Herr Zeitz, Sie haben vor Jahren mal gesagt, allein bei der Planung des ersten Gebäudes für das Speicher-Quartier auf 1200 E-Mails gekommen zu sein. Und wie viele sind es jetzt?
Max Zeitz: Hochgerechnet werden es inzwischen locker rund 10.000 E-Mails sein. Was bei einem Projekt von dieser Größenordnung normal ist. Zählt man alle Beteiligten zusammen – Fachplaner, Bauunternehmen, Gutachter, Behördenvertreter – kommen da schnell 70 bis 80 E-Mail-Kontakte pro Tag zusammen.
Bei welchem der sechs Gebäude gab es denn mehr abzustimmen als bei anderen?
Die größte Herausforderung war nicht ein einzelnes Gebäude oder ein einzelnes Baufeld, sondern das gesamte Grundstück: Die meisten Abstimmungsgespräche gab es, um die Fläche am Hafen so tragfähig zu machen, dass ein komplettes Quartier auf ihr gebaut werden kann.
Was war denn so kompliziert?
Kompliziert war es, Alt und Neu zu kombinieren – also die bisherige Pfahlgründung mit einer zusätzlichen zu ergänzen, damit das Fundament mehr Lasten aushalten kann. Das war große Ingenieurskunst, auch deshalb, weil die Anforderungen heute um ein Vielfaches höher sind, als sie früher waren.
Inzwischen sind die meisten Gebäude im Bau und gibt es die ersten Nutzungstermine. Die Polizei will in ihren Neubau zum Jahresende einziehen. Wann folgen die nächsten Mieter?
2026 wird das Hotel fertig. Der Plan ist, die ersten Gäste im Oktober nächsten Jahres zu begrüßen. Dabei wird es sich um Polizeibeamte handeln, die anlässlich der von Bremen ausgerichteten Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit dort übernachten werden.

Koordiniert seit Jahren die Planungen fürs Speicher-Quartier und die Strandlust: Projektentwickler Max Zeitz.
Und danach?
Auch das Tidenhuus, in dem vor allem Wohnungen entstehen, wird ab nächstem Jahr vermietet. Mitte 2027 soll dann das Packhaus folgen und Ende des gleichen Jahres das Dampfkesselhaus mit der Kita.
Warum ist jetzt nicht mehr das Packhaus das Gebäude, das als letztes fertig werden soll?
Wir haben die Reihenfolge geändert, weil sich herausgestellt hat, dass sich mit zunehmender Bautätigkeit auf den anderen Baufeldern der Platz des Dampfkesselhauses besser als Logistikfläche eignet als die Fläche des Packhauses.
Vor rund anderthalb Jahren war die erste Grundsteinlegung im Quartier. Wann wird die letzte sein?
Wir sind noch in der Abstimmung, ob es nach dem Richtfest fürs Hotel überhaupt noch eine so förmliche Veranstaltung wie eine offizielle Grundsteinlegung geben muss. Momentan gibt es Überlegungen, die einzelnen Feierlichkeiten zu bündeln. Uns schwebt ein großes Speicher-Quartier-Fest vor, wenn auch das Dampfkesselhaus und das Packhaus fertig sind.
Am Letzteren gab es lange Kritik, weil es höher als alle anderen wird. Und heute?
Die Kritik, die vor allem im Genehmigungsverfahren aufgekommen war, ist inzwischen erloschen. In Gesprächen hören wir jetzt Positives über das Speicher-Quartier, auch zum Baufortschritt.
In der Vergangenheit gab es immer wieder Vegesacker, die meinten, dass das Quartier am Ende doch nicht kommen wird. Wie erklären Sie sich das?
Dafür habe ich zwei Erklärungen. Der eine Grund ist: Wenn jemand längere Zeit auf einer Baustelle nichts zu sehen bekommt, dann geht er davon aus, dass auch nichts mehr passiert – und vergisst dabei, dass erst einmal im Hintergrund neue Bauphasen vorbereitet werden müssen. Der zweite hat mit Stimmungsmache zu tun. Sie ging vor allem von den Kritikern des Projektes aus. Umso mehr freut es mich, dass wir geliefert und damit das Gegenteil bewiesen haben.
Inzwischen gibt es neue Gerüchte, die Ihr zweites Projekt in Vegesack betreffen: Ein Beiratspolitiker behauptet, Sie würden beim Strandlust-Neubau nicht wie angekündigt den Siegerentwurf umsetzen...
Das wäre mir und allen anderen Projektbeteiligten neu. Ich kann dazu nur sagen, dass wir gar nichts anders machen dürfen, als den Siegerentwurf umzusetzen. Dazu haben wir uns verpflichtet.

Drei Bagger, ein Abriss: Inzwischen ist die Strandlust bis auf den Keller weg.
Welches Projekt ist Ihrer Meinung nach das emotionalere: Speicher-Quartier oder Strandlust?
Wenn man von Erlösung sprechen will, ist es das Speicher-Quartier, weil das Haven Höövt, das dafür weichen musste, über Jahrzehnte vielen Nordbremern belastend auf der Seele gelegen hat. Geht es allerdings um die emotionale Bindung, dann ist es die Strandlust – auch wenn das Traditionshotel zum Schluss genauso wirtschaftlich am Ende war wie das Einkaufszentrum.
Würden Sie bei neuen Projekten künftig anders vorgehen, als Sie beim Speicher-Quartier und der Strandlust vorgegangen sind?
Ich wüsste nicht wie. Der Prozess wird ja von den Behörden vorgegeben und ist immer derselbe, egal ob in Köln-Deutz oder München-Pasing.
Für manche Vegesacker gehören beide Vorhaben inzwischen untrennbar zusammen. Und für Sie?
Absolut. Man kann, wenn man will, beide Projekte zwar einzeln sehen. Aber beide verändern – Gott sei Dank – den maritimen Blick auf Vegesack. Nach der Insolvenz des Haven Höövt und der Strandlust bekommen beide Immobilien eine neue Chance.
Die alte Strandlust ist inzwischen bis auf den Keller abgerissen. Wann rechnen Sie mit dem Baubeginn für die neue?
Stand jetzt wird es Ende nächsten Jahres losgehen.
Und wie lange wird es noch bis zur Eröffnung dauern?
Läuft alles glatt, wird die Bauzeit nicht länger als zwei Jahre sein.
Das Gespräch führte Christian Weth.
Dieses Interview ist in der Beilage "140 Jahre DIE NORDDEUTSCHE" erschienen.