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Zeitreise Kaisenhaus-Museum: Zu Hause in der Gartenlaube

Sie durften nur 30 Quadratmetrer groß sein, doch wenn die Familie wuchs, wuchs das Kaisenhaus schon mal mit. Das Leben in der Gartenlaube qua Erlass war ein Mittel gegen die Wohnungsnot nach dem Krieg.
12.07.2024, 05:09 Uhr
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Von Britta Kluth

Hohweg. Es gibt wohl nur wenige Museen, die einen so idyllischen Anfahrtsweg haben – zumindest bei schönem Wetter. Wenn der Regen die Wege in Matsch verwandelt, ahnt man, dass das Leben auf Parzelle nicht nur beschaulich war. Mitten in der Waller Feldmark, im Behrensweg, steht das Kaisenhaus-Museum. Seit 2011 erinnert es daran, wie Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg ein Zuhause in der Gartenlaube fanden. Denn in der Nacht vom 18. auf den 19. August 1944 erlebte Bremen seinen schwersten Bombenangriff. Über 25.000 Wohnungen wurden zerstört und rund 50.000 Menschen obdachlos. Im Jahr darauf begann die Ära der Kaisenhäuser.

1945 erließ der von den amerikanischen Besatzern eingesetzte Bürgermeister Wilhelm Kaisen eine besondere Verordnung, den sogenannten Kaisen-Erlass. „Der erlaubte den Bürgern in Kleingartengebieten zu bauen und wohnen“, erzählt Günther Schminke, der selbst bis zu seinem 21. Lebensjahr in einem Kaisenhaus gelebt hat und heute zum ehrenamtlichen Museumsteam gehört. „Vor allem die Frauen machten sich unter gegenseitiger Hilfe daran, aus den Trümmern Mini-Eigenheime zu bauen", erinnert Schminke.

Erlaubt waren maximal 30 Quadratmeter. Doch wenn die Familie wuchs, wurde auch schon mal angebaut.“ Bereits 1949 war das eigentlich nicht mehr erlaubt, weil der Erlass zurückgenommen wurde. Doch die Bautätigkeit ging rege und illegal weiter. Denn die Wohnungsnot blieb bis Mitte der 60er-Jahre groß.

Verein kümmert sich ums Museum

Das originale Kaisenhaus, das heute das Museum beherbergt, wurde 1957 fertiggestellt. Es gehörte der Familie Koopmann aus Walle. Sie mussten ihr Zuhause 2008 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben und schenkten es dem „Verein Kaisenhäuser“. Der hat den damaligen Zeitgeist lebendig gehalten. Fast könnte man meinen, Frau Koopmann stünde in der Küche beim Einkochen von Marmelade. Die Früchte natürlich selbst angebaut im Garten. „Wir wollten mit diesem Haus einen Erinnerungsort schaffen für ein wichtiges Stück Bremer Geschichte“, fasst Schminke zusammen. Die selbstgefertigten Möbel und authentischen Einrichtungsgegenstände sind allesamt Schenkungen oder stammen aus Haushaltsauflösungen.

Bohenschnibbler und Bollerwagen

Der Bohnenschnibbler zum Beispiel ist eines der Lieblingsexponate von Günther Schminke und ihm aus seiner Kindheit wohlbekannt. „Damit wurden früher die frisch geernteten Hülsenfrüchte aus dem Garten zerkleinert, um sie dann für den Wintervorrat haltbar zu machen. Viele Besucher können mit dem Handgerät nichts anfangen und fragen, wozu es genutzt wurde.“ Auch der Bollerwagen gehörte zu den nützlichen Dingen. Er diente damals zum Transport von Wasser, das von den öffentlichen Zapfstellen geholt wurde. Denn Strom und Wasser gab es erst ab Mitte der 60er-Jahre. Ein Ereignis für die Bewohner, weiß Schminke: „Das erste Glas Wasser aus der Leitung wurde vielerorts im Sektglas gereicht.“

Heute leben noch rund 250 Menschen in Kaisenhäusern. Wer hier mindestens seit dem 28. Mai 1974 wohnt, hat eine sogenannte Auswohnberechtigung. Viele der kleinen Häuschen sind bereits abgerissen oder stehen leer und verfallen. Das Museum ist daher ein echter Nostalgie-Tipp – sogar mit kleinem Garten-Café inklusive selbst gebackenem Kuchen.

Kaisenhaus-Museum

Wo: Behrensweg 5a, Waller Parzellengebiet im Bereich KGV Blockland

Wann: 14-täglich an Sonntagen von 14 bis 18 Uhr: 21. Juli, 4. + 18. August, 1., 15. + 29. September, 13. Oktober

Für wen: ab fünf Jahren

Eintritt: frei; Führungen mit Anmeldung auch außerhalb der Öffnungszeiten gegen einen Obolus

Info: Tel. 3 96 35 31 / www.kaisenhaus.de

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