„Die Kinder lernen Zirkus in allen Facetten kennen: Sie arbeiten mit Hund, Ponys, Ziegen und Lamas, sie trainieren mit Hula-Hoop-Reifen und Lasso ihre Geschicklichkeit, spielen Clowns oder machen Akrobatik am Ringtrapez oder am Boden“, sagt Carmen Golpelwar, Lehrerin an der Grundschule Alt-Aumund. „Über das Zirkustraining hinaus geht es eine Woche lang auch im Unterricht um nichts als Zirkus.“ Der Kinder-Mitmach-Zirkus Eldorado aus Lilienthal ist eine Woche lang auf dem Gelände der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Aumund zu Gast und hat alle zwölf Klassen der Grundschule Alt-Aumund im Programm. Allen Teilnehmenden ist die Begeisterung anzumerken –, ob sie nun den Australian Shepherd durch einen Reifen springen lassen, am Trapez mit dem Kopf nach unten hängen oder ein Lama zusammen mit mehreren Ziegen durch die Manege führen.
Nach der Vorstellung des Programms am ersten Tag dürfen sich die Kinder aussuchen, was sie bei ihrem großen Auftritt am Ende der Zirkusschule vorführen wollen. 90 Minuten üben sie dafür jeden Tag teils im großen Zirkuszelt, teils auch draußen auf dem Gelände der Kirchengemeinde. Auf dem Gelände ist ausreichend Platz für Zelt und bunt bemalte Wagen. Einige Kinder ziehen sich auch in die Räume der Schule zurück, um sich als Clowns zu verkleiden oder Akrobatik auf der Matte zu üben.
„Wir wollten das Zirkustraining unbedingt machen, denn nach Corona ist der Drang der Kinder nach Bewegung riesig groß, und viele sehnen sich danach, endlich wieder etwas in Gemeinschaft zu erleben“, sagt Schulleiterin Nicole Lembke. In der Projektwoche lernen die Kinder unter dem Oberthema Zirkus noch viel mehr. Sie führen ein Zirkus-Tagebuch, schreiben Elfchen, malen und basteln – Lesen, Schreiben und künstlerisches Gestalten erhalten durch die Begeisterung für das Zirkusleben einen enormen Motivationsschub, so die Lehrerin. Auch der Musikpädagoge der Grundschule hat sich auf die Projektwoche eingestellt. Er singt mit den Nachwuchskünstlerinnen und -künstlern Zirkuslieder, die zum Mitsingen und Mittanzen einladen.
„Der besondere Reiz für die Kinder ist ja der, dass es ein echter Zirkus mit Tieren, Clowns und Akrobaten ist, in dem sie selber am Ende als kleiner Star auftreten können“, sagt Marlene Lübow, Lehrerin an der Grundschule Alt-Aumund. Denn Eldorado, koordiniert von Ela Thiel, stellte sich im Jahre 2002 von einem „normalen“ Zirkus auf Pädagogik um. Mit dem neuen Konzept sollen die individuellen, motorischen, künstlerischen und sozialen Begabungen von Künstlern und Jugendlichen gefördert werden, heißt es auf der Zirkus-Website. „Die Zirkusleute achten darauf, dass jedes Kind die Rolle findet, die zu ihm passt. Und die Übungen und der öffentliche Auftritt stärken das Selbstbewusstsein der Grundschüler“, sagt Marlene Lübow.

Der schwarz-weiße Australian Shepard wedelt fast pausenlos freudig mit dem Schwanz – ihm machen die Übungen offensichtlich genauso viel Spaß wie den Kindern. Die formieren sich zu fünft mit Händen und Füßen zu einem Bogen, durch den der Hund laufen muss. Der springt auch durch einen Reifen und schubst spielerisch ein Kind, sodass es auf den Bauch fällt – so bietet allein das Training mit dem Hund für das Publikum ein humorvolles Programm, bei dem Kind und Tier kooperieren.
Draußen auf dem Gelände der Aumunder Kirchengemeinde wird eines der beiden Lamas von einer Schülerin in die kleine Manege gezogen, in der bereits mehrere Jungen Ziegen im Kreis führen. „Bitte die Leine immer kurz halten und dicht am Zaun entlang laufen“, weist sie der Zirkusmitarbeiter an. Die Kindergruppe, die eine Vorführung mit den Ponys einübt, ist noch nicht so weit. Die Kleinen machen sich liebevoll mit den Tieren vertraut, die sich geduldig von ihnen striegeln lassen.
Körperkoordination und Geschicklichkeit
Bei den Übungen mit dem Lasso und den Hula-Hoop-Reifen kommt es auf gute Körperkoordination und Geschicklichkeit an. Die Lassos wirbeln durch die Luft und werden an den angehobenen Beinen entlang geführt. Dabei machen die Hüften schnelle Kreisbewegungen, um den Hula-Hoop-Reifen möglichst lange am Körper schwingen zu lassen.
„Normalerweise wäre die Zirkusschule für vier Jahre ausgebucht“, sagt Nicole Lembke, „wir haben Glück gehabt, dass wir das Programm schon in diesem Jahr machen können. Dabei hat sich der Pastor unserer Gemeinde sehr dafür eingesetzt und der Zirkusschule auch den gesamten Außenbereich der Kirche zur Verfügung gestellt“. Schulleiterin Nicole Lembke freut sich besonders darüber, dass auch Kinder aus der Ukraine dabei sind, die erst vor kurzem nach Deutschland gekommen sind und die fremde Sprache noch nicht beherrschen. „Der Zirkus gibt ihnen sehr viel, vor allem ein Gefühl der Verbundenheit – wie den anderen Kindern auch“, sagt sie.