Seit einigen Wochen wird in Walle ein großes Fest vorbereitet: Am 23. April wollen die Bürgerinitiative (BI) Waller Mitte und die Baugruppen beim Quartiersplatz gemeinsam mit den Initiativen „Black Story Month“ und „Walle entkolonialisieren“ eine Feier zu Ehren der afrodeutschen Friedensaktivistin und politischen Liedermacherin Fasia Jansen geben. Und zwar auf der Waller Mitte, an deren westlichem Ende kürzlich eine neue Straße nach Fasia Jansen benannt worden ist.
Der Vorschlag für Jansen als Namensgeberin war vor gut drei Jahren von BI und Baugemeinschaften an den Waller Beirat herangetragen und von diesem unterstützt worden. Vor einiger Zeit wurde das neue Straßenschild aufgestellt, eine ergänzende Hinweistafel ist in Arbeit. Darauf kann zukünftig ein Informationstext zum Leben und Wirken von Fasia Jansen nachgelesen werden, die 1929 in Hamburg geboren wurde, als schwarze Frau während des Nationalsozialismus rassistischer Hetze ausgesetzt war und sich nach 1945 für Frauenrechte, Frieden und soziale Gerechtigkeit sowie gegen Krieg, Faschismus und Militarismus einsetzte. Im Dezember jährte sich ihr Todestag zum 25. Mal.
Große Verbundenheit
In Walle ist die Verbundenheit mit der Bundesverdienstkreuzträgerin groß. Was ursprünglich als kleinere Einweihungsfeier für die neue Straße geplant war, habe sich seit dem Herbst immer mehr entwickelt, erzählt BI-Mitglied Anne Schweisfurth: „Die Leute aus den Baugruppen sind begeistert und waren rührig und so ist es nun recht groß geworden. Auf dem Platz kann man ja gut feiern und wir finden das auch toll, weil auf diese Weise die Wertschätzung für Fasia Jansen und die Menschen aus der Black Community zum Ausdruck gebracht wird.“
Schweisfurth zufolge werden zu dem Fest ehemalige Weggefährtinnen von Fasia Jansen aus Oberhausen nach Walle kommen, die Band "Die Grenzgänger" wird Songs der Liedermacherin spielen und auch Fasia Jansens Nichte hat sich angekündigt und wird auf der Waller Mitte singen. Außerdem ist ein Poetry Slam der Black Community in Vorbereitung.
Ein Fest in dieser Form und Größenordnung koste einiges, so die BI-Vertreterin: „Deswegen sammeln wir gerade viel Geld ein, zum Beispiel vom Kultursenator und der Heinrich-Böll-Stiftung." Auch beim Waller Beirat haben BI und Baugruppen – die unter anderem die Organisation, Bar, Kuchenbuffet und Kinderprogramm ehrenamtlich stemmen – angeklopft und einen Antrag auf Unterstützung durch Globalmittel gestellt.
Kritik der BIW
Dazu meldete sich nun in einer Beiratssitzung ein Mitglied des Stadtteilparlaments mit einem Antrag zu Wort, der bei verschiedenen Zuhörern für Befremden sorgte: Gerald Höns, der vor drei Monaten von der AfD zur Wählervereinigung BIW gewechselt hat, fordert, keine weiteren Steuergelder für das Vorhaben zu bewilligen und sprach sich gegen eine „überbordende Huldigung einer Fasia Jansen“ aus.
Anderen Menschen – nach denen keine Straßen benannt seien – sei es unter den Nationalsozialisten deutlich schlechter als Jansen ergangen, begründete Höns seinen Antrag, in dem er mutmaßt, „gewisse Akteure“ wollten hier eine Märtyrerin schaffen, „um linke Ideologien auf Dauer in das Bewusstsein der Bevölkerung zu brennen.“
Im Beirat eine Einzelmeinung
Mit dieser Ansicht ist Höns im Beirat allein: Der Antrag wurde von den anderen Parteien geschlossen abgelehnt und auch Globalmittel bewilligt; in den Tagen nach der Sitzung ist die Stimmung unter den Stadtteilpolitikern aber trotzdem spürbar gedämpft.
„Ich war fassungslos, als ich das gelesen habe“, sagt etwa Jörg Tapking, Sprecher der Linksfraktion im Beirat, der unterstreicht: „Es ist schwer zu ertragen, dass solche widerlichen und unsäglichen Äußerungen in einem demokratischen Gremium ausgebreitet werden können. Hier eine Aufrechnung zu machen, welche Opfer des Nationalsozialismus ‚richtige‘ und ‚falsche‘ Opfer sind – das geht gar nicht.“ Bis heute erführen außerdem Afrodeutsche Diskriminierung und die Benennung einer Straße nach einer afrodeutschen Aktivistin sei insbesondere auch vor dem Hintergrund erfolgt, „dass es in unmittelbarer Nähe ganz viele Straßen gibt, die nach Kolonialisten benannt sind.“ Karsten Seidel von der Grünen-Fraktion ergänzt: „Eine geschlossene Positionierung aller Vertreterinnen und Vertreter im Beirat ist hierzu wünschenswert“.
Zeichen gegen Rassismus
Die Organisatoren wollen mit dem Fest im April ein Zeichen gegen Rassismus setzen, unterstreicht Anne Schweisfurth: „Wir freuen uns, dass es im Beirat starke Stimmen gibt und dass der größte Teil des Beirats uns unterstützt, eine klare Position gegen Rassismus vertritt und für Verständigung und Vielfalt eintritt. Das wird für eine menschenfreundliche Stimmung und für ein gutes Miteinander offensichtlich wohl gebraucht.“