenehmigung", ergänzt Katja Pourshirazi. "Damit ist klar, dass die Bilder nicht verkauft, sondern an ein Museum verliehen werden."

Für den Weg von Vegesack nach Ascona veranschlagen Frans Schneider und Christian Merkes eine Fahrtzeit von gut 15 Stunden. "Allerdings lässt sich die Zeit, die wir beim Zoll in der Schweiz brauchen, nur schwer voraussagen", erzählt Merkes. "Das kann manchmal Stunden dauern. Die längste Wartezeit, die ich an der Grenze zur Schweiz mal hatte, waren acht Stunden."

Trotz der Leihgabe werden Besucher des Overbeck-Museums nicht vor leeren Wänden stehen. "Ich habe die Leihgabe so geplant, dass keines der Bilder, die nun auf Reisen gehen, hier gebraucht werden", sagt Katja Pourshirazi. "Wir haben genügend Bilder in unserer Sammlung, die wir den Besuchern zeigen können."

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