„Ich bin ein Multitalent. Nicht jeder ist für die Seefahrt geeignet“, sagte Kapitänin Bianca Frömming. Gefragt hatte sie Michael Seegelcken-Kuhn, wieso sie ausgerechnet Kapitänin geworden sei. Eingeladen war sie neben Hafenmeisterin Sigrid Leichsenring in das Galerie-Cafe im Vegesacker Geschichtenhaus zum ersten Speicher-Talk. Die Reihe findet im Rahmen des Vegesacker Hafengeburtstages statt. Der Abend stand unter dem Motto „Heidewitzka, Frau Kapitänin!“ Helle Rothe interviewte zudem die Vegesacker Hafenmeisterin Leichsenring.
Wenn sie sich anfangs „keine großen Gedanken gemacht“ habe, war es dann doch zuerst „keine einfache Sache“, sagte Frömming über ihren Start in die Schifffahrt. „Zuerst musste ich einmal Rost kloppen.“ Dabei sei sie nicht unbedingt als Frau wahrgenommen worden. „Ich war einfach in der Crew.“
Das eben betonte Frömming immer wieder im Verlaufe des Abends, dass ihr als Frau in dem mehrheitlich von Männern betriebenen Gewerbe keine besondere Rolle zugeschrieben worden sei. Wichtig war ihr: „Ich habe diesen Job von Anfang an unheimlich geliebt.“ Das sei der Grund, weshalb für sie auf großer Fahrt die Zeit schnell vergehe.
Wie es sich angesichts des Umgangs mit verschiedenen Nationalitäten und Kulturkreisen hinsichtlich des Respektes verhalten habe, wollte Seegelcken-Kuhn wissen. „Ich war ja gut in meiner Arbeit“, antwortete die Kapitänin. Mit 28 Jahren erhielt sie nach eigener Aussage ihr Kapitänspatent.
Darüber hinaus ließ die Nordbremerin wissen: „Ich liebe das Meer, die Einsamkeit. Das ist schon ein anderes Leben.“ Als besonders schöne Erlebnisse nannte sie die Naturschauspiele auf dem Meer. Auch erinnerte sich Frömming noch daran: „Plötzlich war ein Riesen-Blau-Wal neben uns.“ Ihr Beruf sei „definitiv“ richtig für sie gewesen. Aufgehört habe sie, weil sie schwanger geworden sei. „Mit Kind geht das gar nicht.“ Die Zeit als Kapitänin habe „ihren Charme“ gehabt. „Jetzt baue ich eine Familie auf.“

Das Gesprächsformat Speichertalk ist neu im Vegesacker Gschichtenhaus. Helle Rothe (l.) und Michael Seegelcken-Kuhn im Gespräch mit Bianca Frömming und Sigrid Leichsenring (2.v.r.).
Hafenmeisterin Leichsenring erhielt ihren festen Vertrag 2003. Davor war sie nach eigener Aussage kommissarisch als Hafenmeisterin tätig. „Ursprünglich ist das nicht mein Plan gewesen.“ Aber sie sei immer wieder dazu angehalten worden, sich zu bewerben. „Jetzt ist das eine feste Stelle. Das hat sich so zurechtgeruckelt.“ Im Gegensatz zu Frömming hat die Hafenmeisterin als Arbeitsplatz aber ein festes Domizil, nämlich Zum Alten Speicher 9. Wenn jemand mit dem eigenen Schiff anreist und einen Liegeplatz benötigt, muss er sich direkt an die Hafenmeisterin wenden.
Seit ihrer Kindheit ist die Vegesackerin mit Wasser, Wind und Seefahrt verbunden. „Da war immer ein Schiff da.“ Schon früh habe sie den Palstek erlernt. Prägend sei für sie ein „toller Bootsbaumeister“ gewesen. Der habe sie „Schritt für Schritt“ angeleitet wie zum Beispiel mittels der Verbindungsfibel für Holzverbindungen oder zum Maschinenschein angemeldet.
Moderatorin Helle Rothe wollte wissen, was für Kompetenzen eine Hafenmeisterin benötige. „Management“, war die Antwort. „Das ist ein Puzzle, das nie fertig ist. Der Hafenbetrieb muss ja funktionieren.“ Zu koordinieren gelte es Abfahrtszeiten wie zum Beispiel um 4.30 Uhr. „Gäste wollen auch willkommen geheißen werden.“ Ihre Erfahrung ist: „Die Leute fühlen sich hier wohl. Sie loben Vegesack und wissen es zu schätzen.“
Gerne erinnert sie sich an ein Erlebnis mit einem gerade eingelaufenen Schiff. „Die habe ich gefragt, ob sie über Nacht bleiben würden.“ Da sei die Gegenfrage gekommen: „Suchst du noch ´ne Koje?“ Sie trage eben keine Uniform, deshalb sei es zu dieser Rückfrage gekommen, sagt Leichsenring mit einem Schmunzeln.
Im Anschluss an die Interviews gab es noch eine offene Gesprächsrunde. In die waren auch die Gäste mit einbezogen. In der Runde ging es besonders um das Verhältnis von Frauen zur Seefahrt. Dabei hob Frömming hervor: „Seefahrt ist ein spezieller Job. Entweder es passt oder passt nicht.“