Weihnachten ist die Zeit der Familie, aber auch der Bräuche, die teilweise schon in der Vorweihnachtszeit einsetzen. Vom Adventskalender über den Nikolaus bis zum gemeinsamen Singen und dem Weihnachtsessen werden die Bräuche in deutschen Regionen unterschiedlich gehandhabt.
Die Adventszeit leitet ein Kalender ein, bei dem jeden Tag ein Türchen geöffnet werden darf – ein Brauch, den auch die Landfrauen in Rade jährlich pflegen: „Dazu packen 24 Frauen Pakete mit kleinen Geschenken, zum Beispiel selbst gebackenen Keksen, selbst gekochter Marmelade, Kerzen, Duschgel und vielen anderen Kleinigkeiten“, sagt Anne-Katrin Bullwinkel, Vorsitzende des Kreislandfrauenverbands Osterholz, aus Schwanewede. „Die Kalender bleiben dabei meist in der eigenen Familie und sind besonders in der Corona-Krise, in der alle Weihnachtsfeierlichkeiten ausgefallen sind, eine schöne Alternative“, sagt sie.
In der maritimen Tradition von Bremen-Nord standen Seefahrer im 19. Jahrhundert vor besonderen Problemen, auf fernen Ozeanen zu einem angemessenen Weihnachtsfest zu kommen: Martin Dreifke vom Vegesacker Geschichtenhaus berichtet, dass mit dem Wenigen gefeiert wurde, was man an Bord hatte. „Auch wenn zum Beispiel die Walfänger fernab in der Südsee bei 30 bis 35 Grad Weihnachten feiern mussten, gehörte ein Weihnachtsbaum immer dazu“, sagt er. „Und teilweise haben sich die Seeleute aus dem Wenigen, was da war, zu Weihnachten etwas zusammengebastelt, zum Beispiel aus dem Wachs Kerzen gedreht.“ Unter den eingeschränkten Bedingungen zum Beispiel eines Walfangschiffes in der Mitte des 19. Jahrhunderts sei wohl auch das Backen von Plätzchen kaum möglich gewesen, so Martin Dreifke.
Bei Werftbesitzern und Arbeitern der Lange-Werft in Vegesack habe sich Weihnachten, abhängig vom Geldbeutel, unterschiedlich gestaltet: Während die Besitzer der Werft wohlhabend genug waren, sich als Weihnachtsessen Karpfen, Gans oder Ente zu leisten, waren die ärmeren Werftarbeiter froh, wenn sie ein Huhn auf den Tisch bringen konnten, so Dreifke. „Die Stuben der armen Leute waren meist so beengt, dass der Tannenbaum verkehrt herum von der Decke hängte“, sagt er, „und teilweise gab es auch gar keinen.“
Heute werden Weihnachtsbäume auch in Kirchen und auf großen Plätzen aufgestellt und mit Lichterketten, Kerzen, Kugeln oder Figuren verziert, doch dieser Brauch ist so alt noch nicht. Zwar war ein grüner Zweig zu Weihnachten schon im Mittelalter ein Symbol für Hoffnung und neues Leben, doch der erste Weihnachtsbaum wird erst im Jahre 1419 erwähnt. Die Tannenbäume standen im Mittelalter noch – ähnlich wie die Maibäume – ausschließlich im Freien und kamen erst um 1800 in die Häuser vorwiegend protestantischer Familien. Lange waren Weihnachtsbäume nur an Fürstenhöfen Tradition und wurden erst später von der bürgerlichen Oberschicht übernommen.
Einige alte Bräuche sind heute mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. Sie eignen sich jedoch besonders in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebot, die Festtage stimmungsvoller zu gestalten. Zu diesen alten Traditionen gehören die Barbarazweige, die pünktlich zu Weihnachten zu blühen beginnen. Blütenpracht mitten im Winter lässt sich herbeizaubern, indem man die Natur überlistet: Einige Tage vor Weihnachten holt man sich Zweige von Frühjahrsblühern ins Haus – von Kirsch- oder Apfelbäumen, aber auch Flieder, Forsythien, Ginster, Goldregen oder Schlehe. Wichtig ist für die Pflanzen ein kurzer Kälteschock: Die geschnittenen Zweige sollten, da es im Winter kaum noch Frostnächte gibt, eine Zeit lang in die Tiefkühltruhe gebracht werden. Danach legt man die Zweige eine Nacht lang in warmes Wasser – den Pflanzen wird damit Frühling vorgetäuscht, und sie beginnen vorzeitig zu blühen.
Wichtig ist, die Zweige an den Enden schräg anzuschneiden oder mit dem Hammer weichzuklopfen, damit sie genügend Wasser aufnehmen können. In der Vase können sie im warmen Wohnzimmer stehen, brauchen aber genügend Luftfeuchtigkeit. Übrigens: Wenn die Zweige zu blühen beginnen, soll das Glück bringen, wenn sie verkümmern, Unglück. Dieser Brauch geht auf die Heilige Barbara, Tochter eines Kaufmanns, zurück, die im Gefängnis landete. Doch an ihrem Kleid blieb ein Zweig hängen, der am Tag ihrer Hinrichtung zu blühen begann.
Ein anderer Brauch aus der Vorweihnachtszeit ist besonders auf Weihnachtsfeiern von Firmen, Vereinen oder Teams beliebt: Er stammt aus Skandinavien, wo er „Julklapp“ genannt wird, während man in Deutschland meist „Wichteln“ dazu sagt. Da die Weihnachtsfeiern in diesem Jahr ausfallen, lässt sich der Brauch am besten übers Internet praktizieren und wird in Foren immer beliebter.
Dazu gibt man die E-Mails der zu Beschenkenden ein, und eine App bestimmt per Zufall, wer aus einem Kreis von Leuten wem ein kleines Geschenk macht – wobei der Schenkende geheim bleibt. In die E-Mail lassen sich auch kurze Texte schreiben. Die App dazu ist kostenlos im Google-Playstore verfügbar.