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Stadtentwicklung Behörden in Erklärungsnot

Kritische Nachfragen der Waller Grünen im Fachausschuss Überseestadt: Wer kontrolliert eigentlich, ob das Spielflächen-Ortsgesetz eingehalten wird und wofür EFRE-Mittel verwendet werden?
12.09.2022, 05:00 Uhr
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Behörden in Erklärungsnot
Von Anne Gerling

Beim Neubau von Mehrfamilienhäusern müssen wohnortnahe Spielflächen in bestimmter Größe angelegt und erhalten werden: So schreibt es das Ortsgesetz über Kinderspielflächen in der Stadtgemeinde Bremen vor. Für einen Teil dieser Flächen können Bauherren beziehungsweise -herrinnen eine Ablösesumme zahlen; diese Gelder fließen dann in öffentliche Spielplätze im Quartier. So wurde und wird es unter anderem in der Überseestadt praktiziert, was nun zu Nachfragen des Waller Beirats geführt hat.

„Wir möchten gerne verstehen, wie das funktioniert“, erklärt dazu die stellvertretende Beiratssprecherin Brunhilde Wilhelm (Grüne), die sich seit etwa einem halben Jahr fragt: „Können sich Bauherren auf diese Weise aus ihrer Verpflichtung einfach rauskaufen und am Ende stapeln sich dann die Kinder auf der Fläche?“ Denn die Ablösebeträge sind aktuell ausschließlich für zwei neu entstehende Spielflächen vorgesehen: für den Hilde-Adolf-Park und das Franz-Pieper-Karree. Zur Umgestaltung von „Hilde“ und „Franz“ startet wie berichtet am 17. September ein öffentliches Beteiligungsverfahren.

Viele Fragen bleiben unbeantwortet

Darüber hinaus sind bislang offenbar keine weiteren öffentlichen Spielflächen in der Überseestadt in Planung. Im Zusammenhang mit dem am Standort des ehemaligen Schuppen 3 neu entstehenden Europaquartier fragt sich Wilhelm deshalb konkret: „Wo ist die zugehörige Spielfläche?“

Im Fachausschuss Überseestadt des Waller Beirats hatten Wilhelm und andere Ortspolitiker aus dem Stadtteil ihre Fragen eigentlich mit Vertretern der zuständigen Stellen klären wollen – gelungen ist ihnen das nicht. So erhielt am Ende nicht einmal Michael Stahmann, der sich als Sachkundiger Bürger für die Grünen engagiert, eine klare Antwort auf seine gut nachvollziehbare Frage: „Wer ist federführend verantwortlich dafür, dass Kontingente festgestellt und eingehalten werden?“

Für Brunhilde Wilhelm kristallisierte sich eines im Laufe des Abends dabei immer mehr heraus: „Es kann nicht sein, dass abgelöst wird, wenn keine Flächen da sind.“ Woraus sich im Umkehrschluss ihrer Ansicht nach als Konsequenz ergibt: „Die Überseestadt kann nicht weiter bebaut werden, wenn nicht klar ist, welche Freiflächen noch in Spielflächen umgewandelt werden können. Bevor man baut, muss überprüft werden: Wo haben wir Platz für die Menschen, die da wohnen sollen? Im Prinzip müssen wir also die noch vorhandenen Freiflächen Überseewiese, Schuppen 3, Barkhausenkaje beim Schuppen 17 und auch das Heimatgrün beim Waller Wied besonders schützen und dafür sorgen, dass sie nicht bebaut werden. Das sollten wir fordern!“

Auch bei der anstehenden Planung für das an diesem Abend erstmals vorgestellte Neubauvorhaben „Kellogg-Höfe“ auf der Überseeinsel sollte dementsprechend in Zukunft genau hingeguckt werden, findet Wilhelm außerdem: „Wo sollen da die Spielflächen hin? In die sogenannten grünen Fugen? Oder in die Sonnenfänger-Bucht?“

"Platz an der Hafenstraße"

Auf der Tagesordnung stand an diesem Abend außerdem ein Thema, das im April bereits für Wirbel im Stadtteil gesorgt hatte: Die Planungen für den „Platz an der Hafenstraße“, der mit Geldern aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zwischen dem Zweirad-Stadler-Parkplatz und dem Lärmschutzwall an der Nordstraße angelegt werden soll. Die Grünen-Fraktion hatte die dafür veranschlagten Kosten in Höhe von 350.000 Euro als überzogen kritisiert. Der von der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) beauftragte Planer Marek Schreckenberg erläuterte deshalb nun noch einmal die Maßnahme inklusive Kosten. In den kommenden Jahren werde die Fläche voraussichtlich eher eine verbindende Funktion haben, so der Planer – langfristig gesehen werde die Fläche zwischen dem fast 500 Meter langen Wall und dem 200 Meter langen ehemaligen Zollzaun aber städtebaulich eine immer wichtigere Funktion haben.

Beiratsmitglied Karsten Seidel (Grüne), der zu den Kritikern des Vorhabens zählt, konnte dies nicht überzeugen. „Ich kann dort nach wie vor keinen Bedarf für einen Platz erkennen“, sagt er, betont jedoch gleichzeitig: „Die Querung dort finden wir alle gut und richtig.“ Wünschenswert wäre seiner Ansicht nach dabei jedoch ein „fahrradfreundlicherer“ Belag als die aktuell von den Planern vorgesehene Hillmann-Platte, die bereits an verschiedenen Orten in der Überseestadt zu finden ist.

Anwohner Günther Schminke und Beiratssprecherin Brigitte Grziwa-Pohlmann (SPD) stört eher etwas anderes: Sie fürchten, dass es auf den kombinierten Rad- und Fußwegen zukünftig zu Konflikten zwischen Fußgängern und Radfahrern kommen könnte – umso mehr, wenn dort auch noch, wie vorgesehen, Betonbänke aus dem Hilde-Adolf-Park aufgestellt werden. Schminke würde sich außerdem wünschen, dass man vom Platz aus in Zukunft auch bequemer als bisher auf den Lärmschutzwall gelangen könnte: Der Weg ist beliebt bei Hundebesitzern. Die Diskussion zeigte: Die Vorbehalte einiger Beiratsmitglieder sind weiterhin groß; bei einem Ortstermin soll deshalb nach einer Lösung gesucht werden, die von allen getragen wird.

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